ETH Zürich 28.02.2022, 16:48 Uhr

Künstliche Intelligenz versteht den Klang gesunder Maschinen

An Geräuschen lässt sich erkennen, wie gut eine Maschine funktioniert. ETH-​Forschende haben ein neues maschinelles Lernverfahren entwickelt, das automatisch feststellt, ob eine Maschine «gesund» ist oder eine Wartung nötig hat.
Wie klingt ein gesunder Ventilator? KI kann den Unterschied heraushören
(Quelle: 2427999/Pixabay)
Ob Eisenbahnräder oder Generatoren in einem Kraftwerk, ob Pumpen oder Ventile – sie alle machen Geräusche. Für geübte Ohren haben diese Geräusche sogar eine Bedeutung: Bauteile, Maschinen, Anlagen oder Rollmaterial klingen nämlich anders, wenn sie einwandfrei funktionieren, als wenn sie einen Mangel oder Fehler haben.
Die Geräusche, die sie erzeugen, geben den Fachleuten somit nützliche Hinweise, ob sich eine Maschine in einem gutem – oder «gesunden» – Zustand befindet oder ob sie schon bald eine Wartung benötigt oder dringend zu reparieren ist. Wer rechtzeitig erkennt, dass eine Maschine fehlerhaft tönt, kann einem kostspieligen Defekt zuvorkommen und eingreifen, bevor sie kaputtgeht. Folgerichtig gewinnen die Überwachung und Untersuchung von Geräuschen an Bedeutung für den Betrieb und die Instandhaltung technischer Infrastruktur – zumal das Aufnehmen von Tönen, Geräuschen und akustischen Signalen mit modernen Mikrofonen vergleichsweise kostengünstig ist.
Um die benötigte Information aus solchen Geräuschen herauszuziehen, haben sich bewährte Methoden der Signalverarbeitung und Datenanalyse etabliert. Zu ihnen zählt die sogenannte Wavelet-​Transformation. Mathematisch lassen sich Töne, Klänge und Geräusche als Wellen darstellen. Bei der Wavelet-​Transformation wird eine Funktion in eine Menge von Wavelets zerlegt. Das sind wellenartige Schwingungen, die zeitlich verortet sind. Die zugrundeliegende Idee dabei ist es, zu bestimmen, wie viel von einem Wavelet in einem Signal enthalten ist. Obwohl solche Verfahren recht erfolgreich sind, erfordern sie oft viel Erfahrung und eine manuelle Einstellung der Parameter.

Defekte frühzeitig erkennen

Nun haben ETH-​Forschende ein maschinelles Lernverfahren entwickelt, das die Wavelet-​Transformation vollständig lernen kann. Der neue Ansatz eignet sich besonders für hochfrequente Signale wie Schall-​ und Vibrationssignale. Er macht es möglich, automatisch zu erkennen, ob eine Maschine «gesund» klingt oder nicht.
Der Ansatz, den die Postdoktoranden Gabriel Michau, Gaëtan Frusque, und Olga Fink, Professorin für Intelligente Instandhaltungssysteme, entwickelt und nun in der Zeitschrift PNAS veröffentlicht haben, verbindet Ansätze der Signalverarbeitung und des maschinellen Lernens auf eine neue Art und Weise. Mit dem neuen Ansatz kann ein intelligenter Algorithmus, also eine Rechenregel, die akustische Überwachung und Klanganalyse von Maschinen automatisch durchführen. Aufgrund seiner Ähnlichkeit mit der bewährten Wavelet-​Transformation lassen sich die Ergebnisse des vorgeschlagenen maschinellen Lernansatzes auch sehr gut interpretieren.
Das Ziel der Forschenden ist es, dass Fachpersonen, die in der Industrie Maschinen betreiben schon in naher Zukunft ein Tool nutzen können, das die Apparaturen automatisch überwacht und sie – ohne dass spezielle Vorkenntnisse erforderlich wären – rechtzeitig warnt, wenn in den Geräten auffällige, abnormale oder «ungesunde» Geräusche auftreten. Das neue maschinelle Lernverfahren lässt sich nicht nur auf unterschiedliche Maschinentypen anwenden, sondern auch auf verschiedene Arten von Signalen, Geräuschen oder Vibrationen. Zum Beispiel erkennt es auch Schallfrequenzen, die Menschen – wie Hochfrequenzsignale oder Ultraschall – von Natur aus nicht hören können.
Das Lernverfahren schlägt jedoch nicht alle Arten von Signalen über eine Leiste. Vielmehr haben es die Forschenden so entworfen, dass es die feinen Unterschiede der verschiedenen Geräusche feststellen und maschinenspezifische Befunde erstellen kann. Das ist nicht trivial, da der Algorithmus keine Beispiele von defekten Signalen zum Lernen hat.

Autor(in) Florian Meyer, ETH-News



Das könnte Sie auch interessieren