Gehobener Datenschatz vom Matterhorn

Künden Schwingungsmuster Felsabbruch an?

Sehr schnelle abrupte Veränderungen solcher Schwingungsmuster würden darauf hindeuten, dass sich die Stabilität einer Felspartie rasch verändert habe, sagt Beutel. Sinken die Frequenzen rasch, kann dies bedeuten, dass sich ein bestehendes Risssystem stark vertieft oder geöffnet hat. Und das bedeutet dann ein steigendes Risiko in Bezug auf einen grösseren Felssturz oder Abbruch.

«Wir können also mit seismischen und akustischen Messungen, gekoppelt mit Messungen von Spaltenweiten und Fotografien der Untersuchungsstelle, ziemlich genau abbilden, wie sich der Permafrost verändert und Voraussagen machen, wo sich etwas anbahnen könnte», sagt Beutel, «ich halte dies für eines der besten Resultate, die wir im Rahmen von PermaSense erzielten.»

Zu verdanken seien diese seinem Projektpartner Samuel Weber, der in den letzten drei Jahren seine wegweisende Dissertation zum Thema an der Universität Zürich abgeliefert habe, sagt Beutel, andererseits auch dem Einbezug des Schweizerischen Erdbebendienst rund um ETH-Professor Donath Fäh, welcher das Wissen aus der Seismik eingebracht habe.
Jan Beutel beim Modellversuch, mit einem Crackmeter die Verschiebungen zwischen Blöcken zu messen.
Quelle: Peter Rüegg/ETHZ

Sprunghaftes Aufreissen von Klüften

Abgeschlossen ist die Messkampagne am Matterhorn nicht. Sie läuft vorerst weiter. Das Knowhow vom «Horu» möchte Beutel gerne auch auf andere Projekte übertragen. Das erworbene technische und geologische Wissen könnte für die Naturkatastrophenvorhersage an kritischen Orten im steilen Gelände oder an Bergen genutzt werden. Eine Anwendungsmöglichkeit sieht er beispielsweise am Piz Cengalo im Bergell. Dort ereignete sich im Sommer 2017 ein gewaltiger Felssturz von mehreren Millionen Kubikmetern Umfang, der mehrere Menschen in Tod riss. Damit einhergehende Murgänge zerstörten Teile des Dorfes Bondo. Die Experten erwarten, dass es an diesem Berg noch zu weiteren Felsstürzen kommen wird. Sie überwachen daher den Berg rund um die Uhr mit Radar. In-situ-Messungen fehlen aber bisher.
Modellversuch zur Kinematik eisgefüllter Klüfte
Quelle: Peter Rüegg/ETHZ


Beutel könnte sich vorstellen, ein Sensornetzwerk wie am Matterhorn am Pizzo Cengalo zu installieren und zu betreiben. Er versteht dies als einmalige Chance, mehr über die Vorgänge in steilem Permafrost zu lernen, insbesondere über die Mechanismen, die steilen, gefrorenen Fels instabil werden lassen und zum Absturz bringen. «Letztlich möchten wir solche vernetzten Sensoren, wie wir sie in jahrelanger, interdisziplinärer Arbeit entwickelt haben, auch für die Naturgefahren-Vorhersage verwenden.»



Das könnte Sie auch interessieren