Justiz 22.04.2020, 15:07 Uhr

Gerichtsentscheide im Fall Comparex

Beim IT-Unternehmen Comparex herrschte grosse Unzufriedenheit: Deshalb und nicht wegen gezielter Falschinformationen sei es 2010 zum fast kompletten Wechsel der Belegschaft gekommen. Dies hat das Luzerner Kantonsgericht nun festgestellt.
Der Fall Comparex ist vom Luzerner Kantonsgericht entschieden worden
(Quelle: shutterstock.com/Billion Photos)
Der Wechsel der fast ganzen Belegschaft der IT-Firma Comparex zu Bison im Jahr 2010 war nicht das Ergebnis einer gezielten Falschinformation gewesen. Vielmehr sei die Unzufriedenheit der Mitarbeiter gross gewesen. Zu diesem Schluss kommt das Luzerner Kantonsgericht. 
Die Firma Comparex gehörte mehrheitlich einem deutschen Unternehmen sowie zu 30 Prozent dem Softwareunternehmen Bison. Der Geschäftsleiter von Bison war Mitglied des Comparex-Verwaltungsrats, trat aber aus diesem wegen Unstimmigkeiten im April 2010 zurück. 
An einer darauf folgenden Mitarbeiterinformation erklärte der Bison-Geschäftsleiter den Comparex-Angestellten, dass Bison jedem eine Stelle zu denselben Konditionen anbiete. Dabei hatte er bereits für jeden Comparex-Mitarbeiter ein unterschriftsreifes Stellenbestätigungsschreiben zur Hand. Zuvor hatte er Kündigungen bei der Comparex-Muttergesellschaft in Deutschland erwähnt. 

Grosse Umsatzeinbussen 

Innerhalb weniger Tage wechselte 90 Prozent der Comparex-Belegschaft zu Bison. Ihnen folgten auch wichtige Comparex-Kunden. (Computerworld berichtete damals unter anderem in diesem und in einem weiteren Artikel über die Vorfälle). Comparex erlitt grosse Umsatzeinbussen, ihr Eigenkapital sank innerhalb von sieben Monaten von 4 Millionen Franken auf minus 8 Millionen Franken. 
Wie die Vorinstanz sprach das Kantonsgericht den Bison-Geschäftsleiter der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft kam es zum Schluss, dass der Beschuldigte nicht mit einer gezielten Falschinformation über eine Strategieänderung die Comparex-Belegschaft beeinflusst habe. Vielmehr habe in dieser eine grosse Unzufriedenheit geherrscht. 

Know-how gesichert 

Weil ein Teil der Comparex-Leute für Bison arbeitete, habe der Bison-Geschäftsleiter das Know-how für sein Unternehmen sichern wollen. Sein Ziel sei es aber nicht gewesen, fast die ganze Comparex-Belegschaft abzuwerben, schreibt das Kantonsgericht. Er habe aber seine Loyalitätspflichten als Comparex-Verwaltungsrat verletzt, auch wenn er kurz zuvor aus diesem zurückgetreten sei. 
Das Kantonsgericht kürzte die Strafe für den Bison-Geschäftsleiter wegen der langen Verfahrensdauer um vier Monate auf zwei Jahre. Die Strafe wurde zudem vollständig bedingt ausgesprochen. 
Besser weg als beim Kriminalgericht kam der Chef der Comparex. Er wurde vom Kantonsgericht nicht wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, sondern wegen Gehilfenschaft dazu verurteilt. Gleiches gilt für die vier weiteren angeklagten Geschäftsleitungsmitglieder der Comparex. 

Schaden nicht verursacht 

Das Kantonsgericht kam zum Schluss, dass diese fünf Beschuldigten den Schaden der Comparex nicht verursacht hätten. Sie hätten aber die Abwerbung der Belegschaft erschweren können. 
Vor allem der Chef hätte alles unternehmen müssen, um den sich abzeichnenden Schaden abzuwenden. Seine Untätigkeit sei eine gravierende Pflichtverletzung. 
Der Comparex-Chef und der Bison-Geschäftsleiter haben nach Ansicht des Kantonsgerichts nicht in Mittäterschaft gehandelt. Es halbierte die Strafe für den Comparex-CEO deswegen auf 14 Monate bedingt. Die vier weiteren Geschäftsleitungsmitglieder wurden mit bedingten Geldstrafen bestraft. 
Die sechs Urteile sind noch nicht rechtskräftig.



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