RedIT 29.10.2009, 09:53 Uhr

Konzentration aufs Wesentliche

Nach diversen Wechseln an der Spitze hat nun Martin Regli das Ruder beim Zuger IT-Dienstleister RedIT übernommen. Im Interview mit Computerworld erklärt der frischgebackene CEO, wie er das RedIT-Boot in ruhigeres Fahrwasser bringen will.
RedIt-Boss Martin Regli
Computerworld: In den letzten zwei Jahren gab es insgesamt drei Wechsel an der Spitze von RedIT. Das zeugt nicht gerade von grosser Stabilität, um es nett auszudrücken. Was sind die Gründe für das viele Sesselrücken?
Martin Regli: Mir sind diese Wechsel bewusst und ich verstehe Ihre Frage. Allerdings kann ich über die Einzelheiten, was bei RedIT Ende 2008 geschehen ist, nicht näher Auskunft geben. Ich bin erst seit dem 1. August 2009 bei dieser Firma und möchte mich bewusst auf das konzentrieren, was ich jetzt vorfinde und wie das Unternehmen künftig vorangebracht werden kann. Mir sind dabei diese Rochaden bewusst. Mein Ziel ist es allerdings, jetzt Stabilität in die Organisation zu bringen.
Sie kommen von Hewlett-Packard, einem globalen Grosskonzern, und sind nun für ein sehr lokales, "gut schweizerisches" Unternehmen verantwortlich. Wie haben Sie diesen Wechsel erlebt?
Es sind zwei komplett andere Kulturen. Und ich habe in letzter Zeit genau das gesucht. Das soll nicht heissen, dass es mir bei HP nicht gefallen hat: im Gegenteil. Aber ich wollte doch aus der etwas geschützten "corporate" Struktur ausbrechen und in einem KMU tätig werden. Hier kann man ohne Vorgaben aus der Konzernleitung mitbestimmen, wohin sich die Firma entwickeln soll. Und das gefällt mir ausserordentlich.
Schliesslich habe ich das Potenzial von RedIT gekannt, da die Firma ja schon seit längerem mit HP eng zusammengearbeitet. Mir war auch bewusst, dass diese Firma einen bekannten "Brand" hat, der in letzter Zeit zugegebenerweise etwas gelitten hat. Auch die Aufgabe, RedIT bekannter zu machen und das nun etwas angekratzte Image wieder aufzupolieren, hat mich gereizt.
Was haben Sie also mit RedIT vor?
Zunächst wollen wir das anbieten, wovon wir etwas verstehen und wo wir auch das diesbezügliche Know-how haben. Keinesfalls wollen wir ein Gemischtladen werden. RedIT besetzt vier bis fünf Kernthemen und baut auf diesen auf. In Sachen Hardware konzentrieren wir uns auf den Hersteller HP. Diese Partnerschaft soll sogar ausgebaut werden. Das hat nicht nur mit meiner Herkunft zu tun. Ich habe den Verwaltungsrat überzeugen können, dass in Sachen Infrastruktur, also Server, Storage und Client-PC, HP eine gute Strategie verkörpert.
Der zweite Kernpartner von uns ist Microsoft. Das beinhaltet eigentlich alle Server-Produkte, aber auch Windows-7-Rollouts wollen wir unseren Kunden anbieten können. Beim Thema Virtualisierung fahren wir allerdings keine Microsoft-only-Strategie sondern bieten auch Lösungen anderer Hersteller an.
Auf diesem Fundament bieten wir dann Softwarelösungen an, diese reichen vom Dokumenten-Management bis zum Messaging. In Sachen ERP haben wir uns diesbezüglich für Navision von Microsoft entschlossen und bieten hier spezielle Lösungen für Branchen wie Handel, Pharma-Branche, Anlagebau und Dienstleister an. Daneben offerieren wir unsere eigen Software Pebe, die sich an Anwälte, Treuhandbüros und Vermögensberater richtet.
Konzentrieren Sie sich somit nicht zusehr auf zwei Anbieter, HP und Microsoft? Was passiert, wenn die beiden einmal nicht mehr so stark sind?
Das ist natürlich eine berechtigte Frage. Ich sehe hier aber derzeit keinerlei Gefahr oder Risiko. Im Gegenteil: die derzeitige Krise bewirkt, dass grosse Player wie Microsoft und HP eher an Marktanteilen gewinnen.
Ein bedeutender ERP-Anbieter ist beispielsweise SAP. Werden Sie künftig nicht auch für die Walldorfer Projekte verwirklichen?
In Planung ist da derzeit nichts. Aber wir halten uns natürlich Optionen offen. Auf dem Hardware- und Software-Fundament, das wir bedienen, könnten wir natürlich auch weitere Applikationen betreiben und entsprechende Dienstleistungen anbieten. Aber wie gesagt, geplant ist hier derzeit nichts.
Dann gibt es in der Schweiz auch weitere Integratoren, die Navision-Lösungen implementieren. Wir unterscheiden Sie sich von diesen?
Diesen fehlt oft der Unterbau aus Hardware- und Software-Knowhow, den wir mitbringen. Dadurch können wir alles aus einer Hand bieten. Zudem weiss ich dass die HP-Hardware und die Microsoft-Software gut aufeinander abgestimmt und zertifiziert ist.
Konzentrieren sollten Sie laut Jobbeschrieb die internen Strukturen. Können Sie mir hier Beispiele nennen, was da genau ansteht?
RedIT hat in den letzten Jahren mehrere Firmen gekauft, die alle über eine eigene IT-Infrastruktur verfügten. Also das, was wir bei unseren Kunden antreffen - wir sagen immer: Übernahmen sind ein gutes Geschäft für uns als Dienstleister - genau das, müssen wir im eigenen Haus derzeit angehen. So hatten wir Anfang Jahr fünf ERP-Systeme. Diese konnten mittlerweile auf zwei reduziert werden. Ziel ist es natürlich, am Schluss nur noch eines zu haben. Schliesslich sind wir gerade dabei ein Red-IT-übergreifendes CRM-System zu implementieren.
Hier tätigen wir also Investitionen. Schliesslich heisst restrukturieren nicht nur schrumpfen, sondern sich fit machen für die Zukunft. Nur so können wir vom nächsten Aufschwung profitieren.
Gibts auch noch externe Investitionsprojekte?
Ja, hier bauen wir beispielsweise unsere Rechenzentrenkapazität aus. Denn wir wollen vermehrt auch Outsourcing und Managed Services anbieten können, für die es eine gewisse Infrastruktur braucht, die sich vor allem durch Redundanz auszeichnet. So haben wir vor Kurzem ein zweites Rechenzentrum eröffnet. Das bindet natürlich auch wieder Geld, ist aber wichtig für unsere künftige Geschäftstätigkeit.
Sie richten sich ja erklärtermassen an KMU. Diese treten aber während der derzeitigen Wirtschaftskrise besonders auf die Kostenbremse. Was machen Sie dagegen?
Es wäre falsch zu sagen, dass wir das nicht merken. Ich kann keine genauen Zahlen nennen. Aber wir sehen natürlich, dass die Verkaufszyklen länger werden. Beschaffungen, die vor kurzem der IT-Manager selbst entschieden haben, wandern eine odere mehrere Hierarchiestufen nach oben.
Deshalb wollen wir uns auch auf wenige Geschäftsfelder konzentrieren und uns durch unsere dortige, auch Branchen-spezifische Kompetenz auszeichnen und nicht nur über den Preis von der Konkurrenz unterscheiden.
Meines Erachtens sind auch in dieser harten Zeit Aufräge zu vergeben. So werden in diesem Jahr viele konzeptionelle Vorarbeiten in Auftrag gegeben. Dabei wird der Implementierungsschritt noch nicht gemacht. Für uns als Dienstleister ist es jedoch wichtig schon in dieser beratenden, konzeptionellen Phase tätig zu sein. Hier ist der Kunde auch nach wie vor bereit, fürs entsprechende Know-how etwas zu zahlen.
Ein bedeutender Konkurrent, der auch zunehmend KMU adressiert, ist Swisscom IT Services. Wie wollen sie sich von diesem, ebenfalls stark in der Schweiz verankerten Player unterscheiden?
Unser klarer Vorteil ist die Kundennähe. Eine Swisscom IT Services, die eher bis anhin das Grussfirmensegment bedient hat, wird Schwierigkeiten haben, sich so lokal und spezialisiert aufzustellen wir wir. So haben wir etwa Standorte in Aarau, in Zug und in Dübendorf. Hier können wir klar diese Nähe und die gute Kenntnis unserer Abnehmer, immerhin 5000 an der Zahl, ausspielen.
Zudem besitzen wir besonderes Branchen-Knowhow. Unsere Leute waren zum Teil zuvor in den entsprechenden Industriezweigen tätig und kennen die dortigen Begebenheiten und Prozesse.
Wir sind uns allerdings bewusst, dass grosse Dienstleister vermehrt Konkurrenten sind und auch im KMU-Segment fischen wollen. Wir werden daher die Situation sehr genau beobachten.
Mal ganz generell: Wie sehen Sie das Marktumfeld? Wann geht es wieder aufwärts?
Im ersten Halbjahr 2010 dürfte es noch schwierig bleiben. Danach tendiere ich jedoch dazu zu sagen, dass das Geschäft ab Sommer 2010 wieder anziehen wird. Schliesslich gibt es Projekte, die man irgendwann nicht mehr verzögern kann.
Gehören zu diesen Projekten auch Windows-7-Rollouts?
Ganz klar. Dabei geht es nicht nur um die Clients. Und diese werden nicht sofort implementiert. All die Projekte, über die man zur Zeit liest, sind etwas übertrieben. Meist handelt es sich um isolierte Pilotinstallationen. Die grosse Umstiegswelle wird Mitte nächsten Jahres antehen.
Daneben brauchen gewisse Windows-7-Strukturen als Backend Windows Server 2008 R2. Auch hier sehen wir für uns ein grosses Betätigungsfeld. Dies dürfte meines Erachtens ebenfalls nach Mitte 2010 der Fall sein, auch wenn ich nicht phantastisch hohe Wachtums- und Auftragszahlen voraussehe.
Schliesslich werden wir klar unsere Kunden im Zusammenhang mit Windows-7-Projekten ebenfalls darauf ansprechen, ob nicht auch eine Client-Virtualisierung möglich wäre, also das sie nicht mehr auf die fetten Rechner setzen, sondern eine schlankere Option (Thin Client-Blade-Kombinationen) zu wählen.



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