Hysterie um das Michelangelo-Virus

Bundesbern zittert vor dem Virus

Auch Michelangelos gehörnter Moses würde sich vor dem Virus fürchten, unkte damals Computerworld
Quelle: Computerworld
Zu den PC-Anwendern, die vor Michelangelo einen Heidenrespekt an den Tag legten, gehörte auch die Bundesverwaltung. Computerworld berichtete, dass das Bundesamt für Informatik an alle Amtsstellen appelliert hatte, ihre Rechner vor dem 6. März mit einem Antivirusprogramm zu durchkämmen. Dem Eidgenössischen Finanzdepartement sei die Bedrohung durch das Virus sogar ein eigenes Michelangelo-Communiqué wert gewesen. Es kam am 6. März aber zu keiner nennenswerten Virenlast.
Anderenorts war die Infektionsquote bei staatlichen Stellen auffällig hoch. So wurden in den USA unter anderen die CIA, das Landwirtschaftsministerium, das Repräsentantenhaus, mehrere Büros des Senats, die Verwaltung des Bundesstaates Nevada, das Sandia National Laboratory des Energiedepartements und das Miami-Büro des Justizdepartements von Michelangelo befallen. Ein zweites Virennest konnte in Forschungslabors und Universitäten ausgemacht werden. Am New Jersey Institute of Technology siedelte sich Michelangelo in 2400 von insgesamt 3000 PC an. Die technische Hochschule von Stockholm war gewarnt, hatte der Renaissancemeister doch bereits vor einem Jahr zugeschlagen, konnte aber damals noch nicht identifiziert werden. Dazu kamen zahllose Hochschulen von Amsterdam bis Australien. All diese und weitere Aktivitäten des Virus (siehe Kasten) waren allerdings den Medienrummel nicht wert, der im Vorfeld des Michelangelo-Geburtstages veranstaltet wurde. Weltweit erlitten lediglich einige tausend Rechner eine Infektion, konstatierte Computerworld im April.
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Die besten Michelangelo-Infektionen
Aus den weltweit erscheinenden Schwesterheften trug Computerworld die kuriosesten Meldungen über den Virenbefall zusammen:
  • In der Zeitung Bariloche aus der Stadt gleichen Namens in den Anden Südargentiniens schlug die Virenpest bereits am 5. März zu, weil die Computeruhr einen Tag vorgestellt wurden, just um den Datenverlust zu vermeiden. Ebenfalls verfrüht trat das Virus in der Oakland Tribune in Aktion, allerdings aus einem anderen Grund: Bei der kalifornischen Zeitung hatte sich Michelangelo an das Virus Stoned, das nicht auf einen fixen Zeitpunkt programmiert ist, angedockt.
  • Glück im Unglück hatte die Motorfahrzeugkontrolle des US-Bundesstaates Illinois: Zwar entdeckte sie Michelangelo auf einigen PCs, doch wären es weit mehr gewesen, wenn ihr nicht das EDV-Budget auf vier Prozent des Vorjahres gekürzt worden wäre. An der Tulane University in New Orleans entdeckte man neben diversen verseuchten Rechnern, dass Michelangelo alten PC nichts anhaben kann.
  • Nur wenige Michelangelo-Fälle meldete Japan, weil PCs dort lediglich ein Fünftel aller Mikrocomputer ausmachen. Betroffen war unter anderem ein Bauunternehmen, das den Schaden auf 20 000 bis 30 000 US-Dollar bezifferte.In Südafrika hat es praktisch jeden Wirtschaftssektor erwischt, am schlimmsten allerdings die offenbar (Raub-)kopierfreudigen Apotheker, auf die 300 der rund 1000 gemeldeten Infektionen entfielen.




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