Die wahren Gründe 11.10.2023, 10:45 Uhr

Das Oppo-«Aus» in der Schweiz

So erfolgreich wie der Start vor vier Jahren verlief, so schnell wurden die Bordsteine bei Oppo wieder hochgeklappt. Der Handy-Hersteller zieht einen Schlussstrich unter sein Schweiz-Geschäft und schliesst seine Tore. Computerworld analysiert, warum es dazu kam.
(Quelle: CWC)
Zum Stand der Dinge: Yang Technology AG, der exklusive Vertriebspartner von Oppo, zieht sich aus wirtschaftlichen Gründen aus dem hiesigen Markt zurück. Nur vier Jahre, nachdem Oppo in der Schweiz gestartet ist. Wie unter anderem androidblog.ch berichtet, «aus wirtschaftlichen Gründen und trotz intensiver Bemühungen». Und dies per sofort.

Computerworld analysiert die Lage

Wie geht denn das bitteschön zusammen: Ein Handy-Unternehmen, das ein mehrstelliges Millionenbudget als Hauptsponsor der aktuellen Champions League hinblättert, zieht sich wegen «wirtschaftlicher Gründe» aus dem Schweizer Markt zurück.
Autsch! Das Champions-League-Sponsoring war Oppo mehrere Millionen Franken wert.
Quelle: Oppo
Eigentlich geht das gar nicht zusammen. Dazu muss man allerdings auch wissen, dass Oppo den Zweijahresvertrag damals abschloss, als die Geschäfte für den aufstrebenden, chinesischen Handy-Hersteller gut liefen und die Welt in Europa noch in Ordnung war. Doch nun sieht alles ganz anders aus: Wir wagen mal die kühne Prognose, dass aus der jetzigen Perspektive heraus solch ein Vertrag wohl eher nicht mehr zustande kommen würde.
Das alles hilft aber nichts: Summa summarum sind es nun 12 Personen, die nach dem Aus der Schweizer Oppo-Niederlassung ihren Job verlieren. Computerworld versucht in der folgenden Analyse, die Gründe für den Oppo-Rückzug zu rekonstruieren: Wir versuchen herauszufinden, warum es zum Oppo-Rückzug aus der Schweiz kam. Und das trotz innovativer Produkte und der Tatsache, dass das Unternehmen noch im Februar 2023 das spannende Falt-Handy «Find N2 Flip» lancierte.  

Ein Nadelstich zu viel

Stv. Chefredaktor, Daniel Bader
Quelle: PCtipp
Letztlich kommen wir zu der Schlussfolgerung, dass es eben nicht den einen Grund für den Rückzug aus der Schweiz gibt. Vielmehr sind wir der Auffassung, dass es mehrere Dinge und die damit einhergehenden, nicht zu bewältigenden Probleme gewesen sind, die für das «Schweiz-Aus» von Oppo gesorgt haben: Ein stark schwächelnder Markt, die fortlaufend köchelnde Chinaproblematik und das veränderte Kaufverhalten der Anwender sind wohl oder übel in ihrer Summe zu viel gewesen, sodass der bekannte «eine Tropfen» das Fass zum Überlaufen brachte. Aber der Reihe nach.
Der Markt schwächelt: Der Smartphone-Markt lahmt. Das weltweit und eben auch in der Schweiz. Laut den Marktforschern von IDC wird der Handy-Markt kleiner. Er schrumpft um 3,2 Prozent und damit in einem schnelleren Tempo, als noch vor einigen Monaten prognostiziert. Und zu allem Übel soll die Flaute aufgrund schlechter Konjunkturerwartungen auch noch anhalten. Erst Mitte 2024 soll eine Konjunkturerholung für ein Plus von 6 Prozent sorgen. Sicher ist das aber keinesfalls. Damit ist klar: Das Geschäft wird für die Smartphone-Hersteller zunehmend schwieriger. Die Zukunftsperspektiven sind ungewiss.
Mitbewerber legen zu, der Druck wird grösser: Im Gegensatz dazu zeigt die Studie auch, dass die beiden grossen Hersteller, sprich Apple und Samsung, ihre jeweiligen Marktpositionen festigen oder sogar ausbauen konnten. Konkret: Apple wuchs um 2,2 Prozent, Samsung, auf Platz eins, verlor lediglich 1,2 Prozent, was unterm Strich wohl zu verschmerzen ist. Denn während Xiaomi 18 Prozent verlor, büsste Oppo sogar 27 Prozent ein. Und das tut weh. Und noch etwas bahnt sich im Smartphone-Markt an: Da der Apple-Druck zunehmend grösser wird, will auch Samsung Dampf vom Kessel nehmen, indem das südkoreanische Unternehmen nichts anderes als einen Strategiewechsel plant. So sollen demnächst Mittelklassemodelle spürbar aufgewertet werden, womit man wiederum Apples iPhones mehr Paroli bieten kann.
China-Problematik: Dann sind sicherlich auch die ganzen China-Diskussionen um die Gewährleistung der Sicherheit/des Datenschutzes chinesischer Handys sowie mögliche Sanktionierungen nicht förderlich. Wir denken, dass dies Oppo ebenso belastet, wobei die Vorzeichen vor nicht allzu langer Zeit eigentlich gar nicht so schlecht standen. Drehen wir dazu die Zeit ein wenig zurück: Nach den von den USA auferlegten Sanktionen (Aussperren der Google-Dienste vom Handy) gegenüber Huawei dürften Hersteller der zweiten Garde (wozu auch damals Oppo zählte) durchaus profitiert haben. Doch dieser Effekt dürfte wohl nun auch verpufft sein. Im Gegenteil: Viele Anwender greifen zu Apple- und Samsung-Smartphones, wenden sich also eher lang etablierten, aus Sicht des Anwenders, sicheren Brands zu.
Rechtsstreitigkeiten lassen Oppo austrocknen: Und dann wären noch die Patentstreitigkeiten mit Nokia. Hier hat man seit August 2022 mit Klagen vom finnischen Handy-Pionier zu kämpfen, die bis heute einen Verkaufsstopp von Oppo-Handys in Deutschland erwirkt haben. Und: Eine Gegenklage von Oppo wurde per Gerichtsbeschluss erst im Juli dieses Jahres von einem deutschen Gericht aus Mannheim ohne Erfolg abgewiesen.

Reissleine gezogen  

Welcher dieser Gründe letztlich für die Abkehr vom Schweizer Markt ausschlaggebend war, ist schwierig zu benennen. Jeder für sich allein hätte schon genügend Sprengkraft. In ihrer Summe dürften sie wohl aber eine Lawine im Headquarter von Oppo losgetreten haben, die einfach nicht mehr aufzuhalten war. Schade drum! Aus technologischer Sicht verschwindet ein ambitionierter und innovativer Smartphone-Brand aus der Schweiz.


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