Telekommunikation 06.07.2023, 09:00 Uhr

Hochbreitbandstrategie des Bundesrats kostet Milliarden

Die Strategie des Bundesrats zur Erschliessung der Schweiz mit superschnellem Internet auch in abgelegenen oder dünn besiedelten Regionen kostet Milliarden. Je nach Ausbaustandard werden dafür schätzungsweise zwischen 3,7 und 6,0 Mrd. Franken an Investitionen fällig.
(Quelle: shutterstock.com/kavalenkava)
Der Bundesrat hatte vor einer Woche seine Hochbreitbandstrategie vorgestellt. Demnach sollen auch Randregionen, in denen sich ein Ausbau für die Telekomanbieter nicht lohnt, eine Surfgeschwindigkeit von mindestens 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) erhalten.
Das ist mehr, als die veralteten Kupferleitungen der Swisscom leisten können. Lediglich mit den neueren Technologien wie Glasfaserleitungen oder ab dem Standard Docsis 3.1 auf dem Kabelnetz oder mit dem schnellen Mobilfunk 5G ist dieses Tempo zu schaffen.

Ein Fünftel der Haushalte langsamer

Gut 80 Prozent der Haushalte und Geschäfte sind heute an so schnelle Leitungen angeschlossen, wie Sprecher der beiden grössten Anbieter Swisscom und Sunrise auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP sagten. Damit erreichen 20 Prozent der Haushalte und rund die Hälfte der Gebäude diese Leistung nicht, wie aus dem Bericht «Hochbreitbandstrategie des Bundes» hervorgeht.
«Die privaten Netzbetreiber werden die Breitbandnetze nur dort ausbauen, wo es für sie rentabel ist. Nur wo die während der Lebensdauer erwarteten Einnahmen höher sind als die erwarteten Ausgaben für die Erschliessung, wird ein Ausbau erfolgen», heisst es im Bericht des Bundesrats. Die Swisscom will bis 2030 rund 70 bis 80 Prozent der Haushalte mit Glasfasern erschliessen.

Digitaler Graben soll vermieden werden

Dies dürfte in dünn besiedelten Gebieten, insbesondere in Randregionen und bei abgelegenen Gebäuden, nicht überall der Fall sein. «Deshalb droht ein digitaler Graben», hiess es. Diesen will die Landesregierung mit einem Förderprogramm für den Breitbandausbau in Randregionen und strukturschwachen Gebieten verhindern.
Dabei hängen die Kosten stark vom Ausbaustandard ab: Ein Ausbau der Anschlüsse, die heute nicht 1 Gbit/s schaffen, nach dem derzeitigen Netzstandard mit durchgehend vier Glasfasern pro Wohnung oder Geschäft dürfte rund 6 Milliarden Franken kosten. Dies hat das deutsche Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste WIK im Auftrag des Bundes geschätzt.
«Die Investitionen für diesen Ausbau dürften bei rund drei Viertel der Anschlüsse nicht rentabel sein, weshalb der Ausbau mit Fördergeldern in der Höhe von schätzungsweise 3,8 Milliarden Franken subventioniert werden müsste», hiess es im Bericht.

Plädoyer für eine durchgehende Leitung

Werden diese langsameren Anschlüsse nur mit einer durchgehenden Faser (anstatt vier) erschlossen, fallen schätzungsweise Investitionen in der Höhe von rund 4 Milliarden Franken an. Dabei steige die Profitabilität deutlich: Noch bei knapp der Hälfte der Anschlüsse wäre der Ausbau mit einer Faser unprofitabel, womit der Bedarf an Fördergeldern auf schätzungsweise 1,4 Milliarden Franken massiv reduziert werden könnte, schrieb der Bundesrat.
Noch etwas billiger wäre ein Ausbau mit einer zentralen Glasfaserzuleitung von der Telefonzentrale bis zum Verteilknoten im Strassenschacht, von wo aus dann mehrere Häuser angeschlossen würden. Das würde 3,7 Milliarden Franken an Investitionen brauchen, womit Fördergelder von 1 Milliarde Franken nötig wären.
Diese Multipunktarchitektur hatte allerdings die Eidgenössische Wettbewerbskommission Weko der Swisscom vorläufig untersagt, sodass der «Blaue Riese» nun eine halbe Million Anschlüsse umbaut. Die Weko pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt.
Nur so können Konkurrenten der Swisscom den Kunden eigene Internet-Angebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der Branchenprimus. Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.
Angesichts der wettbewerbsrechtlichen Nachteile und der relativ geringen Minderkosten gegenüber einer Direktleitung sei diese Multipunktbauweise nicht zu rechtfertigen, hiess es im Bericht: «In begründeten Fällen kann auch die Unterstützung alternativer Technologien wie Mobilfunk in Frage kommen.»

Investitionen auf mehrere Jahre verteilt

Die benötigten staatlichen Mittel für diesen geförderten Ausbau von rund 1,4 Milliarden Franken würden auf mehrere Jahre verteilt, also beispielsweise rund 280 Millionen Franken pro Jahr bei einer fünfjährigen Programmdauer. Hinzu kämen zeitlich befristete administrative Aufwendungen zur Entwicklung und Umsetzung eines Förderprogramms in Höhe von schätzungsweise 42 Millionen Franken, die sich ebenfalls auf mehrere Jahr verteilen würden.
Von Johannes Brinkmann, AWP



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