Kurznachrichtendienst 22.03.2021, 07:25 Uhr

15 Jahre Twitter: Jack Dorseys Visionen

«Ich richte nur mein twttr ein» - vor 15 Jahren verfasste Mitgründer Jack Dorsey den ersten Tweet. Daraus wurde ein Dienst, über den sich Neuigkeiten und Ideen ausbreiten können.
(Quelle: shutterstock.com/XanderSt)
Zum 15. Geburtstag gleicht Twitter einer grossen Baustelle. Mitgründer und Chef Jack Dorsey hat eine Evolution im Sinn, die Twitter weit über das gewohnte Kurznachrichtenformat bringen soll. Dazu gehören von alleine verschwindende Tweets mit dem Namen «Fleets», die «Spaces»-Talkrunden nach dem Muster des populären Start-ups Clubhouse, und in der Zukunft sogar die Möglichkeit, sich Tweets von eigenen Algorithmen sortieren zu lassen.
Zudem testet Twitter (englisches Wort für «zwitschern») die Möglichkeit, zahlenden Abonnenten exklusive Inhalte oder Angebote verfügbar zu machen.

Dorseys Vision

Dorseys Vision: Twitter soll der Ort sein, an dem man erfährt, was gerade passiert - und sich darüber unterhält. Der Weg dorthin ist steinig. Wie findet jeder die für ihn wichtigen Tweets in der Flut von Millionen Nachrichten? Wie sorgt man als Betreiber dafür, dass der Ton zivilisiert bleibt? Und dass die Plattform nicht zur Manipulation der öffentlichen Meinung genutzt wird - wie bei der grossangelegten russischen Kampagne zur US-Präsidentenwahl 2016?
Um Letzteres zu verhindern, wagte Dorsey einen radikalen Schnitt: Schon seit Ende 2019 lässt Twitter keine Tweets zu politischen Themen mehr als Anzeigen verbreiten. Dennoch wurde das vergangene Jahr zur Feuerprobe für den Umgang mit kontroversen Inhalten. Twitter entschied sich für ein konsequentes Vorgehen gegen Tweets mit falschen oder irreführenden Informationen über das Coronavirus und zur US-Präsidentenwahl. Das trieb den Konflikt zwischen Twitter und seinem lange Zeit mächtigsten Nutzer - dem inzwischen ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump - auf die Spitze.

Das Trump-Dilemma

Für Trump war das Twitter-Profil mit mehr als 80 Millionen Abonnenten der mit Abstand wichtigste Kommunikationskanal. Twitter liess ihm unter Verweis auf die zeitgeschichtlichen Bedeutung seiner Tweets lange unter anderem Beleidigungen durchgehen, für die gewöhnliche Nutzer schnell Ärger bekommen hätten. Doch im Frühjahr 2020 überschritt Trump die roten Linien so weit, dass die fragile Übereinkunft bröckelte.
Trump behauptete in Tweets, dass die Briefwahl in der Corona-Krise die Betrugsgefahr erhöhe - und bereitete damit den Boden für seine späteren Versuche, das legitime Wahlergebnis zu kippen. Twitter versah einen Trump-Tweet nach dem anderen mit Warnhinweisen. Die Republikaner zitierten Dorsey mehrfach vor Kongressausschüsse und versuchten, den Spielraum von Online-Plattformen beim Vorgehen gegen Nutzer und Inhalte einzuengen.
«Mr. Dorsey, wer zur Hölle hat sie gewählt und damit beauftragt, zu entscheiden, was die Medien berichten dürfen und was das amerikanische Volk erfahren darf?», brüllte der republikanische Senator Ted Cruz den Twitter-Chef kurz vor der US-Wahl an. Nach der Attacke von Trump-Anhängern auf das Kapitol verbannte Twitter den damals noch amtierenden Präsidenten - und betonte, dass es für ihn keinen Weg zurück auf die Plattform gebe.
Dieser Konflikt könnte Twitter noch Kopfschmerzen bereiten, wenn die Republikaner die Kontrolle über den US-Kongress zurückgewinnen sollten. Auch anderswo steht Twitter unter Druck: Russland drosselte jüngst den Dienst und droht mit einer Blockade.



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