Fortbildung, Quereinstieg, Lebenslanges Lernen 07.07.2020, 15:43 Uhr

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Wie behebt man den Fachkräftemangel? Fachleute aus den Bereichen IT, HR und Bildung wissen es: Im Roundtable-Interview diskutieren sie Chancen, Stolperfallen und Lösungsansätze.
Regelmässige Weiterbildung hilft Mitarbeitenden, die Karrieleiter zu erklimmen. Unternehmen profitieren von neustem Know-how für den IT-Betrieb
(Quelle: Shutterstock/Jirsak)
IT-Abteilungen sind die Motoren moderner Unternehmen. Schön wäre es, wenn sie einen Gang hochschalten könnten. Doch es fehlen zusätzliche Fachkräfte. 54 Prozent der CIOs (Vorjahr 46 ) setzen daher auf die gezielte Weiterbildung der hauseigenen IT-Mannschaft und Verstärkung durch Quereinsteiger. Worauf es dabei ankommt und wie Frameworks wie 3L helfen, diskutierten an einem vir­tuellen runden Tisch CIOs, Expertinnen und Experten für HR sowie Bildung und von Schweizer ICT-Verbänden.
Computerworld: Wie steht es um die Weiterbildung von ICT-Fachkräften?
Nicole Stucki, HR and Transformation Specialist, PostFinance und Vize-Präsidentin von HR Swiss: Ich stelle ICT-Fachkräften ein gutes Zeugnis aus. Sie bringen in aller Regel eine sehr gute Grundbildung mit und tendieren von sich aus zu Weiterbildungen. Man muss auch sehen, dass sowohl Mitarbeitende als auch Arbeitgeber wissen, dass Fachkurse regelmässig absolviert werden müssen. Entsprechend wollen viele dazulernen und sind im Durchschnitt sehr gut weitergebildet. Unternehmen sind sich zudem bewusst, dass es ohnehin zu wenige Fachkräfte am Arbeitsmarkt gibt. Das hat zur Folge, dass man die Mitarbeitenden mitziehen und gemeinsam die neuen Technologiethemen angehen muss. Hierbei gilt es zu beachten, dass Unternehmen bei ihren Digitalisierungsmassnahmen auch die Fachbereiche miteinbeziehen, sodass sie die Technologien anwenden können – auch wenn die Anwenderfreundlichkeit digitaler Lösungen zugenommen hat.
“ICT-Fachkräfte wollen dazulernen und sind daher meist sehr gut weitergebildet „
Nicole Stucki, PostFinance
CW: Inwieweit erkennen Sie eine grössere Offenheit in den Fachbereichen für neue digitale Lösungen?
Stucki: In diesem Sinne ist Corona auch ein Digitalisierungsbooster. Generell durchdringt die Digitalisierung alle Fachbereiche und wird grundsätzlich gut aufgenommen sowie umgesetzt. Wir sind gut unterwegs und müssen die erzielten Fortschritte weiter ausbauen.
CW: Herr Hürlimann, welche Bedeutung hat für Sie als CIO die Weiterbildung von Fachkräften?
Christian Hürlimann, Leiter Informatik, SECO/ALV: Die Weiterbildung ist enorm wichtig für uns. Man muss hier aber etwas differenzieren. Diejenigen Mitarbeitenden, die neu zu uns an Bord kommen, bringen mehrheitlich Rucksäcke voller Fachwissen und guten Ausbildungen mit. Vor meiner Zeit wurden jedoch eher weniger Weiterbildungen durchgeführt. Dadurch beschäftigen wir einige langjährige Mitarbeitende, deren Fortbildungen eine Weile zurückliegen. Natürlich kann man sie an Kurse entsenden. Allerdings muss man hierbei beachten, dass die Mitarbeitenden sich selber dafür motivieren können und die Weiterbildung auch zur jeweiligen Persönlichkeit passt.
“Der gewählte Lehrgang muss auch zur Person passen„
Christian Hürlimann, SECO/ALV
CW: Welche Rolle spielt die Persönlichkeit bei Fort­bildungsmassnahmen?
Hürlimann: Man muss das Erlernte anschliessend auch in den beruflichen Praxisalltag übertragen können. Wenn man einen Abschluss als eidgenössisch diplomierter Projektleiter erwirbt, verfügt man über den methodischen Rucksack. Aber wenn man nicht das Naturell für eine Führungspersönlichkeit in sich trägt, bringt einen die beste fachliche Weiterbildung nicht so weit voran, wie erwünscht. Wir stellen ab und zu fest, dass wir top ausgebildete Leute im Team haben, aber die Lehrgänge nicht optimal zu ihrer Persönlichkeit passen. Entsprechend performen sie dann weniger, als man aufgrund der Weiterbildung erwarten würde. Der Grund liegt teilweise darin, dass der eine oder andere ein verklärtes Bild davon hat, in welchen Bereichen sie sich fortbilden sollen. Sie meinen, dass sie nach zehn Jahren IT-Praxis eine Weiterbildung zum Projektleiter machen müssten – das sei quasi der «normale vorgezeichnete Weg». Manche Mitarbeitende wollen sich etwa zum Projektmanager weiterbilden. Im Gespräch stellt man dann fest, dass sie sehr gute Macher sind, aber nicht diejenigen, die sich gerne vor die Leute hinstellen und Dinge organisieren. Das ist eine Herausforderung und Verantwortung der Führung, welche die Ausbildungsstätten nicht lösen können.
CW: Herr Schwarzenbach, wie bewerten Sie das Thema Weiterbildung für IT-Fachkräfte?
Peter Schwarzenbach, CIO, Reka: Da wir nicht die höchsten Löhne in der Branche bezahlen können, sind mir umso mehr bestrebt, unsere Mitarbeitenden anderweitig zu fördern und ans Unternehmen zu binden, etwa durch Weiterbildungen. Aktuell haben wir eine Mitarbeiterin, die nach dem KV eine Ausbildung zur Informatikerin angehängt hat. Zurzeit arbeitet sie an ihrer individuellen Projektarbeit (IPA) für den Abschluss. Wir haben auch neue Mitarbeitende mit Fachhochschul-Abschluss rekrutiert, was allerdings nicht einfach war. Das dauerte einige Zeit und ging über zwei Runden, unterstützt durch Headhunter, bis wir Leute hatten, die fachlich und kulturell zu uns passen. Also werden wir uns auch entsprechend um sie kümmern.
Quelle: Computerworld/ICT-Analytics



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