Die Frauen der Schweizer ICT 08.01.2019, 14:30 Uhr

Liliana Scheck: «Traut euch!»

Frauen sind in der Schweizer ICT-Branche selten anzutreffen – geschweige denn in Führungspositionen. Computerworld hat bei Liliana Scheck, der Geschäftsleiterin von DXC Technology Switzerland, nach den Gründen des Frauenmangels und möglichen Lösungsansätzen gefragt.
Liliana Scheck ist seit April 2017 General Manager und Chairman of Management Board von DXC Technology Switzerland
(Quelle: DXC Technology)
Computerworld: Von den 500 grössten Schweizer ICT-Anbietern werden nur 23 von Frauen geführt. Weshalb gibt es nicht mehr Frauen in Führungspositionen in der IT-Branche?
Liliana Scheck: Das hat generelle und spezielle Gründe. Generell sind gemäss dem Bundesamt für Statistik Frauen in Führungspositionen in der Schweiz untervertreten, was hinlänglich bekannt und thematisiert ist. Für die ICT-Branche kommt verschärfend dazu, dass Frauen ganz allgemein signifikant untervertreten sind. Damit ist der Pool an Kandidatinnen für Führungspositionen gegenüber Männern bedeutend kleiner, was im Allgemeinen dazu führt, dass es auch weniger Frauen in Führungspositionen gibt. Zu bemerken ist, dass dies für DXC Schweiz nicht gilt: Neben mir als Gesamtverantwortliche sind auch 50 Prozent der Stellen mit Ergebnisverantwortung für unsere Industrien hier in der Schweiz, von Frauen besetzt, was wohl eine grosse Ausnahme darstellt. Wenn Frauen in Führungspositionen wollen, sind sie bei uns richtig.
 
CW: Wie kann man in Zukunft mehr junge Frauen für ICT-Berufe begeistern?
Scheck: Ich bin der Ansicht, dass Rollenmodelle auf allen Ebenen wichtig sind. Zudem können sich Frauen gegenseitig am besten unterstützen. HP hat hier einiges dazu beigetragen: Das Unternehmen wurde jahrelang von Frauen geführt, etwa Carly Fiorina oder unlängst Meg Whitman. In der Schweiz stand Hauke Stars lange an der Spitze. Sie hat mich unterstützt und mir ermöglicht, in die Geschäftsleitung von HP einzutreten. Heute führe ich DXC Technology in der Schweiz. Wenn ich «auf allen Ebenen» sage, zielt das aber viel weiter und beginnt schon bei Kinderbüchern im Vorschulalter: Traditionelle Rollenbilder sind konsequent zu durchbrechen. Es dürfen auch mal Buben sein, die helfen, die Wäsche aufzuhängen – während Mädchen mit Lego einen Bagger bauen. Und das sollte sich dann durch die ganze Sozialisierung und Ausbildung fortsetzen, gepaart mit einer grundsätzlichen Begeisterung für ICT. Ein gutes Beispiel ist der Lehrplan 21, der Informatik und Medienbildung bereits in der Primarschule als obligatorisch vorsieht, und damit automatisch Mädchen und Buben gleichermassen zu Gute kommt.
 
CW: Wie fördern Sie Frauen in Ihrem Unternehmen?
Scheck: Wir etablieren derzeit Initiativen, wie etwa «Frauen lernen von Frauen» oder aber «Heels on Wheels». Im Rahmen dieser möchten wir intern die Plattform bieten, auf der ein regelmässiger Austausch ermöglicht wird, «Empowerment» stattfindet und Frauen von Frauen lernen können. Das finde ich wichtig und richtig. Aber es genügt offensichtlich nicht, denn sehr viele Unternehmen haben solche Programme, und die Resultate können trotzdem ernüchternd sein.
 
CW: Was bräuchte es stattdessen?
Scheck: Von fundamentaler Bedeutung scheinen mir deshalb zwei Dinge: Erstens eine Kultur der Vielfalt und Offenheit, in der sich Frauen nach meiner Erfahrung besonders gut entwickeln können und auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Und zweitens braucht es die ganz pragmatischen Regeln, die Frauen helfen, auch mit Familie berufstätig zu sein: Flexible Arbeitszeiten, Home-Office bis hin zu leichten Einstiegsmöglichkeiten nach der Baby-Pause.
 
CW: Inwieweit achten Sie bei Einstellungen auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis?
Scheck: Es ist hinlänglich bekannt und bewiesen, dass diverse Teams bessere Resultate erzielen und komplexe Herausforderungen schneller lösen. Das ist insbesondere in unserem anspruchsvollen und höchst kompetitiven Dienstleistungsbereich von grösster Bedeutung. Der richtige Mix aus Männern und Frauen ist ein wichtiger Aspekt dabei. Wir haben deshalb eine natürliche Motivation, noch mehr Frauen in unser Unternehmen zu bringen. Bei gleicher Qualifikation geben wir deshalb Frauen den Vorzug, bis ein Gleichstand erreicht ist.
 
CW: Welchen Tipp geben Sie Frauen mit auf den Weg, die in der ICT-Branche Karriere machen wollen?
Scheck: Mein persönliches Vorbild war paradoxerweise immer ein Mann, der US-Präsident Theodore Roosevelt, beziehungsweise ein Sprichwort von ihm: «Whenever you are asked if you can do a job, tell 'em, ‹Certainly, I can!› Then get busy and find out how to do it.» Das hat für mich hervorragend funktioniert, und davon abgeleitet mein Tipp an die Frauen: Traut euch!



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