Biomedizinische Informatikplattform 17.02.2023, 15:53 Uhr

Zürcher Unis und universitäre Spitäler wollen enger zusammenarbeiten

Mit einer zentralen Plattform für den Austausch von Gesundheitsdaten soll die Zusammenarbeit der vier universitären Spitäler sowie der ETH Zürich und der Universität Zürich verstärkt werden.
Die universitären Spitäler von Zürich sowie die Unis sollen einfacher zusammenarbeiten können
(Quelle: Nico Wick/USZ)
Wenn sich ein Patient auf der Intensivstation befindet, dann wird sein Gesundheitszustand von verschiedenen Geräten überwacht, es werden im Labor Blutproben ausgewertet und noch vieles mehr. All das ist notwendig, um die bestmögliche Behandlung des Erkrankten zu garantieren. Pro Tag fallen für einen einzelnen Patienten auf der Intensivstation gut 20 MB an Daten an, unter Umständen können es sogar bis zu 100 GB werden. Diese grossen Datenmengen sind auch für die Forschung sehr interessant, zum Beispiel um zu analysieren, welche Therapien wirken. Immer öfter kommt dabei auch künstliche Intelligenz zum Einsatz und schafft dabei die Grundlage für eine effektiv personalisierte Behandlung für den einzelnen Patienten. «Grosse Datenmengen sind eine wichtige Grundlage der Präzisionsmedizin» meint Beatrice Beck Schimmer, Direktorin Universitäre Medizin Zürich.

Die Daten sind da, aber sie werden noch zu wenig genutzt

Jeden Tag werden in den universitären Spitälern von Zürich mehr und mehr Daten gesammelt, doch ihre Nutzung ist bis jetzt begrenzt. Auf die Situation in den universitären Spitälern, sprich dem Universitätsspital Zürich, dem Universitäts-Kinderspital Zürich, der Uniklinik Balgrist und der psychiatrischen Universitätsklinik, angesprochen, meint Beck Schimmer «Wir nutzen das riesige Potenzial der Daten noch zu wenig».
Das Problem bei der Datennutzung ist, dass zumindest heute jedes Spital sein eigenes Informatiksystem nutzt und die Daten der Patienten nicht mit den anderen Systemen kompatibel sind und nicht zwischen den Spitälern ausgetauscht und für spitalübergreifende Forschungsprojekte genutzt werden können. Es fehlt an einer gemeinsamen digitalen Infrastruktur.

Eine geteilte Plattform soll das Problem entschärfen

Das Forschungszentrum «The Loop Zurich», eine gemeinsame Initiative der vier universitären Spitäler, der ETH und der UZH, arbeitet jetzt an einer Lösung für das Problem. Bis 2025 soll eine Biomedizinische Informatikplattform (BMIP) entstehen. Den Auftrag dazu hat «The Loop» von der Universitären Medizin Zürich (UMZH) erhalten, der Regierungsrat hat die dafür notwendigen Mittel bereits gesprochen. Durch die BMIP entsteht ein zentrales Datenmanagement auf dem Forschungsplatz Zürich. Michael Krauthammer, UZH-Medizininformatiker und Co-Projektleiter der Biomedizin-Plattform beschreibt das Projekt wie folgt: «Ziel ist es, einen effizienten, einfachen Datenaustausch für alle beteiligten Forschenden zu garantieren. Das ist eine wichtige Basis für die langfristige Entwicklung des Medizinstandortes Zürich».
Krauthammer teilt sich den Projektlead mit dem ETH Zürich-Biomedizininformatiker Gunnar Rätsch. Rätschs Gruppe hat zwei Aufgaben. Einerseits entwickelt sie KI-Algorithmen, die aus biomedizinischen Daten lernen und für die Gewinnung neuer Erkenntnisse genutzt werden können, andererseits arbeitet das Team an Methoden, um grosse genomische oder medizinische Datensätze zu analysieren. Die beteiligten vier universitären Spitäler werden ihre für jedes Forschungsprojekt erhobenen Daten an die neue Plattform senden, wo sie zusammengeführt, gespeichert und harmonisiert werden. So sind sie dann in einem Format, das ihr Austausch zwischen den einzelnen Spitälern ermöglicht. Auch die bereits bestehenden Biobanken sollen in die BMIP integriert werden. In der zentralen Lösung sehen die beteiligten Parteien ausserdem einen Weg, die Kosten zu senken. Bezüglich der Datensicherheit versprechen die Projektpartner, dass für die Daten auf der BMIP die gleich strengen Anforderungen an den Datenschutz wie in den Spitälern bestehen werden.

Entwicklung und vernetzte Anwendung

Die BMIP soll jedoch nicht nur zur Speicherung und dem Austausch von Daten dienen, sondern auch die Entwicklung und vernetzte Anwendung von KI ermöglichen. So werden sich laut Mitteilung in Zukunft etwa Algorithmen aus einem Projekt des Universitätsspitals Zürich auch für das Balgrist nutzen lassen. Die Daten und Algorithmen auf der Plattform lassen sich nämlich auch wieder in die einzelnen Spitäler exportieren. So könnte ein solcher Algorithmus etwa genutzt werden, um beispielsweise die Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten auf der Intensivstation frühzeitig zu erkennen und die entsprechenden Massnahmen zu ergreifen. Gemäss der ETH Zürich können die auf der Plattform entwickelten Algorithmen dazu auch direkt an den Geräten auf einer Intensivstation angewandt werden.

Integration in eine nationale Lösung

Die Zürcher BMIP soll bei der Aufnahme ihres Betriebs den Standards entsprechen, die derzeit im Rahmen des «Swiss Personalized Health Network» (SPHN) entwickelt werden. Dabei handelt es sich um eine Initiative des Bundes, die einen landesweiten Austausch von Gesundheitsdaten für die Forschung möglich machen soll. Für die Zürcher Informatikplattform ist geplant, dass sie sich über eine Schnittstelle direkt in die landesweite Lösung eingliedern lässt. Damit könnte sie auch zu einem nationalen Vorbild für die datenzentrierte Forschung werden. Ausserdem ist angedacht, dass die BMIP zur interdisziplinären Forschungszusammenarbeit zwischen Ingenieurswissenschaften, Medizin und Informatik beiträgt. Christian Wolfrum, ETH-Vizepräsident für Forschung, erklärt, weshalb die BMIP so wichtig ist: «Eine gemeinsame Infrastruktur für den Datenaustausch zwischen Hochschulen und Spitälern ist sowohl für die medizinische Versorgung in Zürich als auch in der Schweiz bedeutend. Grosse biomedizinische Datensätze, wie sie etwa in den USA bereits existieren, sind auch für unsere Grundlagenforschung unverzichtbar, um zuverlässig Krankheitsursachen zu erkennen und personalisierbare Behandlungsansätze für Patientinnen und Patienten zu entwickeln.»
Schlussendlich soll die Biomedizinische Informatikplattform den Patienten zugutekommen. Denn es werden ihre Daten sein, die es möglich machen, die Diagnostik und Therapie verschiedenster Krankheiten zu optimieren.



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