Zur Analyse von Flüssigkeiten 04.07.2019, 10:03 Uhr

IBM entwickelt elektronische «Zunge»

Forschende von IBM Research haben ein handliches Messgerät entwickelt, das vom menschlichen Geschmackssinn inspiriert ist. Mithilfe elektrochemischer Sensoren und künstlicher Intelligenz erstellt es binnen einer Minute einen chemischen Fingerabdruck einer Flüssigkeit.
Patrick Ruch im Labor bei IBM Research in Rüschlikon
(Quelle: Jens Stark / NMGZ)
Eine Verschmutzung in Gewässern verfolgen, die Authentizität von Produkten wie Wein prüfen, oder auch Urinproben von Patienten überwachen, wo Spezialgerät und ein Labor dafür fehlen. Solche Anwendungen haben Patrick Ruch und sein Team von IBM Research als langfristiges Ziel vor Augen für «Hypertaste», eine Art elektronische «Zunge». Den Prototyp präsentierten sie am Mittwoch an der Weltkonferenz für Wissenschaftsjournalismus in Lausanne.
Das Gerät in Form eines flachen Zylinders wird in eine Flüssigkeit getaucht und erfasst innerhalb einer Minute Daten über die chemische Zusammensetzung, die es in Echtzeit an eine Smartphone-App sendet. Durch Abgleich mit einem Datensatz in der Cloud, mit dem die Forschenden ihren dazugehörigen Algorithmus trainiert haben, kann das Gerät so beispielsweise die verschiedenen Mineralwassermarken im Schweizer Handel unterscheiden, wie die Forschenden an der Konferenz demonstrierten.

Breite Palette an Molekülen erfassen

«Chemische Sensoren fokussieren in der Regel auf bestimmte Chemikalien und blenden alles andere aus», erklärte Ruch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das sei aber nicht, wie beispielsweise die menschliche Zunge mit ihren Geschmacksknospen funktioniere. An diese angelehnt sollen die Sensoren in «Hypertaste» ein viel breiteres Bild der Zusammensetzung einer Flüssigkeit erstellen - einen chemischen Fingerabdruck.
Das funktioniere durch Kombination mehrerer Sensoren, die jeweils eine Palette an Chemikalien erfassen und durch elektrische Spannungsänderungen reagieren, erklärte Ruch. Aus der Kombination der Signale all dieser Sensoren ergibt sich ein Gesamtbild der chemischen Zusammensetzung.
«Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem wir Machbarkeitsstudien durchführen können», so der IBM-Forscher. So sei beispielsweise eine Idee, künftig Anomalien in Trinkwasserproben feststellen zu können. «Schlüssel ist, auf welche Anwendung wir den Algorithmus trainieren.» In fernerer Zukunft könnte sich Ruch vorstellen, dass Konsumenten mit diesem System beispielsweise selbst prüfen könnten, ob ein Bio-gelabeltes Produkt tatsächlich vom entsprechenden Biohof stammt.

Zusammenarbeit mit ETHs verkündet

Neben «Hypertaste» verkündete IBM Research zudem die Erweiterung des IBM Quantum Network um weitere Partner, darunter auch die ETHs Lausanne und Zürich. Dieses internationale Netzwerk aus Unternehmen und akademischen Partnern will Forschung und Ausbildung von Nachwuchskräften im Bereich Quantum-Computing vorantreiben. Auch erste Anwendungen für Quantencomputer werden im Rahmen des Netzwerks ergründet.
Quantencomputer könnten hochkomplexe Simulationen ermöglichen, an denen selbst heutige Supercomputer scheitern. Ein Anwendungsbeispiel sind Simulationen von Molekülen und chemischen Reaktionen für die Medikamentenentwicklung.



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