Erstes komplett am Computer erzeugtes Bakterien-Genom

Vereinfachte DNA-Sequenz

Um die Genom-Teilstücke möglichst einfach synthetisieren und um die Teilstücke anschliessend möglichst rationell zusammenfügen zu können, haben die Wissenschaftler die Genomsequenz vereinfacht, ohne dabei die eigentliche genetische Information (auf der Ebene der Proteine) zu verändern. Spielraum für Genom-Vereinfachungen ist vorhanden, weil die Biologie beim Speichern genetischer Information Redundanzen kennt. Beispielsweise gibt es für viele Proteinbausteine (Aminosäuren) zwei, vier oder noch mehr genetische Möglichkeiten, um die Proteinbaustein-Information zu definieren.
Der von den ETH-Wissenschaftlern entwickelte Algorithmus nützt diesen Spielraum optimal aus. Mit ihm berechneten die Forscher die für Synthese und Zusammenbau ideale DNA-Sequenz, welche sie für ihre Arbeit schliesslich auch benutzten.
Dies führte dazu, dass die Wissenschaftler in der DNA-Baustein-Abfolge des Minimalgenoms sehr viele winzige Änderungen vornahmen, die in ihrer Gesamtheit jedoch beträchtlich sind: Mehr als ein Sechstel aller 800'000 DNA-Bausteine sind im künstlichen Genom gegenüber dem «natürlichen» Minimalgenom verändert. «In unserem Genom ist die Abfolge der DNA-Bausteine neu und gegenüber der ursprünglichen Abfolge nicht mehr wiederzuerkennen, die biologische Funktion auf Ebene der Proteine bleibt jedoch dieselbe», sagt Beat Christen.
Das Genom von Caulobacter ethensis-2.0 in einem Mikrogefäss.
Quelle: ETHZ/Jonathan Venetz

Lackmustest für die Genetik

Das umgeschriebene Genom ist auch biologisch interessant. «Unsere Methode ist ein Lackmustest um zu überprüfen, ob wir Biologen die Genetik richtig verstanden haben, und sie erlaubt uns, allfällige Wissenslücken zu entdecken», erklärt Beat Christen. Denn in dem umgeschriebenen Genom ist zwangsläufig nur Information enthalten, welche die Forscher auch verstanden haben. Allfällige zusätzliche in der DNA-Sequenz «versteckte» und von der Wissenschaft noch nicht verstandene Information wäre durch die Neucodierung verloren gegangen.
Zu Testzwecken stellten die Wissenschaftler Bakterienstämme her, welche sowohl das natürliche Caulobacter-Genom als auch Teilbereiche des neuen künstlichen Genoms enthalten. Indem die Forscher in diesen Bakterien einzelne natürliche Gene funktionsunfähig machten, konnten sie die Funktion der künstlichen Gene überprüfen. Sie testeten in mehreren Schritten jedes der künstlichen Gene.
In diesen Experimenten fanden die Forscher, dass nur rund 580 der 680 künstlichen Gene funktionsfähig sind. «Mit dem gewonnenen Wissen wird es uns jedoch möglich sein, unseren Algorithmus zu verbessern und eine voll funktionsfähige Genom-Version 3.0 zu entwickeln», sagt Beat Christen.

Autor(in) Fabio Bergamin, ETH-News



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