Fachkräftemangel 26.03.2019, 17:11 Uhr

Entwicklerinnen und Developer gesucht

Kaum ein Wirtschaftsprozess kommt noch ohne IT aus, gute Software ist gefragt wie nie. Trotz des Fachkräftemangels finden IT-Dienstleister (noch) Auswege oder leisten es sich, auf Projekte zu verzichten. Die Knappheit verlangt jedoch zunehmend nach neuen Lösungen.
Die Software-Branche boomt. Verschiedene Studien warnen, dass der Wirtschaft in den nächsten Jahren Tausende Entwickler fehlen werden
(Quelle: Alex Brylov/Shutterstock)
Neue Geschäftsprozesse, technische Trends wie Cloud Computing, Internet of Things oder Machine Learning erfordern Software. Entsprechend steigen die Ausgaben für Applikationen. Die Marktforscher von Gartner prognostizieren für dieses Jahr weltweit 8,3 Prozent höhere Ausgaben gegenüber dem Vorjahr allein für Unternehmens-Software. Auch hierzulande steigt die Nachfrage und mit ihr der Bedarf an Entwicklern. Die Software-Branche boomt, sie sei ein Jobmotor für die Schweiz, sagte Andreas Kaelin, Geschäftsführer von ICTswitzerland, anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse der jüngsten Swiss Software Survey im Herbst letzten Jahres.
Doch der Fachkräftemarkt ist angespannt, die Jobmaschine stottert. Gemäss der Top-500-Umfrage aus dem Sommer 2018 von Computerworld sind offene Stellen in der Software-Entwicklung (inklusive Testing) am schwierigsten zu besetzen. Das könnte noch auf längere Sicht so bleiben. Die Studienautoren der Swiss Software Survey prognostizieren, dass die heimischen Software-Unternehmen planen, ihre Belegschaft massiv und mit zunehmendem Tempo auszubauen: letztes Jahr um 8,2 Prozent, dieses Jahr um 13,6 Prozent. Dies entspricht rund 20 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen für den Zeitraum 2018 bis 2019. Demzufolge dürften auch die Löhne steigen, da sich Coder ihre Arbeitsplätze zurzeit aussuchen können. Die Autoren der Swiss Software Survey stellen die These auf, dass dies die Margen für Software-Lösungen schmälern könnte.

Projekte über Ländergrenzen hinweg

Lohnkosten sind aber weniger das Problem. Ärgerlicher dürften entgangene Umsätze sein, da Hersteller zum Teil kein Personal mehr für zusätzliche Aufträge zur Verfügung haben. Der IT-Dienstleister T-Systems Schweiz bietet seinen Kunden Lösungen in mehreren Portfoliosparten: Outsourcing, bei T-Systems Managed Infrastructure genannt, Telekommunikations-Business, SAP und Security. Eine weitere Einheit sind die Digital Solutions. Die Mitarbeiter kümmern sich um Projekte wie Blockchain, IoT und In­dividualentwicklung. «Hier haben wir die meisten offenen Stellen, denn erfahrene Software-Entwickler sind am Markt schwer zu finden. Zurzeit sind in diesem Bereich 80 Personen tätig. Wir haben aber genügend Aufträge, um deutlich mehr Mitarbeitende zu beschäftigen», beschreibt T-Systems’ Managing Director Stefano Camuso die Situation.
Beim Innovationspartner Zühlke gibt es schweizweit aktuell 30 offene Stellen. «Vergangenes Jahr konnten wir nicht allen Kundenanfragen nachkommen. Wir mussten Prioritäten setzen und teilweise auch für uns spannende Projekte ablehnen, wodurch wir auch mögliche Umsätze verloren», sagt Ueli Kleeb, Managing Director Competence Center und Partner von Zühlke. Gesucht würden beispielsweise Fachleute mit DevOps-Hintergrund, mit Wissen in den Bereichen Data Analytics/Data Science und Machine Learning, um Infos aus grossen Datenmengen zu gewinnen. Immer gefragter werde Know-how bei der Entwicklung von Mobile-Applikationen aufgrund des Mobile-First-Ansatzes, den immer mehr Unternehmenskunden verfolgen. Ein Trend, der nach Asien und den USA schon zunehmend Einzug in Europas Märkte hält. Der Cloud-Boom führe zu weiteren Aufträgen. Hier müssten etwa Microservices zusammengeführt werden. Ein heisses Thema sei auch Augmented Reality (AR) für Unternehmenskunden. Hier entstünden neue Geschäftsmodelle wie AR im Service und Unterhalt von Maschinen oder in der Modewirtschaft.
“Wenn ein Expat ins Land kommt, bleibt der Job hier. Geht aber die Stelle ins Ausland, ist diese weg„
Ueli Kleeb, Zühlke
Zühlke setzt deshalb auf weltweit verteilte Standorte. Das Unternehmen beschäftigt Mitarbeiter in Serbien und Bulgarien, dem Vereinigten Königreich, Deutschland und Österreich, aber auch in Singapur und Hong Kong. Die Mitarbeiter können dann je nach Projekt länderübergreifend hinzugezogen werden. Erschwerend für Software-Anbieter seien auch die Folgen der Masseneinwanderungsinitia­tive. Kleeb versteht den Schutz der inländischen Arbeitsplätze. Aufgrund der Auflagen sei es aber schwieriger, ausländische Fachkräfte ins Land zu holen. Also setzen Hersteller wie Zühlke auf Filialen im Ausland. Eine Entwicklung, die Kleeb mit gemischten Gefühlen betrachtet: «Wenn wir Expats ins Land holen, bleiben die Stellen hier. Auch nachdem die ausländischen Fachkräfte wieder gegangen sind. Wenn stattdessen die Stelle ins Ausland geht, ist diese weg.»

Kunden bevorzugen lokale Ansprechpartner

Nicht alle Unternehmer setzen auf Near- respektive Offshoring. So etwa Thomas Wüst von ti&m. Er verzichtet bewusst auf die Möglichkeit und sieht zudem organisatorische Hürden: «Zu unseren Mehrwerten zählen auch eine kurze Time-to-Market und die Agilität. Das lässt sich aber nur vor Ort realisieren. Wer remote, also über Near- und Offshoring agil arbeiten will, hat meiner Meinung nach agiles Arbeiten nicht verstanden.» Camuso von T-Systems verweist darauf, dass die Sprache in der neuen digitalen Arbeitswelt an Bedeutung gewinne. Früher sei es in Wasserfall-Projekten noch einfach gewesen, die Entwickler zu briefen. Ihnen wurde einmal der Auftrag erteilt und dann konnten sie loslegen. In agilen Projekten werde hingegen permanent diskutiert. Die Sprache und die geografische Nähe seien daher Fak­toren, die zum Teil bei Kunden eine wichtige Rolle spielten. «Wir haben noch viele Kunden, die deutschsprachige Ansprechpartner bevorzugen», konstatiert Camuso.
Bei Zühlke organisiert man die Projektarbeiten dem Wunsch der Kunden entsprechend. Man weise diese darauf hin, dass man verteilt entwickelt, erklärt Kleeb. Zudem betreuten auch Schweizer Ansprechpartner die Abläufe. Der Ansatz sei aber nicht vergleichbar mit dem klassischer Offshoring-Anbieter. «Unsere Valueproposition ist, dass wir die Verantwortung übernehmen. Wir betreiben kein Body­leasing. Wenn etwa bei einem Kundenprojekt Kollegen aus Belgrad und Zürich involviert sind und die Mitarbeiter in Belgrad kein Deutsch sprechen, übernehmen die Kollegen von hier den Kundenkontakt», stellt Kleeb klar.

Am liebsten von der ETH

Über 20 Nobelpreise, berühmte Namen und Ikonen der IT: Die ETH zählt zu den Top-Hochschulen der Welt. Einige ihrer Abgänger leisteten wichtige Beiträge für die IT. Etwa der Mathematiker John von Neumann, der die nach ihm benannte Referenz-Rechnerarchitektur entwickelte. Die gut ausgebildeten IT-Spezialisten der technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne sind begehrt. Fragt man IT-Unternehmen, wo sie ihre Fachkräfte finden, lautet die erste Antwort meist: «Wir rekrutieren Ingenieure von der ETH.» Vergangenes Jahr schlossen 317 IT-Fachkräfte an der ETH Zürich ab, vom Bachelor bis zum promovierten Wissenschaftler. Allerdings verliessen die meisten Bachelorabsolventen die ETH nach ihrem Abschluss nicht, sondern hängten ihren Masterabschluss an, was die ETH im Übrigen auch empfiehlt. Zudem ging ein (eher kleinerer) Teil der Masterstudierenden nicht direkt in die Wirtschaft, sondern hat ein Doktorat angehängt. Es bleiben also nicht so viele Fachkräfte für den Arbeitsmarkt übrig, wie sich das manche in der IT-Branche wünschen würden.
Das ist auch den Software-Anbietern bewusst. Zudem schätzen sie die verschiedenen Denkweisen und Lösungsansätze. «Wir stellen daher auch Fachkräfte anderer Hochschulen ein, etwa von der Uni Zürich, der Fachhochschule Rapperswil oder der FHNW», sagt beispielsweise ti&m-CEO Wüst. Darüber hinaus evaluiert das Unternehmen derzeit eine Kooperation mit der Hochschule Luzern. Auch im Ausland arbeitet der IT-Dienstleister mit verschiedenen Hochschulen zusammen, etwa mit der Universität von Mailand. An spanischen Universitäten führen Fachleute von ti&m Kurse durch. Derzeit versuche man, Ähnliches in der deutschen Hochschullandschaft aufzubauen. Das bringt nicht nur weitere Fachkräfte ins Unternehmen, es ergeben sich noch weitere Vorteile. «Durch den Austausch treffen sich bei uns Leute verschiedener Orte und bringen unterschiedliche Ideen mit. Die Durchmischung ist spannend und bringt uns bei der Arbeit weiter», sagt Wüst.

Hohe Hürden für Quereinsteiger

Früher galt die IT als interessantes Berufsfeld für Quer­einsteiger. Doch die Zeiten haben sich geändert. Software-Projekte werden vielschichtiger, weshalb auch die Ansprüche an das Rüstzeug heutiger Bewerber steigt. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Software-Projekte beschäftigt beispielsweise Ergon Informatik im Bereich Software-Entwicklung keine Quereinsteiger. «Wir bauen anspruchsvolle Software für komplexe Geschäftsprozesse und benötigen dafür gut ausgebildete Engineers», erklärt Gabriela Keller, CEO des Software-Herstellers. Aus diesem Grund sucht man vordergründig nach Hochschulabgängern mit Abschluss in Informatik. Für Security Engineers seien zudem Zertifikate von Vorteil wie das Certified Information Systems Security Professional (CISSP). «Neben der fachlichen Kompetenz ist für uns auch das persönliche Engagement sehr wichtig. Soft Skills, auf die wir Wert legen und die zu unserer Firmenkultur gehören, sind unter anderem proaktives Vorgehen, Team-Player-Verhalten, Bodenständigkeit und Hilfsbereitschaft», betont Keller. Ihr Unternehmen setzt neben klassischen Inseraten auf der firmen­eigenen Website auf Jobbörsen und Karriere­messen sowie Kontaktmöglichkeiten an den Hochschulen. Bei Spezialprofilen greife man bei Bedarf auf externe Personal­vermittler zurück. Hinzu komme die klassische Mund-zu-Ohr-Propaganda. «Oft vermitteln uns unsere Mitarbeiter Experten aus ihrem Bekanntenkreis», ergänzt Keller.
“Oft vermitteln uns unsere Mitarbeiter Experten aus ihrem Bekanntenkreis„
Gabriela Keller, Ergon Informatik
Bei Zühlke können sich Quereinsteiger bewerben, sofern sie Erfahrung in dem vom Unternehmen gewünschten Profil mitbringen. So arbeiten etwa Physiker bei Zühlke, wobei diese bereits viel mathematisches, statistisches und informationstechnisches Verständnis für die Software-Entwicklung mitbringen, wie Kleeb einräumt. Fachlichen Exoten erteilt er eine Absage. Quereinsteigern respektive Berufsumsteigern schlagen Anbieter wie die Wirtschaftsinformatikschule Schweiz eine Brücke in die Software-Welt. In einer zweijährigen berufsbegleitenden Ausbildung können sich berufserfahrene Menschen zum Informatiker/-in Berufsumsteiger/-in mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis Richtung Applikationsentwicklung qualifizieren.

Die nächste Generation im Fokus

Kleeb setzt zudem auf die nächste Generation von Spe­zialisten: Lernende, die in den ICT-Berufen ihre Zukunft sehen. Der Zühlke-Manager betont die Wichtigkeit des dualen Ausbildungssystems, denn dieses fördere die akademische und praktische Art der Ingenieurskunst. «Lösungen entstehen schneller durch Diversität», sagt Kleeb. Die Berufslehre brauche daher wieder mehr Wertschätzung. «Das Wissen, dass unser duales System sehr viele Karriere­wege ermöglicht, ist etwas verloren gegangen.»
Dem will der Verband ICT-Berufsbildung Schweiz entgegenwirken und die Lehre verstärkt ins Bewusstsein von Unternehmen, aber auch von Schülern rücken. Um die Attraktivität der ICT-Berufslehren zu fördern, leistet der Verband einiges. Er veranstaltet etwa die Berufsmeisterschaften ICTskills oder Events wie die Award Night, an der die besten ICT-Lernenden ausgezeichnet werden. Darüber hinaus bietet der Verband Informationen für Berufsinteressierte, Betriebe sowie Berufsinformationszentren. Die Anstrengungen scheinen sich auszuzahlen: «Die Lehre bleibt auch im Bereich ICT sehr gefragt in der Wirtschaft. Die anhaltende Nachfrage seitens der Lernenden und die Schaffung von Lehrstellen durch Unternehmen belegen dies», argumentiert Serge Frech, Geschäftsführer beim Verband ICT-Berufsbildung Schweiz. Das Gros der Absolventen schliesse eine Lehre im Bereich Applikations-/Software-Entwicklung ab. Dennoch sieht man beim Verband Handlungsbedarf. Im Herbst des letzten Jahres publizierte ICT-Berufsbildung Schweiz die Studie «ICT-Fachkräfte­situation Bedarfsprognose 2026». Wie die Swiss Software Survey zeigt auch diese eine alarmierende Entwicklung auf, wonach der Schweizer Wirtschaft in den nächsten Jahren rund 13'500 Entwickler fehlen werden. Selbst durch die Anstellung ausländischer Fachkräfte könne der Bedarf nicht gedeckt werden, prognostizieren die Studienautoren. Frech geht sogar davon aus, dass sich die Lücke aufgrund der Wirtschaftsentwicklung und des Strukturwandels noch vergrössern werde. Das Schweizer Bildungssystem könne den Bedarf auch nicht gesamthaft aus eigener Kraft stemmen. «Selbst wenn wir alle heutigen Absolventenzahlen verdoppeln würden, gelänge uns dies nicht.»
“Die Berufslehre ist der grösste und stärkste Zubringer an Fachkräften„
Serge Frech, ICT-Berufsbildung Schweiz
Um dem Mangel an Fachkräften zu begegnen, schlägt er eine Ausweitung des Lehrstellenangebots vor. Einen guten Beitrag leisten auch die Anbieter sogenannter Basislehrjahre. In diesen werden Lernende während ein bis zwei Jahren ausgebildet und anschliessend den Betrieben als produktive Fachkräfte übergeben. Wenn es nach Frech ginge, sollte dieses Modell weiter skaliert werden. Der Geschäftsführer nimmt zugleich seine Verbandskollegen in die Pflicht. Die Berufslehre sei der grösste und stärkste Zubringer an Fachkräften. Daher brauche es einen kräftigen Berufsbildungsverband mit starken regionalen Ablegern. Denn für die Schaffung von Lehrstellen seien schwer­gewichtig die regionalen Organisationen gefragt – da diese das Netzwerk vor Ort haben. «Der Organisations- und Professionalisierungsgrad ist jedoch zu niedrig angesichts der Bedeutung und Grösse des Berufsfelds ICT», mahnt Frech.

Höhere Fachschule statt Hochschule

Gemäss der Studie des Berufsverbands weist praktisch jeder zweite Beschäftigte (49 %) in der ICT einen Hochschulabschluss vor. Schliesslich erwarten insbesondere in der Applikationsentwicklung viele Unternehmen höhere Abschlüsse. Weshalb einige Firmen ihre Lernenden nach dem Lehrabschluss an Fachhochschulen oder in die höhere Berufsbildung schicken, wo sich die Berufsanfänger ergänzendes Rüstzeug für den Beruf aneignen.
Das wirft die Frage auf, inwieweit es sich dann grundsätzlich lohnt, eine Berufslehre zu absolvieren, anstatt direkt an die Hochschule zu gehen? Frech bestätigt, dass die Mehrheit der Hochschulabsolventen den ursprünglichen Weg der Berufsbildung mit anschliessender Passerelle respektive via höhere Berufsbildung an die Hochschule gewählt hat. Gerade deshalb lohne sich die Lehre zum Applikationsentwickler. «Der wohl grösste Trumpf der Lernenden ist, dass sie sehr früh in die Praxis, also in die echte Arbeitswelt integriert werden und nach Abschluss ihrer Lehre voll arbeitsfähig und höchst gesuchte Fachkräfte sind.» In Kombination mit einem Abschluss in der höheren Berufsbildung stehe dieser Entwicklungsweg dem der Hochschule in keinster Weise nach. Es sei sogar das Gegenteil der Fall: «Die Arbeitsmarktbefähigung ist höher und wird bedeutend schneller erreicht. Das Lohnniveau ist ebenfalls sehr attraktiv», unterstreicht der Verbandsgeschäftsführer.

Das Beste beider Welten

Die Fachhochschulen bilden eine wichtige Säule zwischen der praktisch orientierten Berufsbildung und den akademisch ausgerichteten (technischen) Hochschulen. Gut drei Viertel der Studierenden verfügten über eine Berufslehre mit Berufsmaturität, sagt René Hüsler, Direktor des Departements Informatik der Hochschule Luzern in Rotkreuz. Studierende mit einer gymnasialen Maturität müssen vor dem Studium ein einjähriges Praktikum in der Informatik absolvieren, bei ausländischen Studierenden wird deren Vorbildung individuell beurteilt. «Die Fachhochschulen bilden den direkten Anschluss an die Berufslehre und bieten so die Möglichkeit, die darin erworbenen Kompetenzen weiter auszubauen und zu vertiefen», konstatiert Hüsler. Die FHs spielen damit neben den spezialisierten Ausbildungen im Bereich Software-Entwicklung eine wichtige Rolle.
Ein Grossteil der Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen ist nach dem Studium in der Software-Entwicklung tätig. Grundsätzlich seien alle Informatikerinnen und Informatiker aller Ausbildungsstufen in der Schweiz sehr gefragt. Aufgrund der vorgängigen Lehre respektive dem obligatorischen Praxisjahr für Maturandinnen und Maturanden verfügten die FH-Abgängerinnen und -Abgänger allerdings bereits über Berufs- oder Praxiserfahrung, die sie im Rahmen des Studiums neben der theoretischen Vertiefung weiter ausgebaut haben, führt Hüsler aus.

Lebenslanges Lernen

Und nach Lehre, Studium oder Berufsumstieg? Wie bleiben Fachkräfte fit? Serge Frech von ICT-Berufsbildung Schweiz betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit innerbetrieblicher und berufsfeldweiter Massnahmen, um die Abwanderung in andere Berufsfelder zu verringern. Hierzu zählten flexible Arbeitszeitmodelle oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aber auch geeignete Weiterbildungsmöglichkeiten. Denn der technische Wandel in der Informatik schreitet rasant voran. Die Zukunft könnte das institutionalisierte karrierebegleitende Lernen sein, wie es das Joint Venture 3L Informatik der ICT-Verbände swissICT und der Schweizer Informatik Gesellschaft anstrebt. Fachkräfte können sich bei 3L Informatik als SI-Professionals zertifizieren lassen und erhalten anhand ihres Aus- und Weiterbildungsstands Punkte. Diese verfallen im Laufe der Zeit, können aber durch Fortbildungen kompensiert werden. Auf diese Weise will man das lebenslange Lernen in der ICT fördern.
Viele IT-Dienstleister legen bereits Wert auf regelmäs­sige Fortbildungen. Bei Ergon Informatik etwa verfügt jeder Mitarbeiter über ein Weiterbildungsbudget von 10 Tagen pro Jahr, das er in eigener Verantwortung für Konferenzen, interne oder externe Kurse oder für das Selbststudium nutzen kann, erklärt Ergons CEO Keller. Bei Zühlke selektiert man bereits im Recruiting-Prozess die Bewerber nach dem Faktor Lernbereitschaft. «Wir glauben, dass es wichtig ist, sich als Ingenieur weiterzubilden in Methoden, Technik, aber auch im Bereich der Social Skills. Wir suchen also auch Leute, die sich weiterbilden wollen», begründet Kleeb. Man fördere anschliessend den Austausch und die gegenseitige Herausforderung. Hierzu treffen sich die Mitarbeitenden etwa in Fokusgruppen, die sich mit einem Thema auseinandersetzen. «Das macht Spass und bringt alle gemeinsam vorwärts», stellt Kleeb fest.
Eine intensivere IT-Grundbildung in der Schule, mehr Ausbildungsplätze, attraktivere Arbeitsumgebungen, aber auch länderübergreifende Projektarbeiten: Die ICT-Branche zeigt sich flexibel, um dem Fachkräftemangel ent­gegenzuwirken. Ein Rezept, wie man die Lücke am Arbeitsmarkt im Bereich Software-Entwicklung schliessen könnte, kann zwar auch Hüsler von der Hochschule Luzern nicht bieten. Doch er sieht einen Hebel in der zunehmenden Medienpräsenz von Digitalisierungsthemen. Das schaffe zunehmend ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Infor­matik für Wirtschaft und Gesellschaft. «Dies, zusammen mit der höheren Gewichtung der Informatik in der Schulbildung mit dem Lehrplan 21, bildet eine gute Grundlage, das Fachkräfteproblem stärker zu adressieren und zu vermindern.» Bei all diesen Bestrebungen sei es wichtig, die Möglichkeiten und Chancen aufzuzeigen und nicht Ängste zu schüren. «Die Zukunft bietet uns sehr viele Möglich­keiten und die Informatik kann einen grossen Beitrag dazu leisten, diese positiv zu nutzen», resümiert Hüsler.



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