«Business-Sprache ist in den 80ern stehen geblieben»

Browser-Plug-in für inklusive Sprache

CW: Was hat Sie und Ihr Team dazu bewogen, ein Browser-Plug-in für inklusive Sprache zu bauen?
Fischer: Wir entwickelten vorher den «Diversifier», der inklusive Sprache in Stellenanzeigen prüft. Für uns war das ein Minimum Sellable Product, um zu schauen, ob Unternehmen überhaupt bereit sind, Geld in so etwas zu investieren. Diesen Business Case konnten wir beweisen. Uns erreichte aber das Feedback, dass ein solches Tool für die gesamte Kommunikation nützlich wäre – und nicht nur für Stellenanzeigen. Deshalb programmierten wir dann das Plug-in. Im Gegensatz zum «Diversifier» kann man mit diesem überall inklusiv schreiben, in der internen Kommunikation, im Marketing oder auf der Website. Auch bauten wir für das Plug-in eine Natural Language Processing API. Sie ist dafür zuständig, Wörter im Kontext zu verstehen.
CW: Was hat das neue Tool «Witty» auf dem Kasten?
Nadia Fischer ist Mitgründerin von Witty Works und führt das Unternehmen nun als CEO
Quelle: Samuel Trümpy
Fischer:
Weil es ein Browser-Plug-in ist, muss man auf einem webbasierten Interface sein – Gmail, LinkedIn oder Twitter funktionieren beispielsweise sehr gut. Wenn sich beim Schreiben nun ein Begriff einschleicht, der auf irgendeine Art nicht inklusiv ist, wird dieser markiert. Das Tool schlägt dann vor, womit sich dieser ersetzen lässt. Und als Ergänzung gibt es kleine «Lern-Häppchen». Sie zeigen jeweils auf, welcher Bias hinter dem markierten Wort steckt. So wollen wir nicht nur das Bewusstsein der Nutzerinnen und Nutzer schärfen, sondern der ganzen Organisation dabei helfen, eine inklusive Kultur zu entwickeln. Angestrichen werden zum Beispiel auch Füllwörter. Denn sie machen die Sprache komplizierter und wir wissen, dass sich Menschen mit Deutsch als Zweitsprache damit schwertun. Ganz wichtig ist aber: Wir wollen keine Sprachpolizei sein. Der Algorithmus übernimmt auch nicht das Schreiben. Es handelt sich lediglich um Empfehlungen, die man ablehnen kann, wenn man das möchte.
CW: Für inklusive Sprache gibt es keine klaren Regeln. Wie sind Sie dieses Problem angegangen?
Fischer: Wir haben eine Art Framework aufgebaut. Das brauchten wir nur schon für die Darstellung im Frontend. Grundsätzlich stützen wir uns vor allem auf Studien, Fokusgruppen sowie soziale Bewegungen wie #MeToo, Black Lives Matter oder LGBTQIA+. Wenn man diesen etwa auf Instagram folgt, kommen solche Themen immer wieder auf. Und genau dort holen wir uns das Vokabular ab.



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