Materialwissenschaft 10.08.2020, 11:16 Uhr

Simulations-Mikroskop prüft Transistoren der Zukunft

Seit der Entdeckung von Graphen stehen zweidimensionale Materialien im Fokus der Materialforschung. Mit ihnen liessen sich auch Transistoren bauen. Forscher der ETHs Zürich und Lausanne haben nun aus 100 möglichen Materialien 13 vielversprechende Kandidaten entdeckt.
Struktur eines single-​gate Feldeffekttransistors mit einem Kanal aus einem zweidimensionalen Material. Drumherum angeordnet befindet sich eine Auswahl an zweidimensionalen Materialien, die untersucht wurden.
(Quelle: ETHZ/EPFL/CSCS)
Mit zunehmender Miniaturisierung elektronischer Bauelemente kämpfen Forschende mit unerwünschten Nebeneffekten: Bei Transistoren im Nanometer-​Massstab aus herkömmlichen Materialien wie Silizium, kann es zu Quanteneffekten kommen, die die Funktion der Bauteile beeinträchtigen. Zu ihnen zählen zum Beispiel Leckströme. Das sind Ströme, die auf «Abwegen» fliessen und nicht über den dafür vorgesehenen Leiter, zwischen dem Source-​ und Drain-​Kontakt. Deshalb ging man davon aus, dass das Moore'sche Gesetz wegen dieser fortschreitenden Miniaturisierung in naher Zukunft an seine Grenzen stösst. Dieses Gesetz besagt, dass sich die Anzahl der integrierten Schaltkreise pro Flächeneinheit alle 12 bis 18 Monate verdoppelt.
Letztlich bedeutet dies, dass die derzeit hergestellten Transistoren auf Siliziumbasis - FinFETs genannt und mit denen fast jeder Supercomputer ausgestattet ist - aufgrund von Quanteneffekten nicht mehr beliebig kleiner gebaut werden können.

Zweidimensionale Hoffnungsträger

Eine neue Studie Forschender der ETH Zürich und der EPF Lausanne geht nun aber davon aus, dass dieses Problem mit neuen zweidimensionalen Materialien überwunden werden könnte. Das zumindest lassen die von ihnen durchgeführten Simulationen auf dem Supercomputer «Piz Daint» vermuten.
Die Forschungsgruppe von Mathieu Luisier vom Institut für Integrierte System (IIS) an der ETH Zürich und Nicola Marzari von der EPFL nutzten für ihre Simulationen die Forschungsergebnisse, die Marzari und sein Team 2018 erzielt hatten: Aus einem Pool von über 100'000 Materialien extrahierten sie damals mit Hilfe von aufwendigen Simulationen auf «Piz Daint» 1825 vielversprechende Komponenten, aus denen zweidimensionale Materiallagen gewonnen werden könnten – dies 14 Jahre nach der Entdeckung von Graphen. Dabei wurde sich die Forschung erstmals bewusst, dass sie zweidimensionale Materialien herstellen kann.
Die Forschenden haben nun von diesen über 1800 Materialien 100 Kandidaten ausgewählt, die aus einer Monoschicht von Atomen bestehen und sich für den Bau von hochskalierenden Feldeffekttransistoren (FETs) eignen könnten. Unter dem «ab initio»-​Mikroskop untersuchten sie deren Eigenschaften. Das heisst, sie haben auf dem CSCS-​Supercomputer «Piz Daint» zuerst die Dynamik der Moleküle, aus denen das Material besteht, einschliesslich deren Elektronenstruktur, berechnet. Diese Berechnungen kombinierten sie mit einem sogenannten Quantum Transport Simulator, um die möglichen Elektronen-​ oder Loch-​Stromflüsse durch die virtuell erzeugten Transistoren zu simulieren. Der genutzte Quantum Transport Simulator wurde von Mathieu Luisier zusammen mit einem weiteren ETH-​Forschungsteam entwickelt. Luisier und sein Team erhielten 2019 für das dem Simulator zugrundeliegende Verfahren den Gordon-​Bell-Preis.

Autor(in) Simone Ulmer, ETH-News



Das könnte Sie auch interessieren