09.09.2013, 13:31 Uhr

Feuerwehr-App der ETH

Ein ETH-Doktorand entwickelte eine Smartphone-App, mit der Teamprozesse bei Feuerwehrleuten aufgezeichnet und ausgewertet werden können.
Die Berufsfeuerwehr Zürich Nord testet die ETH-App bei einem Übungseinsatz
Ein eingespieltes Einsatzteam ist das A und O für den Erfolg der Feuerwehr. Um die Bewohner eines brennenden Hauses aus den Flammen zu retten, müssen die Einsatzkräfte nicht nur innert wenigen Minuten vor Ort sein. Jedes Mitglied des Feuerwehrtrupps muss genau wissen, was zu tun ist. Ausserdem braucht es eine einwandfreie Kommunikation innerhalb des Trupps. Eine neue Smartphone-App eines ETH-Doktoranden hilft nun bei der Auswertung von Feuerwehreinsätzen. Wenn die Feuerwehrleute zu Beginn des Einsatzes die App aktivieren und das Smartphone während der ganzen Dauer in ihrer Brusttasche tragen, misst die App die Aktivität der Einsatzkräfte. Die damit erhobenen quantitativen Daten dienen der Einsatzleitung bei der Manöverkritik. Der Übungsleiter oder der Feuerwehrkommandant weiss so, wer zu welcher Zeit mit wem wo war und wer wann mit wem kommuniziert hat. Er kann damit den Ablauf des Einsatzes zeitlich hochaufgelöst rekonstruieren.

Sensoren des Smartphones benutzt

Entwickelt hat die App Doktorand Sebastian Feese unter der Leitung von Gerhard Tröster, Professor am Institut für Elektronik. Er machte sich die verschiedenen serienmässig in einem handelsüblichen Smartphone eingebauten Sensoren und Sender zunutze. Den sogenannten ANT-Sender – eine Technik für Kurzdistanz-Übertragungen ähnlich dem bekannteren Bluetooth – verwendeten die Forscher, um zu erkennen, welche Teammitglieder Untergruppen bildeten. Aus den GPS- und den Barometerdaten konnten sie rekonstruieren, welcher Feuerwehrmann wo und in welcher Höhe war (zum Beispiel auch in welchem Stockwerk eines Mehrfamilienhauses). Mit dem Beschleunigungsmesser massen die Wissenschaftler, zu welcher Zeit die Leute in Bewegung waren. Und schliesslich konnten sie mithilfe des Mikrofons und einer Sprachdetektionssoftware erkennen, wer wann kommunizierte. Die Forscher testeten die App während sechs Wochen bei der Berufsfeuerwehr Zürich Nord – sowohl während Trainingseinheiten auf dem Übungsplatz als auch in einigen echten Einsätzen. Das Feedback der Feuerwehrleute seit positiv gewesen, sagt Feese. So hätten ihm Einsatzleiter berichtet, dass sie nun dank dieser Daten im Nachhinein bildlich und detailliert vorstellen können, wie der Einsatz abgelaufen sei. «Es ist einfacher, solche Daten mit einem Smartphone statt mit einem anderen Gerät zu erheben, da die Leute sowieso schon täglich ein Smartphone benutzen. Sie können es sich in die Brusttasche stecken und dann vergessen. Es behindert sie nicht während des Einsatzes», sagt der ETH-Doktorand. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Es ist entscheidend, wann kommuniziert wird

Es ist entscheidend, wann kommuniziert wird

Mit den gemessenen Daten konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Kommunikation im Team je nach Situation eine unterschiedliche Bedeutung für die Teamleistung hat. Teams, die während der Ausführungsphase mehr miteinander gesprochen hatten, waren tendenziell die langsameren. Teams, die hingegen in der Vorbereitungsphase des Einsatzes viel kommunizierten, waren eher schneller. «Die Messungen entsprechen etablierten Prozessmodellen aus der Teamforschung», sagt Michael Burtscher vom Psychologischen Institut der Universität Zürich, der am Projekt beteiligt war. Wenn in der Vorbereitungsphase viel kommuniziert werde, sei das der Teamleistung meist förderlich. Wenn hingegen in der Ausführungsphase viel gesprochen werde, könne das ein Hinweis darauf sein, dass plötzlich Probleme aufgetaucht seien. Feese stellt jedoch auch klar, dass derzeit noch nicht genügend Messungen durchgeführt worden sind, um generelle Aussagen über Teamprozesse zu machen. Primär sei es im Projekt darum gegangen, aufzuzeigen, wie mit dem Smartphone Teamarbeit erfasst werden kann, und die Praxistauglichkeit der App zu demonstrieren.

Weiterentwicklungen möglich

Die Wissenschaftler möchten die App nun weiterentwickeln. Eine Möglichkeit sei beispielsweise, zusätzliche Informationen aus den aufgezeichneten Hintergrundgeräuschen zu gewinnen, sagt Feese. Je nach Standort sind die Hintergrundgeräusche unterschiedlich. So sollte es möglich sein, mit der App Standortwechsel nachzuvollziehen. Ebenfalls denkbar wäre, dass die App in Zukunft die Atemfrequenz ermittelt. «Insbesondere wenn die Feuerwehrleute ein Atemschutzgerät tragen und ihre Atemgeräusche daher deutlich hörbar sind, sollte dies mit dem Smartphone-Mikrofon möglich sein», sagt Feese.



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