Forschungsarbeit
08.06.2021, 11:28 Uhr

Erste Schritte auf dem Weg zum Quanten-Machine-Learning

Die Quantencomputer der Zukunft sollen nicht nur superschnell rechnen, sondern auch zuverlässig. Noch ist das eine grosse Herausforderung. Nun haben Informatiker unter dem Lead der ETH Zürich erste Schritte in Richtung zuverlässiges Quanten-​Maschinenlernen gemacht.
Aufbauend auf Konzepten wie der Quantenverschränkung versprechen Quantencomputer eine Fülle von Anwendungen für maschinelles Lernen
(Quelle: Anton Maksimov Juvnsky / Unsplash)
Wer Pilze sammelt, weiss, dass es besser ist, die giftigen und die ungiftigen auseinanderzuhalten. Nicht auszudenken, was passierte, wenn jemand die giftigen verspeiste. Bei solchen «Klassifikationsproblemen», bei denen es darum geht, bestimmte Objekte voneinander abzugrenzen und die gesuchten anhand von Merkmalen bestimmten Klassen zuzuordnen, können Computer schon heute die Menschen sinnvoll unterstützen. Intelligente Verfahren des maschinellen Lernens können Muster oder Objekte erkennen und automatisch aus Datensätzen heraussuchen – zum Beispiel könnten sie aus einer Fotodatenbank diejenigen heraussuchen, die ungiftige Pilze zeigen.
Besonders bei sehr grossen und komplexen Datensätzen kann maschinelles Lernen wertvolle Ergebnisse liefern, die Menschen nicht oder nur mit sehr viel mehr Zeitaufwand herausfänden. Bei gewissen Rechenaufgaben stossen jedoch auch die schnellsten heute verfügbaren Computer an ihre Grenze. Hier kommt das grosse Versprechen der Quantencomputer ins Spiel, dass sie dereinst auch solche Berechnungen superschnell ausführen werden, die klassische Computer nicht in nützlicher Frist lösen können. Der Grund dieser «Quantenüberlegenheit» liegt in der Physik: Quantencomputer rechnen und verarbeiten Information, indem sie gewisse Zustände und Wechselwirkungen ausnutzen, die innerhalb von Atomen oder Molekülen oder zwischen Elementarteilchen vorkommen.
Die Tatsache, dass sich Quantenzustände überlagern und verschränken können, schafft eine Grundlage, dank derer Quantencomputer Zugang zu einer grundlegend reichhaltigeren Verarbeitungslogik haben. Zum Beispiel rechnen Quantencomputer – anders als klassische Computer – nicht mit Binärcodes oder Bits, die Information nur als 0 oder 1 verarbeiten, sondern mit Quantenbits oder Qubits, die den Quantenzuständen von Teilchen entsprechen. Der entscheidende Unterschied ist, dass Qubits pro Rechenschritt nicht bloss einen Zustand – 0 oder 1 – realisieren können, sondern zusätzlich auch einen Zustand, in dem sich beide überlagern. Diese allgemeinere Art der Informationsverarbeitung ermöglicht wiederum eine drastische Beschleunigung der Berechnungen bei bestimmten Problemen.
Ein zuverlässiger Quantenklassifizierungsalgorithmus ordnet einen giftigen Pilz korrekt als «giftig» ein, wohingegen ein fehlerhafter ihn fälschlicherweise als «essbar» einstuft
Quelle: npj Quantum Information / DS3Lab ETH Zürich

Klassisches Wissen in die Quantenwelt übersetzen

Diese Geschwindigkeitsvorteile des Quantenrechnens sind auch eine Chance für Anwendungen des maschinellen Lernens – schliesslich könnten die Quantencomputer die riesigen Datenmengen, die maschinelle Lernverfahren benötigen, damit sie die Genauigkeit ihrer Ergebnisse verbessern, viel schneller berechnen als klassische Computer.
Um das Potenzial des Quantenrechnens wirklich auszunutzen, muss man die klassischen Verfahren des maschinellen Lernens jedoch auf die Eigenheiten der Quantencomputer anpassen. Zum Beispiel muss man die Algorithmen, also die mathematischen Berechnungsregeln, die beschreiben, wie ein klassischer Computer ein bestimmtes Problem löst, für Quantencomputer anders formulieren. Gut funktionierende «Quantenalgorithmen» für maschinelles Lernen zu entwickeln, ist dabei nicht ganz trivial, denn auf dem Weg dahin, sind noch einige Hürden zu überwinden.
Das hat zum einen mit der «Quanten-​Hardware» zu tun. An der ETH Zürich verfügen Forschende derzeit über Quantenrechner, die mit bis zu 17 Qubits arbeiten. Sollten Quantencomputer dereinst ihr volles Potenzial ausspielen, könnten jedoch tausende bis hunderttausende Qubits erforderlich sein.

Autor(in) Florian Meyer, ETH-News



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