07.06.2012, 14:30 Uhr

Der Touchscreen der macht, was ich will

Neue Forschungen sollen ungeschickten Touchscreen-Schreibern den Alltag erleichtern. Gleich drei Projekte sind in der Entwicklung, die helfen, besser tippen zu können.
Tastatur: Fehlende Haptik ist Hauptproblem von Touchscreens
Forscher der University of Washington und University of Maryland haben zwei Systeme entwickelt, um die Texteingabe auf Touchscreens zu erleichtern. Das erste System setzt dabei auf ein veränderbares Layout des Onscreen-Keyboards, das vom Nutzer lernt. Die zweite Erfindung, «WalkType», zielt darauf ab, Eingabefehler während des Gehens zu vermindern. Leif Oppermann vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) sieht die fehlende Haptik als grössten Schwachpunkt der Touchscreens und rechnet damit, dass Ein- und Ausgabe sich in Zukunft von den Mobilgeräten entkoppeln werden.

Tasten wachsen und schrumpfen

Zwölf Probanden liessen die Forscher vorgegebene Textpassagen eintippen, um die selbstanpassende Bildschirmtastatur zu testen. Diese registriert nicht nur, welche Tasten der Nutzer betätigt, sondern auch dessen Tipp-Präzision. Wird ein Button beispielsweise besonders häufig am Rand getroffen, so wächst diese mit der Zeit in die jeweilige Richtung, um das versehentliche Erwischen der daneben liegenden Taste zu vermeiden. Das System lernt bei seiner Benutzung ständig und automatisch dazu, berichtet New Scientist. Auf Dauer entsteht dadurch ein einzigartiges Keyboard-Layout, das auf den jeweiligen User abgestimmt ist. Auf diese Weise konnte man die Tippgeschwindigkeit im Schnitt um 15 Prozent steigern, konnte aber überraschenderweise keine Verbesserung der Tippfehlerquote erzielen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: WalkType korrigiert Erschütterungen

WalkType korrigiert Erschütterungen

Die zweite Innovation, WalkType, macht das Schreiben während der Fortbewegung leichter. Der Algorithmus liest die vom Beschleunigungssensor übermittelten Daten aus und gleicht sie zeitlich mit den Eingaben des Nutzers ab. Auf diese Weise kann es erkennen, ob aufgrund der Erschütterung beim Gehen versehentlich eine falsche Taste getroffen wurde. Im Testlauf schrieben die Kandidaten durchschnittlich um 13 Prozent schneller. Die Anzahl der fälschlich getippten Buchstaben im Text reduzierte sich von zehn auf sechs Prozent.

Fehlende Haptik und Formfaktor als Grundprobleme

«Innovationen wie diese machen Sinn», sagt Oppermann. «Sie lösen allerdings nur einen Teil der Probleme. Die fehlende Haptik bleibt trotz des Vibrationsfeedbacks eine Hürde.» Zudem erschwert der kleine Formfaktor vieler Geräte die Eingabe von Texten zusätzlich. Die zunehmende Verkleinerung vieler Geräte bedingt seiner Ansicht nach die Auslagerung von Ein- und Ausgabeelementen vom Gerät auf den User, seine Umgebung oder andere Geräte. Neben teilweise schon existierenden Projektionslösungen geht es dabei auch um die Koppelung mit anderen virtuellen und realen Hilfsmittel, die bereits vorhanden sind. (www.pressetext.com) Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die «fluide» Tastatur  

Die «fluide» Tastatur

Tactus Technology hat eine verformbare dünne Schicht mit dem Namen Tactus entwickelt, die auf einem Touchscreen-Sensor und -Display sitzt. Die Verformungen können Knöpfe generieren, wie zum Beispiel die Tasten auf einer Tastatur, der Ziffernblock auf einem Telefon – jede erdenkbare Form, die den Touchscreen nach den Wünschen des Users fühlbar machen soll.  Das funktioniert, indem diese fühlbare Schicht das Glas oder Plastik ersetzt, welches normalerweise auf dem Touchscreen-Sensor und -Display sitzt. Dieser Layer ist zwischen 0,75 mm bis 1 mm dick und hat auf der Oberfläche eine 200 nm dünne Schicht befestigt, welche verformbar ist. Unter der Schicht strömt eine Flüssigkeit durch Micro-Kanäle und wird durch kleine Löcher nach oben gepresst, um so die obere Schicht zu verformen.  Die Knöpfe bleiben so lange, wie sie gebraucht werden, nur für einige Sekunden oder auch Stunden, wenn das iPad gerade benutzt wird, um ein Buch zu schreiben. Weil die Flüssigkeit zwischen den Knöpfen «gefangen» ist, brauchen sie keine zusätzliche Energie, egal wie lange sie im verformten Zustand bleiben. Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, läst sich der gewöhnliche Touchscreen innert einer Sekunde wiederherstellen.  Tactus CEO Dr. Craig Ciesla: «Wir mussten zwei wichtige Dinge berücksichtigen: das Produkt muss im ausgeschalteten Modus flach sein und es musste unsichtbar sein. Beides ist uns gelungen.»  Dieses System klingt überzeugend und soll laut dem Unternehmen nicht nur bei Smartpgones und Tablets, sondern auch bei Touchscreens in Autos, an Bankautomaten oder diversen anderen Geräten eingesetzt werden. Die ersten Tactus-Produkte sollen irgendwann im Jahr 2013 auf den Markt kommen.



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