18.12.2006, 09:26 Uhr
Microsoft räubert im Revier von Adobe
Mit der neuen, auf die grafische Oberfläche von Vista abgestimmten Entwickler-Suite «Expression» begibt sich Microsoft in der Domäne von Adobe Systems auf Beutezug.
Microsoft hat die Gangart im Kampf gegen Adobe verschärft. Am 4. Dezember gab der Software-Hersteller in Redmond die Freigabe seines Web-Entwicklungs-Tools «Expression Web» bekannt. Die auf die grafische Oberfläche von Vista abgestimmte Software wird wahlweise als Stand-Alone-Anwendung oder als Upgrade auf Microsofts «Frontpage» angeboten und nutzt offene Standards wie AJAX (Asynchronous Javascript and XML) und CSS (Cascading Style Sheets) ebenso wie die Microsoft-Entwicklung XAML (Extensible Application Markup Language), ein auf die Vista-Grafik optimierter XML-Dialekt.
Der neue HTML-Designer funktioniert mit allen gängigen Browsern, bietet Unterstützung für CSS, XML (Extensible Markup Language), XLST (Extensible Stylesheet Language Transformations) und ASP.Net 2.0 (Active Server Pages.NET). Zudem soll Expression Web die Welten von Programmierern und Designern zusammenführen, wozu es die wichtigsten Techniken von Frontpage und Visual Studio unter einer Designoberfläche zusammenfasst. So verfügen Oberflächen und Nutzerschnittstellen, die ein Designer mit Expression Web erstellt, bereits über grundlegende Funktionen. Der Programmierer muss anschliessend, verspricht Microsoft, nur noch die Business-Logik in die vorliegende Oberfläche einbauen - was er vorzugsweise natürlich mit Visual Studio erledigen soll.
Teil eines grösseren Ganzen
Expression Web ist, als Entwickler-Suite für die Gestaltung von Nutzerschnittstellen, der erste von insgesamt vier Bausteinen der für das zweite Quartal 2007 von Microsoft angekündigten, kompletten Entwicklerumgebung «Expression Studio». Zweiter Teil ist die speziell auf Windows abgestimmte Design-Software «Expression Blend» (bisher bekannt als Interactive Designer oder Sparkle), die schon als Beta-Download zur Verfügung steht und im zweiten Quartal 2007 als Endversion auf den Markt kommen wird. Drittes Element ist «Expression Design» (bisher bekannt als Graphic Designer oder Acrylic), ein Tool zur Gestaltung von Schaltflächen, Logos, Grafiken und Animationen.
Alle drei Bausteine sollen laut Microsoft auch einzeln angeboten werden. Als vierten Eckpfeiler bietet Microsoft «Expression Media» an, ein digitales Asset Management mit Katalogfunktion (ein Upgrade von I-View Media Pro).
Angriff über den Preis
Die Fülle von Funktionen, die Microsoft Expression Studio verspricht, dürfte bei Adobe Sorgenfalten hervorrufen. Dies umso mehr, als Microsoft bei der Preisgestaltung aggressiv zu Werke geht. So soll Expression Web als Upgrade zu Frontpage 99 Dollar, als Stand-Alone-Anwendung 299 Dollar kosten. Damit ist es klar günstiger als Adobe Dreamweaver (399 Dollar). Expression Blend soll 299 Dollar, zusammen mit Visual Studio Standard 499 Dollar kosten. Das komplette Expression Studio, bei dem Expression Media inbegriffen sein wird, will Microsoft für 599 Dollar anbieten. Expression Media soll ab erstem Quartal 2007 auch als Einzelanwendung für 299 Dollar erhältlich sein.
Zusätzlich zu den vier Bausteinen von Expression Studio will Microsoft auch Adobes Flash Player konkurrenzieren, und zwar mit Windows Presentation Foundation/Everywhere (WPF/E), dessen Version 1.0 im ersten Halbjahr 2007 lanciert werden soll.
Jörg Rothweiler