Agil ist nicht immer performant

Das Drei-Ebenen-Trapezmodell

Auf Basis der MAS-Abschlussarbeit wird nun in Folge ein Modell vorgestellt, das konkrete Handlungsempfehlungen für die Rolle des Scrum Masters und Product Owners aufzeigt. Die Ableitung dieser Handlungsempfehlungen basiert auf Resultaten einer empirischen Datenerhebung von Interviews mit erfahrenen Scrum Masters und Product Owners. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden mit dem Stand der Forschung vernetzt und als Ergebnis werden in der oben stehenden Abbildung die sieben Handlungsempfehlungen als Trapezmodell dargestellt. Es empfiehlt sich, die Ebenen von unten beginnend anzugehen, da die Massnahmen aufeinander aufbauend und unterstützend gegliedert sind.
  • Psychologische Sicherheit: Der Scrum Master muss sicherstellen, dass die psychologische Sicherheit im Team verstanden, gemessen und erhöht wird. Für die Ausgangslage soll die Baseline der psychologischen Sicherheit im Team mit den sieben Fragen von Edmondson (1999) eruiert werden. Zusätzlich wird ein psychologisches Sicherheitstraining empfohlen, wie etwa der von der BFH und der ZHAW entwickelte Ansatz (Kobe & Goller, 2022). Dabei ­absolviert das Team jede Woche eine Übung, die jeweils einen Zeitaufwand von rund 15 Minuten beansprucht.
  • Beziehungen im Team aufbauen (Kultur, Transparenz, Offenheit): Um die soziale Bindung weitgehend zu fördern, werden ausserberufliche Kontaktpunkte geboten. Nebst dem Ziel, mindestens zwei Tage vor Ort zusammenzuarbeiten, werden weitere soziale Massnahmen getroffen, wie zum Beispiel Apéros, Events, gemeinsames Mittag- oder Abendessen.
  • Zusammensetzung des Teams: Teams verändern sich laufend. Daher wird zweimal jährlich die Zusammensetzung eines Teams kritisch hinterfragt. Dabei werden nicht nur die Zusammensetzung und Grösse eines Teams geprüft, sondern auch Teamregeln, Prozesse und die Reife beleuchtet. Wenn nötig werden daraus Massnahmen abgeleitet, die im nächsten Checkpoint überprüft werden.
  • Coaching und Mentoring von Scrum Master & Product Owner: Die beiden Rollen Scrum Master und Product Owner werden teamübergreifend gecoacht und ausgebildet. So wird die kontinuierliche Entwicklung dieser Rollen sichergestellt und zugleich Zugang zu wertvollem interpersonellem Austausch ermöglicht. Idealerweise geschieht dies durch gezieltes Coaching und durch Shadowing vom Mentor oder von anderen gut ausgebildeten Leadern, die in der Transformation zu einem High Performance Team bereits fortgeschrittener sind.
  • Feedback-Kultur – weg von jährlichem hin zu kontinuierlichem Feedback: Primär der Scrum Master baut eine Feedback-Kultur auf, in der Rückmeldungen zeitnah und fortlaufend gegeben und eingeholt werden. In einem ersten Schritt findet mindestens quartalsweise eine Feedback-Session im Team statt. So wird ermöglicht, dass alle Mitglieder allen anderen Mitgliedern Rückmeldungen geben können, die vom Jahresendprozess und allenfalls monetären Auswirkungen entkoppelt sind.
    Das Langzeitziel ist dabei, dass die Maturität signifikant ansteigt, weil konstruktives Feedback bilateral und sofort erfolgt.
  • Retrospektive auf nächstes Level bringen: Die Retrospektive ist für die kontinuierliche Verbesserung eines Teams der zentrale Erfolgsfaktor. Jeder Scrum Master begleitet dreimal pro Jahr bei einem anderen Team eine Retrospektive im Shadowing. Dabei wird nur die Methodik dieser Zeremonie beleuchtet und nicht deren Inhalt. Da eine für das Team fremde Person die psychologische Sicherheit schwächen kann (die für die Retrospektive von zentraler Bedeutung ist), werden nicht mehr als drei Shadowings pro Jahr durchgeführt.
  • Messen – zusammen definieren, welche Metriken gemessen werden und wieso: Der Scrum Master und der Product Owner legen gemeinsam mit dem Team die verschiedenen Metriken fest und definieren zugleich, über welchen Zeitraum und in welchem Intervall diese gemeinsam analysiert werden. Es wird sichergestellt, dass diese Metriken verständlich und transparent sowie für alle im Team zugänglich gemacht sind. Dazu kann für die Erstellung der Metriken aus einer der folgenden Ausgangslagen gewählt werden:
  • Ein Team will ein gewisses Ziel erreichen. Dazu soll definiert werden, welchen Wert eine bestimmte Metrik erreichen oder nicht überschreiten soll.
  • Ein aktuelles Problem ist der Auslöser für die Messung einer Metrik. Hat ein Team ein Problem zu lösen, so soll eine Metrik zu Hilfe genommen werden, um den Fortschritt der Problemlösung zu messen.
Das Drei-Ebenen-Trapezmodell enthält Hand­lungs­empfeh­lungen für Scrum Masters und Product Owners.
Quelle: ZHAW
Beispiele für Metriken können sein: Velocity, Spillover, fachliche Fähigkeiten, psychologische Sicherheit, Überstunden, erreichter Business-Value, Anzahl Störungen (Bug, Incident), Aufwände CAPEX versus OPEX, Anzahl nicht produktiver Stunden und weitere. Dabei soll die Qualität gegenüber der Quantität im Vordergrund stehen.



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