Befähigen statt überfordern

Sieben kleine Dinge, die Führungskräfte sofort tun können

Bei jeder Interaktion mit dem Team können und sollten Führungskräfte beweisen, dass ihnen die «Befähigung der Mitarbeiter» wirklich am Herzen liegt – beispielsweise mit folgenden sieben kleinen Anregungen:
  1. Hören Sie Ihrem Team zu und machen Sie es zum Teil der Lösung: Geben Sie regelmässig Feedback und zeigen Sie den Mitarbeitern, dass Ihnen ihr Einfluss wichtig ist und dass Sie ihre Meinung schätzen. Aber Vorsicht: Eine zu hohe Taktzahl beim Feedback kann auch den Druck erhöhen und einen gegenteiligen Effekt erzielen. Die Kultur bei Amazon mit ständigem Feedback führte über einen bestimmten Zeitraum dazu, dass die Mitarbeiterzufriedenheit und die Produktivität negativ beeinflusst wurden. Ausserdem ist Feedback eben nur Feedback und kann demzufolge auch ignoriert oder nicht umgesetzt werden. Sie müssen also in jeder Hinsicht eigene Ideen loslassen können. Die Verantwortung ist und bleibt beim Team!
  2. Seien Sie sich bewusst, dass Ihre Emotionen Auswirkungen auf Ihr Team haben: Es kann sein, dass etwas schiefgeht – das ist ein natürlicher Bestandteil der Schaffung von etwas Neuem und Grossem. Angenommen, etwas klappt nicht wie geplant oder erwartet, bleiben Sie positiv und optimistisch – aber bitte nicht nur um des Optimismus willen. Ihre Emotionen und die Bedeutung, die Sie den Dingen beimessen, spiegeln wider, wie Ihr Team danach über die Dinge denkt. Trotzdem dürfen und sollen Sie natürlich auch sachlich analysieren, was schiefging. Wichtig aus Sicht der Führungskraft sind Fragen wie: «Wie hätte ich besser unterstützen können?» oder «Welche Einblicke – oder welche Skills – haben allenfalls gefehlt?» etc.
  3. Seien Sie dankbar und zeigen Sie Wertschätzung: Es ist nur ein kleines Wort, aber das kann einen grossen Unterschied machen: «Danke». Wenn Sie Ihrem Team zeigen wollen, dass Sie ihm vertrauen und es wertschätzen, sagen Sie Danke. Im Idealfall mit einer kurzen Begründung, wofür Sie sich bedanken – je spezifischer, desto besser. Übrigens ist ein «Danke» manchmal gerade dann angebracht, wenn etwas schiefgegangen ist. Solange Ihr Team etwas daraus gelernt hat. Zeigen Sie jedem Mitarbeiter, dass Sie den individuellen Beitrag anerkennen. Dies wird langfristig dazu beitragen, Vertrauen aufzubauen, weil die Menschen sehen und spüren, dass sie Teil von etwas sind.
  4. Unterstützen Sie Ihr Team dabei, seine Leidenschaft zu finden: Jeder Mensch hat Stärken und wenn er oder sie sich dieser Stärken bewusst ist und bereit ist, sie zu entfalten, unterstützen Sie ihn oder sie ­dabei, sich zugehörig und erfolgreich zu fühlen. Unterstützen Sie Ihr Team dabei, seine individuellen Stärken zu erkunden, und geben Sie ihm am Arbeitsplatz die Möglichkeit, sie zu nutzen. Dies wird die Motivation steigern und das Wohlbefinden fördern.
  5. Seien Sie ein Vorbild für das Verhalten, das Sie in Ihrem Team sehen wollen: Es kommt darauf an, dass Sie es vorleben, also seien Sie ein lebendiges Vorbild für das Verhalten, das Sie von Ihrem Team erwarten.
  6. Geben Sie Ihrem Team Freiheiten und ermutigen Sie es, «seinen Weg» zu finden: Auch, wenn dieser Weg nicht Ihrem Weg oder Ihren Erfahrungen entspricht. Nur so entsteht Innovation! Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der immer mehr aus der Ferne, in virtuellen Teams, gearbeitet wird. Das ist eine grossartige Gelegenheit für Sie, Ihrem Team zu zeigen, dass Sie ihm vertrauen. Es kann frustrierend sein, nicht immer den Überblick zu haben, aber Mikromanagement ist das Gegenteil von Befähigung der Mitarbeiter. Zeigen Sie ihnen, dass Sie ihnen zutrauen, die Arbeit rechtzeitig zu erledigen, und dass sie sich an Sie wenden können, wenn sie nicht weiterkommen oder Hilfe brauchen.
  7. Schaffen Sie unterstützende Strukturen: Klarheit, Transparenz und Leitplanken helfen den Mitarbeitern, sich einen Überblick zu verschaffen, und unterstützen sie dabei, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Ein definierter Prozess, in dem ausdrücklich erklärt wird, wer wozu befugt ist, ist für die Menschen von grosser Bedeutung. Nicht wichtig ist hingegen ein Konsens über den Entscheidungsfindungsprozess an sich. Probieren Sie verschiedene Strukturen aus und finden Sie heraus, welche am besten zu Ihnen und Ihrem Team passen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Es ergibt gerade jetzt Sinn, den Review-Prozess zu überdenken und erste Schritte in Richtung agiles Performance-Management zu gehen. Auf klassische Leistungsbewertungen zu verzichten, sollte den Effekt erzielen, von «die Vergangenheit rechtfertigen» hin zu «über aktuelles Wachstum und zukünftige Entwicklung nachdenken» zu gelangen. Die Mitarbeiter sollten sich befähigt und bestärkt fühlen und die Führungskräfte mehr Zeit haben, um sich auf «Kultur» und die Verhaltensweisen sowie Werte zu fokussieren statt nur auf strategische Ziele. Pilotprojekte helfen, um experimentierfreudig zu werden und anstatt «überall auf einmal» zu sein, lieber gezielt vorwärtszukommen. Davon profitieren die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters und die Gesamt-Performance des Unternehmens.
Der Autor
Timm Urschinger
ist Mitgründer und CEO von LIVEsciences, einem Berater-Team mit Sitz in Kaiseraugst, dessen Vision es ist, den Erfolg von Unternehmen und Organisationen zu katalysieren. www.livesciences.com
Dieser Artikel ist im Rahmen der «Top 500»-Sonderausgabe von Computerworld erschienen. Das Heft einschliesslich Ranking lässt sich aufdieser Seite bestellen.



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