08.02.2007, 11:03 Uhr
«Ich kaufe ein A und ein Z»
Ein Berner verkauft übers Web gepinselte Buchstabenpaare zu dynamischen Preisen. Irgendwie kommt uns die Idee bekannt vor.
Was treibt einen Berner dazu, sämtliche 676 Buchstabenpaare, die sich aus dem lateinischen Alphabet bilden lassen, auf einzelne Leinwände zu pinseln? Vielleicht die Aussicht auf ein bisschen Ruhm? Oder die Absicht, damit ein einzigartiges Kunstprojekt zu erschaffen? Oder doch eher die Hoffnung auf ein prall gefülltes Portemonnaie? «Mart», wie sich der 34-jährige Martin Koncilja mit Künstlernamen nennt, verhökert seine Bilder nämlich auf der Internetseite www.artinitials.com, die er mit seinem Kompagnon Andreas von Ballmoos aufgebaut hat.
Die Preise für die minimalistischen Werke entwickeln sich dynamisch: Sie klettern nach oben, je mehr Bilder einen Abnehmer finden und je beliebter die einzelnen Buchstaben sind. Kostete das erste Initialen-Paar noch 35 Euro, so wird der maximale Preis des letzten Bilds bei 960 Euro liegen. Sollten dann dereinst alle 676 Leinwände, die übrigens gerade einmal 30 x 30 Zentimeter messen, einen neuen Besitzer gefunden haben, so wird das Konto der beiden Webkünstler um 333000 Euro (533 277 Franken) angewachsen sein. Danach soll die Web-seite als Plattform für die Initial-Besitzer weiterbestehen, auf der sie sich austauschen und mit Fotos von sich und ihren Unikaten sowie der dazu passenden Geschichte verewigen können.
So originell und lukrativ die Idee von Artinitials auch ist, ihren Ursprung hat sie nicht in den Köpfen Konciljas und von Ballmoos'. Vielmehr haben die beiden bei www.onethousandpaintings.com des Baslers Marcel Salathé abgeguckt. Dessen Leinwände, auf die er die Zahlen von 1 bis 1000 gemalt hat, verkaufen sich nämlich wie warme Semmeln und so verwundert jegliches Trittbrettfahrertum nicht wirklich: Innert Jahresfrist hat Salathé fast 750 Bilder an den Mann gebracht und damit weit über 100000 Dollar eingenommen.
Artinitials hat allerdings ziemlich plump abgekupfert: So hat sich das Duo nicht nur die Idee ausgeborgt, sondern gleich auch noch den Aufbau der Webseite, das Preissystem und gar Teile des Inhalts. Dass dies Salathé sauer aufstösst, versteht sich von selbst. Grundsätzlich freue er sich über Projekte, die von Onethousandpaintings inspiriert seien, schreibt er in seinem Blog. Artinitials komme allerdings einem Plagiat ziemlich nahe.
«Natürlich stimmt es, dass sich Artinitials punkto Marketing an Onethousandpaintings anlehnt. Dennoch sind wir der Meinung, die Idee weiter-entwickelt zu haben. So ist bei Artinitials der Community-Gedanke zentral und Buchstaben erscheinen manchen Menschen persönlicher als Zahlen», lassen die beiden Berner auf Anfrage von Computerworld ausrichten.
Salathé kritisiert vor allem, dass Artinitials für ihre Seite Urheberrechte geltend machen, hingegen aber nirgendwo auf Onethousandpaintings verlinken und die Site schon gar nicht als Ressource angeben würden. Zumindest in diesem Punkt geloben Koncilja und von Ballmoos Besserung: Sie wollen demnächst einen Link einfügen und in ihrem Blog, sobald dieser aufgeschaltet ist, darauf hinweisen, dass die Idee von Salathé stammt.
Claudia Bardola