Im Office von Markus Grossenbacher, Leiter Sicherheit und Risikomana­ge­ment, BIT 26.11.2019, 08:42 Uhr

«Ich wünsche mir einige Jahre technischen Vorsprung»

Markus Grossenbacher ist Leiter Sicherheit und Risikomana­ge­ment beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT). Im Interview spricht Grossenbacher über die Herausforderungen seines Arbeitsalltags und wie fit das BIT beim Thema IT-Security ist.
Markus Grossenbacher, Leiter Sicherheit und Risikomana­ge­ment, BIT
(Quelle: BIT)
Computerworld: Wie starten Sie in den Tag?
Markus Grossenbacher: Um 05:15 Uhr klingelt der Wecker, die Snooze-Funktion gibt es bei mir nicht. Ich stehe auf, trinke ein Glas Wasser und stehe unter die Dusche. Ich pendle mit dem ÖV und nutze den Arbeitsweg, um einige Französischlektionen zu absolvieren, oder lese Zeitung. 
Um 07:15 Uhr bin ich im Büro und starte den Computer. 
Währenddessen gibt es den ersten Kaffee.
CW: Büro oder Home Office: Wo arbeiten Sie lieber?
Grossenbacher: Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Der direkte Kontakt zu meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen ist mir wichtig. Auch in meiner Rolle als Vorgesetzter möchte ich für meine Mitarbeitenden in persona vor Ort sein. Dies ist aufgrund vieler Sitzungen nicht immer einfach, weshalb ich einen fixen Blocker habe, der den Mit­arbeitenden zur Verfügung steht. Home Office nutze ich für Aufgaben, die hohe Konzentration verlangen.
CW: Auto oder ÖV? Wie kommen Sie in die Firma?
Grossenbacher: Mit dem ÖV, so kann ich die Reisezeit für mich nutzen, auch wenn der Arbeitsweg wesentlich länger dauert. Dafür komme ich entspannt am Arbeitsplatz an.
CW: Was machen Sie zuerst im Büro?
Grossenbacher: Ich gönne mir meinen ersten Kaffee, lese die neusten E-Mails und verschaffe mir einen Überblick über das aktuelle Tagesprogramm.
CW: Einzelbüro oder Open Space?
Grossenbacher: Ich arbeite im Open Space, ich schätze 
daran die kurzen Kommunikationswege und mitten im Geschehen zu sein. Für konzentriertes Arbeiten und Telefongespräche nutze ich die angebotenen Rückzugsräume, die allen gleichermassen zur Verfügung stehen.
CW: Haben Sie einen ausgefallenen Glücksbringer auf Ihrem Schreibtisch? Wie sieht dieser aus?
Grossenbacher: Nein, aber ich leiste mir jährlich einen Tageskalender mit Dilbert von Scott Adams. Dieser wirkt sehr inspirierend auf mich. Zudem habe ich eine kleine Sammlung von Anti-Stress-Handtrainern auf meinem Schreibtisch.
CW: Wie planen Sie Ihren Tag?
Grossenbacher: Meine Planung beginnt vor dem eigent­lichen Tag und geht weiter in die Zukunft, das heisst, die Tagesplanung ist mehr ein Feinschliff im Sinne der Aktualisierung der anstehenden Aufgaben und deren Priorisierung.
CW: Welche Apps und Tools sind essenziell, damit Sie Ihre täglichen Aufgaben meistern können?
Grossenbacher: Ich verwende grundsätzlich die üblichen Werkzeuge, welche für die Büroautomation benötigt werden. Darüber hinaus pflegen wir unsere Informationen zum Informationssicherheits-Management-System, den Risiken, der Compliance und der Geschäftskontinuität in einer dedizierten Applikation.
CW: Auf welche Technik warten Sie noch?
Grossenbacher: Der Wettlauf zwischen denen, die Informationen schützen wollen, und jenen, die diese gerne stehlen würden, ist seit Menschengedenken im Gange. Was ich also brauche, ist nicht ein Tool, sondern ein paar Jahre technischen Vorsprung.
CW: Zu welcher Musik arbeiten Sie am besten?
Grossenbacher: Ich arbeite bevorzugt ohne Musik. Da wir in einem Grossraumbüro sind, würde dies bedeuten, den ganzen Tag Kopfhörer zu tragen. Im Home Office wähle ich die Musik entsprechend der Arbeit aus. Für administrative Tätigkeiten bevorzuge ich klassische oder leichte Unter­haltungsmusik. Arbeiten, die nur langsam vorangehen, wie etwa neue Konzepte zu entwickeln, befeuere ich mit Heavy Metal und zu Planungsaufgaben höre ich Blasmusik.
CW: Über welchen Kanal kommunizieren Sie am liebsten?
Grossenbacher: Ich schätze den direkten Austausch und gehe, wenn möglich, direkt bei einem Kollegen, einer Kollegin vorbei. Zudem nutze ich gerne das Telefon oder den internen Chat. E-Mail verwende ich vor allem, wenn das 
Gegenüber nicht erreichbar ist, Dokumente auf dem Mailweg ausgetauscht werden oder wenn es um Themen geht, die schriftlich festgehalten werden müssen.
CW: In wie vielen Meetings sitzen Sie pro Woche?
Grossenbacher: Pro Woche sind es mindestens zehn Meetings, die für länger als eine Stunde angesetzt wurden. Inkludiert sind dabei auch die bilateralen Gespräche mit den Mitarbeitenden. Die Hälfte der Meetings leite ich selbst.
CW: Was ist die grösste Herausforderung in Ihrem Job?
Grossenbacher: Mit der IT-Branche Schritt zu halten, die sich in technologischer und organisatorischer Hinsicht rasch weiterentwickelt.
CW: Gibt es Produktivitätskiller, wie vermeiden Sie die?
Grossenbacher: Die E-Mail-Flut ist ein richtiger Zeitfresser. Dieser Herausforderung begegne ich mit Regeln, welche die E-Mails automatisch sortieren, und priorisiere die restlichen.
CW: Wie fördern Sie das Bewusstsein für IT-Sicherheit bei Ihren Mitarbeitenden?
Grossenbacher: In der Bundesverwaltung führt das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) eine Sensibilisierungskampagne für alle Mitarbeitenden durch. Beim BIT ergänzen wir diese um spezifische Kampagnen für Spe­zialgebiete, etwa für die Engineers, die Mitarbeitenden 
des Service Desk, die Vorgesetzten etc.
“Für eine gute Zusammenarbeit ist Vertrauen wichtig und wird immer wichtiger. Mein Augenmerk gilt deshalb der Einhaltung von Vereinbarungen, der Bereitschaft, sich stetig weiterzubilden, und der Fähigkeit, kons­truktiv mit Kritik umgehen zu können„
Markus Grossenbacher
CW: Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie fit ist das BIT beim Thema IT-Security und wie zeigt sich das in Ihrer täglichen Arbeit?
Grossenbacher: Ich würde das BIT bei 7 positionieren. Wir haben schon viel erreicht. Up to date zu bleiben und neuen Herausforderungen schnell entgegenwirken zu können, ist jedoch nicht einfach. Wir sind froh, dass wir die Unterstützung der Geschäftsleitung haben. Das ist die wichtigste 
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Sicherheitsanforderungen. Zudem sind wir eine gefragte Anlaufstelle für Sicherheitsfragen in der zivilen Bundesverwaltung, leisten also viel Beratungsarbeit. Darüber hinaus sind unsere Infoveranstaltungen zur IT-Sicherheit stets sehr gut besucht.
CW: Wie lautet Ihr Arbeitsmotto?
Grossenbacher: «Arbeiten und arbeiten lassen.» Jede und jeder trägt seinen Teil zum Erfolg bei. Meine Arbeit ist die Befähigung der Kolleginnen und Kollegen, so dass diese ihre Arbeit machen zu lassen.
CW: Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Grossenbacher: Mein Bestreben ist es, einen transaktionalen Führungsstil zu pflegen, das heisst, die Ziele werden gemeinsam vereinbart. Die Umsetzung liegt in der Verantwortung der Mitarbeitenden. Dazu erhalten sie mein Vertrauen. Sollte die Zielerreichung gefährdet sein, erwarte ich eine frühzeitige Information, um einen möglichst grossen Handlungsspielraum für die notwendigen Massnahmen zu haben.
CW: Auf welche drei Eigenschaften achten Sie besonders bei Ihren Mitarbeitenden?
Grossenbacher: Für eine gute Zusammenarbeit ist Vertrauen wichtig und wird immer wichtiger. Mein Augenmerk gilt deshalb der Einhaltung von Vereinbarungen, der Bereitschaft, sich stetig weiterzubilden, und der Fähigkeit, kons­truktiv mit Kritik umgehen zu können.
CW: Es herrscht Fachkräftemangel. Wie finden Sie genügend Mitarbeitende und wie viele suchen Sie aktuell?
Grossenbacher: Wir beschäftigen Lernende, Praktikantinnen und Praktikanten von Hochschulen sowie Praxisinte­grierte Bachelor-Studentinnen und -Studenten (PiBS). Auf diese Weise leisten wir einen Beitrag, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Wenn möglich stellen wir junge Fachkräfte auf Juniorpositionen ein, um sie bei uns weiter zu fördern. Um berufserfahrene Mitarbeitende zu gewinnen, präsentieren wir beispielsweise Beiträge an Fachkongressen und pflegen unsere Netzwerke innerhalb der Branche. Aktuell habe ich zwei Stellen zu besetzen.
CW: Wer viel arbeitet, braucht viel Energie. Wie lautet Ihr Restauranttipp für den Lunch?
Grossenbacher: Wir haben meiner Meinung nach eine sehr gute Kantine, wenn es mal etwas anderes sein soll, besuche ich gerne das Restaurant «Plattform» in Bern.
CW: Wann oder wo haben Sie die besten Ideen?
Grossenbacher: Oft lasse ich mich von Rednern und deren Vorträgen an Konferenzen inspirieren. Damit ich mir meine Gedankenblitze notieren kann, habe ich immer mein Smartphone zur Hand und mache mir in einer App Notizen.
CW: Von welchen Websites, Blogs oder Print-Titeln holen Sie sich Informationen für den Job?
Grossenbacher: Ich bin Mitglied bei IEEE, ISACA, SANS und ISSS. Alle haben ihre eigenen Kanäle, um wichtige Informationen zu kommunizieren. Weiter lese ich Heise und die Informationen der Melde- und Analysestelle Informationssicherung MELANI. Darüber hinaus besuche ich Konferenzen und suche den direkten Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.
CW: Haben Sie einen Buchtipp?
Grossenbacher: Lesen gehört zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Mein Tipp ist «Des Pudels Fell» von Ludwig Hasler. Es enthält Essays zu verschiedenen Themen und kann Happen für Happen genossen werden.
CW: Wie fahren Sie nach der Arbeit runter?
Grossenbacher: Auf meinem Heimweg nutze ich die öffentlichen Verkehrsmittel und habe so genügend Zeit, mit einem Buch oder Musik herunterzufahren.
CW: Wann gehen Sie schlafen?
Grossenbacher: Ich versuche, meine Schlafroutine einzuhalten, und gehe zwischen 23:00 und 24:00 Uhr zu Bett.
CW: Wie laden Sie Ihre Batterien auf?
Grossenbacher: Als Ausgleich zu meiner computerlastigen Büroarbeit halte ich mich in meiner Freizeit gerne in der Natur auf. Sei es zum Wandern oder auf Städtetrips mit meiner Frau. Generell schätze ich gemütliche Abendessen und Gespräche mit meiner Frau sehr, um runterzufahren. Auch beim Klarinette spielen kann ich meine Gedanken schweifen lassen.
CW: Wenn Sie nochmal einen Beruf erlernen oder studieren würden, welcher wäre das?
Grossenbacher: In der heutigen Zeit wird die Halbwertszeit des Wissens immer kürzer. Es sollte also ein Beruf oder Studium sein, bei dem vermittelt wird, wie mit der stetigen Veränderung umgegangen werden kann. Es geht um Methoden und eine fundierte Grundlage in einer Disziplin, bei mir die Naturwissenschaften. Das Ingenieurstudium wäre deshalb immer noch meine erste Wahl.
CW: Wie sieht Ihr nächstes Projekt aus?
Grossenbacher: Es gibt nicht ein Projekt. Im Fokus unserer Arbeit stehen die stetige Verbesserung der Detektionsfähigkeit für Malware und auffälliges Verhalten sowie der Aufbau eines Security Operation Centers (SOC).
Zur Person
Markus Grossenbacher 
startete 1986 als Entwicklungsingenieur bei Ascom und wurde 1993 Bereichsleiter. Nach dem Wechsel zu Swisscom hatte er verschiedene Funktionen inne, bevor er CIO bei Swiss­com Broadcast wurde. 2009 wechselte er als Security & Riskmanager in die Zen­trale. Seit 2013 ist er Leiter Sicherheit und Risikomana­ge­ment beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT. 
Das BIT ist einer der internen ICT-Leistungs­erbringer der Bundesverwaltung. Markus Grossenbacher ist verheiratet und hat zwei 
erwachsene Söhne. Den Ausgleich zu seiner Arbeit findet er in der Musik und beim Wandern.



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