Konjunktur ist auf Erholungskurs

Inflation dämpft Konsum

Der private Konsum verzeichnete laut den ETH-Konjunkturforschern 2022 ein kräftiges Wachstum. Dies war massgeblich auf die Nachholeffekte aus der Corona-Krise sowie die positive Entwicklung von Beschäftigung und verfügbarem Einkommen zurückzuführen. Allerdings wurde die Erholung durch die hohe Inflation und dadurch entstandene Reallohnverluste gedämpft. Während der Absatz vieler Produktgruppen ihr Vorkrisenniveau bereits im zweiten Quartal 2022 erreichten, gab es immer noch einige, die sich nicht vollständig erholen konnten. Insbesondere die Produktgruppen Verkehr sowie Restaurants und Hotels waren betroffen. Die KOF erwartet für das Jahr 2023 ein jährliches Wachstum des realen privaten Konsums, das dem Durchschnitt der vergangenen Jahre entspricht. Aufgrund der prognostizierten Inflation werden die realen Ausgaben jedoch voraussichtlich geringer wachsen als die nominalen Ausgaben, die ähnlich wie vor der Pandemie steigen werden. Für das Jahr 2024 wird aufgrund des Auslaufens der pandemiebedingten Aufholeffekte und des teuerungsbedingten Kaufkraftverlusts ein unterdurchschnittliches Wachstum erwartet.
Inflation Schweiz, Euroraum, USA
Quelle: KOF
Beim öffentlichen Konsum kam es im ersten Halbjahr 2022 zu einem Rückgang, trotzdem schloss der Bundeshaushalt das Jahr 2022 mit einem Defizit ab, insbesondere bedingt durch geringere Einnahmen und weiterhin hohe ausserordentliche Corona-Ausgaben sowie geringeren Einnahmen aus der Verrechnungssteuer. Für 2023 ­erwartet die KOF einen weiteren Abbau des Staats­konsums, während er im Jahr 2024 stagnieren dürfte.

Chemie und Pharma als Stütze

Auf der Produktionsseite verzeichnete das verarbeitende Gewerbe 2022 aufgrund der globalen Konjunktur-Eintrübung einen schwachen Verlauf, so die KOF. Darüber hinaus hatte das Baugewerbe ein sehr schwaches Jahr 2022 mit einem starken Rückgang in der Wertschöpfung. Die Wertschöpfung der Finanz- und Versicherungsdienstleister sank 2022 kontinuierlich, wenn auch von einem sehr hohen Niveau aus. Im Detailhandel hat sich die Bruttowertschöpfung im Jahr 2022 wieder normalisiert.
“Für 2024 erwartet die KOF ein unterdurchschnittliches Wachstum des privaten Konsums„
Daniel Thüler
In den nächsten Quartalen dürfte das verarbeitende Gewerbe dank des Teilbereichs Chemie und Pharma wachsen, während sich der Rest des Abschnitts eher seitwärts bewegen wird. Die Bruttowertschöpfung im Baugewerbe wird sich voraussichtlich ebenfalls erhöhen und auch die Finanz- und Versicherungsdienstleister dürften ihre Wertschöpfung im aktuellen und im kommenden Jahr steigern. Der Detailhandel kann von einer soliden Entwicklung des privaten Konsums profitieren, wird aber in den nächsten beiden Jahren weniger Impulse erhalten.

Robustes Investitionsverhalten

Die jüngsten Daten zum Investitionsverhalten der Schweizer Unternehmen zeigen laut KOF eine überraschend robuste Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen im vierten Quartal 2022. Auch 2022 sind die Investitionen trotz schwieriger Investitionsbedingungen, wie etwa steigende Zinsen, höhere Energiekosten und geopolitische Unsicherheiten, im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im ersten Halbjahr 2023 sorgen eine schlechte Ertragslage in der Industrie sowie eine erhöhte Unsicherheit für eine Seitwärtsbewegung der Ausrüstungsinvestitionen. Für 2024 erwartet die KOF eine Aufhellung des Investitionsklimas. Hierauf deuten Indikatoren wie beispielsweise eine positive Entwicklung der Ertragslage in fast allen Sektoren und eine leicht gestiegene Kreditnachfrage hin.

Höhere Teuerung

Die Teuerung ist im ersten Quartal dieses Jahres etwas höher als erwartet ausgefallen, vor allem wegen überraschender Preisanstiege bei den Dienstleistungen, insbesondere in den Bereichen Luftverkehr und Pauschalreisen. Im Jahresverlauf sollte die Inflationsrate wegen des Auslaufens von Basiseffekten bei den Energiepreisen zuerst sinken und dann im vierten Quartal wieder ansteigen, wenn sich die Effekte des Anstiegs des hypothekarischen Referenzzinssatzes in der Inflationsmessung niederschlagen. Dieser Anstieg, zusammen mit der weiterhin hohen Nachfrage bei knappem Angebot, wird laut der KOF für einen deutlich überdurchschnittlichen Anstieg der Mieten im Prognosezeitraum sorgen.
Insgesamt geht die KOF von einer durchschnittlichen Jahresteuerung von 2,6 Prozent im aktuellen Jahr und 1,5 Prozent im nächsten Jahr aus. Dies ist eine deutliche Aufwärtsrevision gegenüber der Winterprognose. Der Hauptgrund sind die höher als erwarteten Preise für Dienstleistungen. Zudem geht die KOF derzeit von einem früheren Anstieg des hypothekarischen Referenzzinssatzes aus. Da die Teuerung weiterhin nicht in dem Bereich liegt, den die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit Preisstabilität gleichsetzt, erwartet die KOF, dass die SNB den Leitzins im weiteren Jahresverlauf von jetzt 1 Prozent in mehreren Schritten auf 2 Prozent anheben und ihn dort bis zum Ende des Prognosehorizonts belassen wird. Zudem wird sie sicherstellen, dass der Franken nicht zu deutlich an Wert verliert, um weiterhin die importierte Teuerung zu dämpfen. Die für längerfristige Gleichgewichtsbetrachtungen wichtige Produktionslücke dürfte im Prognosezeitraum 2023 bis 2024 bei knapp 0,4 Prozent zu liegen kommen und damit nur halb so gross ausfallen wie 2022.
Veränderung der Konsumentenpreise
Quelle: KOF
Laut SECO dürfte die Inflation in der Schweiz etwas langsamer zurückgehen als noch im Dezember erwartet. Die Anhebung der Stromtarife auf Januar habe die Inflation wie erwartet um 0,5 Prozentpunkte erhöht. Hingegen seien andere Preise stärker gestiegen als erwartet (unter anderem jene der verarbeiteten Nahrungsmittel). In der Summe dürfte die Inflation moderat auf 2,4 Prozent im Jahr 2023 zurückgehen (Prognose von Dezember: 2,2 Prozent). Trotz der vorgesehenen Erhöhung der Mehrwertsteuer dürfte sie 2024 mit 1,5 Prozent (unveränderte Prognose) wieder in den Bereich der Preisstabilität zurückkehren. Insgesamt lägen die Inflationsraten in der Schweiz über den gesamten Prognosezeitraum deutlich unter jenen in anderen Industrieländern. Damit könne auch von einer moderateren Reaktion der Geldpolitik ausgegangen werden. Beides spreche dafür, dass die Schweiz im internationalen Vergleich etwas besser durch die kommenden Quartale kommen könnte.



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