06.10.2005, 20:13 Uhr

Ein Weg aus dem Dschungel

Oft übersteigt die Zahl der Projektinitiativen in der Unternehmenspraxis das personell und finanziell Machbare signifikant. Ein systematisches Projektportfolio-Management kann Abhilfe schaffen.
Projekte sind inzwischen das vorrangige Instrument von Unternehmen, um sich an neue Umweltbedingungen anzupassen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl der Projektinitiativen und
-anträge in der Unternehmenspraxis das personell und finanziell Machbare in der Regel signifikant übersteigt. Der Unternehmensleitung fällt die Aufgabe zu, das Gesamtportfolio richtig zu steuern. Angesichts der zunehmenden Komplexität wird es -dabei zunehmend schwieriger, die Projekt-anträge nach sachlich begründeten Kriterien und in nachvollziehbarer Form zu priorisieren. Auch die Überprüfung bereits getroffener Entscheidungen vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen fällt oft nicht leicht. Diese Probleme können durch die Einführung eines systematischen Projektportfolio-Managements auf der Basis einiger bewährter Methoden mit überschaubarem Aufwand behoben werden.
In allen Branchen ist ein stetig steigender Kostendruck zu verzeichnen. Die Unternehmen müssen ihre Kräfte bündeln und ihre Entscheidungsaktivitäten kritisch hinterfragen. Gründe hierfür sind der enorme
Preiswettbewerb, das abnehmende Wirtschaftswachstum und die schwachen Kapitalmärkte. Systematische und strategie-orientierte Portfolioplanung ermöglicht den Unternehmen, notwendige und wirtschaftliche Ziele zu identifizieren und ein kostenoptimiertes Projektportfolio aufzustellen. Gegenüber der herkömmlichen Projektplanungsmethode können durch Portfolioplanung die Kräfte auf wenige Projekte gebündelt werden. Diese erhalten dadurch eine höhere Stabilität und Performance. Das Ergebnis einer systematischen und strategie-orientierten Portfolioplanung, die auch kosten-optimiert ist, kann man in das Schlagwort fassen: Weniger ist mehr.
Abgrenzung

Wesentliches Ziel des Projektportfolio-Managements ist es, die richtigen Projekte zu finden beziehungsweise auszuwählen. Diese Projekte bilden dann das Projektportfolio. Somit zielt das Projektportfolio-Management vor allem auf eine höhere Effektivität der Projektwirtschaft, während beim Projektmanagement im Allgemeinen vor allem die effiziente Umsetzung von Projekten im Vordergrund steht.
Während das Projektmanagement von Einzelprojekten oder Programmen mit dem Abschluss der Projekte endet (Lebenswegorientierung), handelt es sich beim Projektportfolio-Management um eine permanente Aufgabe, die zyklisch wiederholt wird.
Der Begriff Projektportfolio-Management ersetzt zunehmend den gleichbedeutenden Begriff Multiprojekt-Management. Dieser Begriffswandel verdeutlicht zugleich eine Verschiebung in der Schwerpunkt-setzung hin zur Betrachtung von Projekten als Geschäftsbereiche bzw. Produkte des Unternehmens. Eine Abgrenzung zwischen den Begriffen Projektportfolio-Management, Multiprojekt-Management, Programm-Management, strategisches Projektmanagement und Mehrprojekttechnik ist derzeit nicht sinnvoll möglich, lediglich tendenzielle Schwerpunktsetzungen können festgestellt werden.
Projektportfoliomanagement hat in der aktuellen Verwendung folgende Aufgaben:
o Bewertung von Projektanträgen nach Chancen, Risiken und strategischer Bedeutung für das Unternehmen
o Analyse von Abhängigkeiten zwischen geplanten und laufenden Projekten
o Priorisierung von Projektanträgen auf Basis dieser Bewertungen und Analysen
o Genehmigung oder Ablehnung von Projektanträgen
o Überwachung der laufenden Projekte (Multiprojekt-Controlling)
o Koordination zwischen den laufenden Projekten hinsichtlich Ressourcen, Synergien und Konflikten
o Laufende Überprüfung des Projektportfolios hinsichtlich seiner Ausrichtung auf das Unternehmensziel
o Abschliessende Bewertung von beendeten Projekten
o Sicherung der Erfahrungswerte aus laufenden und abgeschlossenen Projekten
o Definition von Vorgaben für neue Projekte
o Initiierung neuer Projekte
Ziel des Projektportfolio-Managements ist es, aus Sicht der Unternehmensführung «die richtigen Projekte zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Umfeld» durchzuführen. Es gewichtet daher den Return on Invest am stärksten. Multiprojektmanagement ist dem zwar gleichbedeutend, betrachtet diese Aufgabe jedoch mehr aus Projektsicht und bewertet den individuellen Projekterfolg stärker.
Das Programm-Management legt den Schwerpunkt hingegen auf die thematische Ausrichtung der Projekte und die Unterstützung möglicher Synergien.



Strategisches Projektmanagement betont weniger den Aspekt der vielen, gleichzeitigen Projekte und kann im Extremfall auch für ein einzelnes Projekt verwendet werden. Mehrprojekttechnik kann am deutlichsten abgegrenzt werden als die Summe aller Methoden, die zur Verwaltung mehrerer Projekte eingesetzt werden. Hierzu zählt beispielsweise die kapazitätstreue Terminplanung mit Engpassressourcen.
Das Management des Portfolios von Projekten wird in vollständig projektorientierten Unternehmen zum Portfoliomanagement des Unternehmens. In der Praxis kann das Management beziehungsweise die Projektekommission auf der Basis der so erarbeiteten Teilergebnisse leicht eine Abschlussbewertung vornehmen und eine Projektrangliste erstellen. Diese Rangliste ermöglicht zudem einen einfachen Abgleich der priorisierten Projekte gegen das verfügbare Gesamtprojektbudget. Sofern der gesamte Projektportfolio-Ansatz tool-unterstützt umgesetzt wird, lassen sich neue
Erkenntnisse und veränderte Bewertungsparameter unmittelbar in eine veränderte Priorisierung umsetzen. Angesichts der heute in Projekten gebundenen Finanz- und Personalressourcen sollte dieses Mass an Professionalität im Projektportfolio-Management nicht die Ausnahme bleiben, sondern zur Regel werden.

Change-Management

Die Verankerung eines professionellen Projektportfolio-Managements ist allerdings nicht nur eine Frage des fachlichen Know-hows, sondern auch des Change-Managements, so dass Akzeptanz und Engagement für die Umsetzung der definierten Prozesse gesichert ist, Projektportfoliomanagement also gelebt wird. Die enge Zusammenarbeit mit den Projektverantwortlichen von Beginn des Projektes an und eine hohe Gewichtung des Know-How-Transfers ist aus diesem Grund von entscheidender Bedeutung.
Das Management des Projektportfolios ist eine Managementaufgabe, die dann am besten erfüllt wird, wenn sie nahtlos in die Managementprozesse des Unternehmens integriert ist. Die Prinzipien und Instrumente des strategischen und operativen Controllings müssen also gleichermassen gelten und in gleicher Qualität angewendet werden, unabhängig davon, ob Aufgaben in der Linie oder in einem Projekt erfüllt werden. ProjektportfolioManagement ist daher mehr als eine einmalige Analyse und Systematisierung der Projektvielfalt zu einem Projektportfolio, es ist die Starthilfe für die Verankerung eines optimierten Geschäftsprozesses

Fazit

Durch das beschriebene Projektportfolio-Management können eine grosse Anzahl von Projekten professionell top-down gesteuert werden. Alle Programme und Einzelprojekte werden bewertet und priorisiert und bilden die Entscheidungsgrundlage für das Management. Projektportfolio-Management erlaubt dem Management, Budgets und Ressourcen optimal zu verteilen und zu steuern sowie Risikofaktoren frühzeitig entgegenzuwirken. Diese Methode erlaubt, alle Projekte und Programme zielbezogen und koordiniert durchzuführen, die Projekt-abbruchsraten zu senken, Doppelarbeiten zu vermeiden, Wissen zu transferieren und Synergieeffekte nutzbar zu machen. Unternehmen erreichen ein Maximum der Unternehmensziele bei kostenoptimiertem Einsatz ihrer Ressourcen.
Ernest Wallmüller, Ernest Wallmüller



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