07.01.2008, 08:46 Uhr
Pflegeleichte Raubkatze
Apple hat die Server-Version des Mac OS X 10.5 alias Leopard um einige nützliche Dienste erweitert. Doch während das System in einer Mac-Umgebung zufrieden schnurrt, zeigt es bei der Windows-Integration die Krallen.
Ein solider Unix-Unterbau, gepaart mit bewährten Serverdiensten aus der Open-Source-Welt - mit solchen Attributen bewerben normalerweise Linux-Anbieter ihre Produkte. Diese Beschreibung trifft aber genauso auf die Server-Version des Apple-Betriebssystems Mac OS X zu. Doch Apple wäre nicht Apple, würde sie diese Kombination nicht mit einer komfortablen Oberfläche und ebensolchen Admini-strationswerkzeugen verkleiden. Die nochmals vereinfachte Konfiguration ist jedoch nicht die einzige Neuerung in Mac OS X 10.5 Server alias «Leopard». Denn Apple hat die bisherigen Dienste für LAN und Internet/Intranet um einige willkommene Funktionen zur Zusammenarbeit ergänzt. Der Kalender-Server füllt eine schmerzliche Lücke, und Wikis sowie Blogs sind per Mausklick eingerichtet. Anwender, die mit Mac OS X 10.5 unterwegs sind, können jetzt Server-Freigaben mit der Spotlight-Suche durchforsten oder Backups mit Time Machine auf dem Server ablegen.
Mit dem Administrator mitwachsen
Ende Oktober hat Apple Mac OS X 10.5 vorgestellt und kurz darauf auf Version 10.5.1 aktualisiert. Diese Fassung kam im Test zum Zug - und, so viel vorweg, sie lässt noch Raum für Verbesserungen. Das gilt allerdings nicht für den einfachen Installationsvorgang. Dabei kann der Administrator aus drei Stufen für die Konfiguration wählen. Die Standard- und die Workgroup-Installation setzen nicht viel mehr als fortgeschrittene Anwenderkenntnisse voraus. Die volle Leistung entfaltet der Server aber erst in der erweiterten Konfiguration als Verzeichnisdienst. Abhängig von der Einrichtung kommen zwei verschiedene Verwaltungswerkzeuge zum Einsatz. In den beiden einfachen Varianten übernimmt das neue Programm «Servereinstellungen» die Konfiguration. Es lehnt sich eng an die Systemeinstellungen des Mac OS X an und ist ebenso einfach zu benutzen. Arbeitet der Server dagegen als Verzeichnisdienst, nutzt der Administrator wie gehabt Server-Admi und Arbeitsgruppen-Manager, die jedoch überarbeitet wurden. Ebenfalls neu ist ein Tool namens Verzeichnis. Bei den einfachen Konfigurationen verwaltet es Benutzer und Gruppen. Ressourcen wie Projektoren und Sitzungszimmer müssen dagegen in jedem Fall über «Verzeichnis» angelegt werden. Diese Aufgabenteilung zwischen Arbeitsgruppen-Manager und Verzeichnis ist verwirrend. Hier sollte Apple nachbessern.
In einer kleinen Umgebung mit lokalen Benutzern reichen die Standard- und die Workgroup-Konfiguration. Der Server beschränkt sich dann auf grundlegende Dienste für Dateizugriff, Kalender, E-Mail, Chat und Wiki respektive Blogs. Der Spielraum des Administrators ist beschränkt, so lassen sich beispielsweise keine persönlichen Benutzerverzeichnisse anlegen. Eine spätere Erweiterung zum Verzeichnisdienst erfolgt per Knopfdruck, lässt sich jedoch nicht mehr rückgängig machen.
Zusammenarbeit über Systemgrenzen
Erfreulicherweise setzt Apple bei den Serverdiensten auf offene Standards. Der Verzeichnisdienst namens Open Directory basiert auf dem freien OpenLDAP. Offen gibt sich auch der Kalender-Server. Er setzt auf CalDAV auf, einer Ergänzung von WebDAV. Neben Apple iCal unterstützt die Serverkomponente jeden CalDAV-fähigen Client inklusive Outlook mit einem entsprechenden Plugin. Der Open-Source-Kalender-Server basiert auf Zope und wurde mit Python realisiert. Er bietet grundlegende Teamfunktionen. Termine mit anderen Benutzern lassen sich aufgrund der «Frei/Besetzt»-Anzeige passend legen, und Kalender können freigegeben werden. Auch Gruppen besitzen eigene Kalender. Sie sind allerdings nur über den Webbrowser zugänglich. Es wäre zu wünschen, dass Apple auch diese Agenden im Client zugänglich macht.
Von der Natur her webbasiert sind dagegen Wikis und Blogs. Die komfortable Ajax-Oberfläche vereinfacht das Erstellen von Einträgen. Wie beim Kalenderserver wachen auch hier die in der Benutzerverwaltung festgelegten Zugriffsrechte darüber, wer Einträge bearbeiten und lesen darf.
Der Leopard-Server bietet aber auch Datei- und Druckerzugriff für Windows-Rechner. Hierzu kommt die freie SMB-Implementation Samba in Version 3.0.25 zum Einsatz, gepaart mit dem von Apple übernommenen Druckserver CUPS (Common Unix Printing Protocol). Drei Szenarien sind denkbar: File- und Printserver, Primärer respektive Backup Domain Controller und die Anbindung an ein Active Directory.
Die Einrichtung eines Windows-File-Servers verläuft reibungslos und funktioniert mit Windows XP und Vista. Beim Print-Server lässt die Dokumentation dagegen den Administrator das erste Mal im Stich. Die Konfiguration umfasst die Freigabe eines Druckers über IPP (Internet Printing Protocol) oder SMB. Die PDF-Handbücher verlieren jedoch keine Silbe darüber, wie sich einem Windows-Rechner automatisch -Druckertreiber zuteilen liessen.
Zur aufwändigen Recherche im Internet kann sich das Unterfangen entwickeln, -Leopard-Server in eine Domäne einzubinden. Die Vorgänge sind nur von der Mac-Seite her dokumentiert. Es fehlt an Informationen zu den Vorbereitungen im Active Directory. Die zahlreichen Beiträge in den Diskussionsforen von Apple zeugen von den Schwierigkeiten. Umfassende Windows-Kenntnisse sind deshalb empfehlenswert. Die Administrations-Tools des Mac OS X Servers alleine sind jedenfalls keine grosse Hilfe. Zudem zeigte Leopard einige Unzulänglichkeiten. So gelang es zwar im Test, einen PCL-Drucker über einen Windows-Print-Server einzurichten. Die Ansteuerung klappte aber nicht wunschgemäss. Einstellungen wie Papierformat oder Duplexdruck wurden ignoriert. Ein Problem, von dem auch andere Benutzer berichten.
Mit Kratzern ist zu rechnen
Die Erfahrungen mit früheren Versionen zeigen, dass es jeweils einige Updates braucht, bis die gröbsten Unzulänglichkeiten beseitigt sind. Das ist auch bei Leopard nicht anders. In reinen Mac-Umgebungen schnurrt die Raubkatze zufrieden vor sich hin, und die Collaboration-Funktionen gefallen. Bei der Einrichtung muss der Administrator aber einige kleine Unzulänglichkeiten in Kauf nehmen. So müssen Gruppenordner immer noch über einen Shell-Befehl angelegt werden, und die Verwaltungswerkzeuge stürzen gelegentlich ab.
Nicht überzeugt hat im Test die Integration in Windows-Umgebungen. Erfahrene Microsoft-Administratoren dürften die Klippen umschiffen. Hier ist dringend zu hoffen, dass Apple bei der Software und der Dokumentation nachbessert. Denn von den Anlagen und vom Preis her wäre Mac OS X Server ein interessanter Kandidat für gemischte Umgebungen in kleinen und mittleren Unternehmen.
Andreas Heer