Künstliche Intelligenz in der Schweiz 12.06.2023, 06:15 Uhr

KI ist auf dem Vormarsch

In der Schweizer Wirtschaft wird KI immer häufiger eingesetzt, um Prozesse zu automatisieren, Daten zu analysieren und intelligente Systeme zu entwickeln. Computerworld zeigt Beispiele auf und erklärt, welche Stärken und Schwächen die Schweiz in Sachen KI hat.
Die Schweiz gehört zwar nicht zu den Spitzen­reitern, spielt aber trotzdem eine wichtige Rolle in der KI-Forschung und -Entwicklung
(Quelle: Shutterstock/sdecoret)
Künstliche Intelligenz (KI; in diesem Artikel inklusive maschinelles Lernen ML) hat in den letzten Jahren in der Schweiz stark an Bedeutung gewonnen, längst vor dem aktuellen Hype um ChatGPT. Dieser dürfte den KI-Trend jedoch noch weiter beschleunigen, einerseits weil ChatGPT die KI auf einfache Weise für alle verfügbar und verständlicher macht, andererseits weil der fortschrittliche Chatbot aufgrund seiner Fähigkeit, menschenähnliche Texte zu generieren und eine Vielzahl von Aufgaben auszuführen, zahlreiche nützliche Anwendungen erlaubt, sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Bereich.

Nicht an der Weltspitze bei KI …

Auch die Schweiz, die in vielen Bereichen der Wissenschaft und Technologie führend ist, hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in der KI-Forschung und -Entwicklung gemacht. Es gibt jedoch mehrere Gründe, warum die Schweiz nicht ganz zuoberst im KI-Länderranking steht.
  • Kleiner Markt: Die Schweiz hat im Vergleich zu anderen Ländern eine relativ kleine Bevölkerung und Wirtschaft, was bedeutet, dass sie nicht über die gleichen Ressourcen und den gleichen Markt verfügt wie grössere Länder.
  • Weniger KI-Start-ups: Im Vergleich zu anderen führenden Ländern im Bereich der KI hat die Schweiz weniger Start-ups im Bereich der KI-Entwicklung. Start-ups spielen eine wichtige Rolle bei der Einführung neuer Technologien und der Förderung von Innovationen.
  • Geringere Investitionen: Die Schweiz investiert weniger in die KI-Forschung und -Entwicklung als andere führende Länder. Investitionen sind jedoch entscheidend für die Entwicklung neuer Technologien und die För­derung von Innovationen.

… aber sehr gut dabei

Es ist aber wichtig zu betonen, dass die Schweiz trotz dieser Faktoren eine sehr wichtige Rolle in der KI-Forschung und -Entwicklung spielt und über eine wachsende KI-Industrie verfügt. Das hängt insbesondere mit ihrer generellen Stärke zusammen, wissenschaftliche Forschung mit der praktischen Anwendung verknüpfen zu können. Das ist auf folgende Umstände zurückzuführen:
  1. Hochqualifizierte Arbeitskräfte: Die Schweiz hat eine lange Tradition in der Ausbildung von Fachkräften im Bereich der Wissenschaft und Technologie. Universitäre Hochschulen wie beispielsweise die ETH Zürich oder die École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) sowie verschiedene Fachhochschulen bieten Studiengänge in Informatik, Mathematik und anderen relevanten Bereichen an. Dies hat dazu beigetragen, dass die Schweiz eine vergleichsweise grosse Anzahl von hochqualifizierten Arbeitskräften hat, die in der Lage sind, komplexe Probleme im Bereich der KI zu lösen.
  2. Starke Forschungsgemeinschaft: Die Schweiz verfügt über eine starke Forschungsgemeinschaft im Bereich der KI. Die Schweizer Hochschulen und Fachhochschulen haben diese als wichtiges Thema erkannt, noch lange bevor es auf der nationalen Agenda erschien. Beispiele sind renommierte Forschungsstätten wie etwa das Istituto Dalle Molle di Studi sull’Intelligenza Artificiale (IDSIA) in Lugano, ein gemeinsames Forschungs­institut der Università della Svizzera Italiana und der Fachhochschule der Südschweiz, oder das halbprivate Idiap Research Institute in Martigny, das der EPFL und der Université de Genève angegliedert ist. Beide widmen sich seit Jahrzehnten in einem interdisziplinären Ansatz unterschiedlichen Forschungsthemen und Methoden, unterstützen den Technologietransfer und bieten Aus- und Weiterbildungen an. Die ETH Zürich und die EPFL betreiben seit Jahrzehnten international führende Grundlagenforschung in den Bereichen ML, Machine Perception sowie Robotik und beteiligen sich an internationalen Netzwerken wie dem ETH-Max-Planck-Center for Learning Systems. 2017 haben die ETH Zürich und die EPFL ein gemeinsames Swiss Data Science Center (SDSC) gegründet, um neue Durchbrüche an der Schnittstelle von KI-Methoden und datenreichen Anwendungen zu ermöglichen und zu katalysieren; dies in Wissenschaftsbereichen wie personalisierte Gesundheit, Umwelt und anderen. Ebenso haben mehrere Fachhochschulen Initiativen im Bereich Datenwissenschaften lanciert. Nennenswert sind zudem private Projekte wie die Swiss Group of Artificial Intelligence and Cognitive Science (SGAICO). Die jeweiligen Netzwerke vereinen Forschende, Anwenderinnen und Anwender sowie allgemein Interessierte im Bereich KI und Datenwissenschaften, was zur Wissensvermittlung, Vertrauensförderung und Interdisziplinarität beiträgt.
  3. Investitionen der öffentlichen Hand: Der Bund hat in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in den KI-Bereich getätigt. Der Bundesrat hat angekündigt, in den nächsten Jahren mehr als eine Milliarde Schweizer Franken in die Förderung von KI-Technologien zu investieren. Diese Gelder werden für Forschungsprojekte, Innovationsprogramme und die Gründung von KI-Start-ups verwendet. Der Schweizerische Nationalfonds wiederum hat mehrere nationale Forschungsprogramme gestartet, die sich auf KI und ML konzentrieren. Diese Programme sollen die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft fördern und die Entwicklung von KI-Technologien in der Schweiz vorantreiben. Auch private Investoren haben erhebliche Summen in den Bereich der KI investiert.
  4. Innovationsfreudigkeit: Die Schweiz hat eine Kultur, die Innovation und Unternehmertum fördert. Gleichzeitig ist sie in bestimmten Branchen sehr spezialisiert, wie beispielsweise im Bereich der Banken und Finanzen, Biotechnologie, Chemie-, Pharma- und Uhren­industrie sowie zunehmend auch in der Software-Entwicklung. Diese Branchen setzen vermehrt auf KI-Technologien und bieten somit ein ideales Umfeld für KI-Start-ups.
  5. Geografische Situation: Die Schweiz ist ein wichtiger Knotenpunkt für Wirtschaft und Handel in Europa, zudem gilt sie als politisch und wirtschaftlich sehr stabil. Dies hat dazu beigetragen, dass viele internationale Unternehmen und Organisationen in der Schweiz ansässig sind. Deren Nähe zu den Forschungsinstitutionen und die zentrale Lage in Europa haben dazu beigetragen, dass die Schweiz ein wichtiger Standort für die Entwicklung und Implementierung von KI-Technologien geworden ist.
Nutzung von KI und ML in Schweizer Unternehmen 
Quelle: IDC/ICT Analytics
Dafür, dass die KI in der Schweizer Wirtschaft bereits vielerorts erfolgreich angewandt wird, gibt es zahlreiche Beispiele. Hier sind einige davon:



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