Chef greift durch 29.06.2018, 13:40 Uhr

Migros «rüstet sich für die Zukunft» – und streicht dafür 290 Stellen

Der Migros-Genossenschafts-Bund will in die Zukunft investieren und die Digitalisierung des Geschäfts pushen. Dafür streicht der «orange Riese» in den nächsten drei Jahren 290 Stellen – betroffen ist davon auch die IT.
Die Konzernzentrale des Migros-Genossenschafts-Bundes am Zürcher Limmatplatz
(Quelle: Migros)
«Der Migros-Genossenschafts-Bund rüstet sich für die Zukunft» – diesen Titel trägt die Medienmitteilung, welche die Konzernzentrale der Migros am Freitagvormittag verschickt hat. Dazu wolle man die Organisation und die internen Abläufe in den zentralen Verwaltungsbereichen vereinfachen, schreibt der «orange Riese» darin. Konkret bedeutet dies, dass Stellen gestrichen werden. 290 sind es beim Migros-Genossenschafts-Bund über die nächsten drei Jahre hinweg insgesamt. Damit geht jede neunte Stelle in der Konzernzentrale verloren. Betroffen seien etwa die Abteilungen IT, Personal, Kommunikation, Marketing oder Finanzen, sagte Sprecher Luzi Weber auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA
«Leider lässt sich eine Kündigung von 70 Arbeitsstellen nicht vermeiden», schrieb die Migros. Weitere 70 Jobs habe man bereits seit Anfang Jahr durch die natürliche Fluktuation gestrichen, weil Leute gegangen seien. Überdies könne ein wesentlicher Teil des Abbaus durch frühzeitige Pensionierungen und Pensenreduktionen aufgefangen werden.

Sozialplan als Abfederung

Für den Fall von Kündigungen habe man einen Sozialplan erarbeitet, um die Auswirkungen abzufedern. Ziel sei es, für die betroffenen Mitarbeitenden nach Möglichkeit innerhalb der Migros-Gruppe eine neue Anstellung zu finden. Bei Bedarf sehe der Sozialplan weitreichende Unterstützungsleistungen vor. «Ich bin mir bewusst, das ist für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Schock. Für sie beginnt eine belastende Zeit. Es ist mir deshalb wichtig, dass die Betroffenen durch uns gut und professionell betreut werden», erklärte Migros-Chef Maurice Zumbrunnen. Die Migros stehe zu ihrer sozialen Verantwortung.
«Wir können nachvollziehen, dass auch der MGB von der digitalen Transformation betroffen ist und in gewissen Bereichen Ressourcen abbauen und in anderen Bereichen Ressourcen aufbauen muss, um das Unternehmen langfristig fit zu halten. Ein Stellenabbau darf aber immer nur die letzte Möglichkeit sein», erklärte Caroline Schubiger vom Kaufmännischen Verband (KV), der Sozialpartner der Migros ist. Der Sozialplan sei gut. Der MGB kommt seiner Rolle als sozialverantwortliches Unternehmen nach. «Wir erwarten dennoch, dass für möglichst viele Angestellten eine interne Anschlusslösung gefunden wird», erklärte Schubiger.

Unia gegen Entlassungen

Die Gewerkschaft Unia schrieb ihrerseits, dass die Migros mit einem Jahresgewinn von 503 Millionen Franken im vergangenen Jahr über die Mittel verfüge, um Entlassungen zu verhindern. Die könne geschehen, indem sie den betroffenen Mitarbeitern andere Stellen oder angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung geeignete Weiterbildungen anbiete. Die Migros müsse alles unternehmen, um die schädlichen Auswirkungen der Restrukturierung zu minimieren.

Erste Rosskur seit langem

Dies ist ein harter Schlag für die Konzernzentrale des «orangen Riesen». Die letzte grössere Reorganisation im MGB liege rund 14 Jahre zurück, sagte Weber. Damals gingen über 100 Jobs verloren. Der jetzige Einschnitt kommt allerdings nicht überraschend. Die «Handelszeitung» hatte bereits vor einigen Tagen über die Pläne berichtet.
Insgesamt beschäftigt der Migros-Genossenschafts-Bund 2700 Mitarbeiter. Der allergrösste Teil davon arbeite am Hauptsitz am Limmatplatz, sagte Weber. Der MGB ist das zentrale Dienstleistungsunternehmen der Migros-Gruppe. Mit der Restrukturierung wolle der MGB der Verlagerung des Detailhandels von den Läden ins Internet sowie der zunehmenden Konkurrenz durch internationale Online-Anbieter die Stirn bieten, hiess es. Wie viele Kosten dadurch gespart würden, wollte Sprecher Weber nicht sagen. Es handle sich aber nicht nur um eine Sparübung. «Durch die Massnahmen will der MGB nach drei Jahren mit rückläufigen Gewinnen nicht Kosten sparen, sondern mehr Mittel für Investitionen in Zukunftsfelder freisetzen», schrieb der Detailhandelskonzern. In diesen Bereichen, die in einem weiteren Schritt evaluiert und ausgebaut werden, wolle die Migros wieder neue Stellen schaffen.

Gewinneinbruch im 2017

Im vergangenen Jahr erlitt der Detailhandelsriese trotz einem Rekordumsatz einen Gewinneinbruch um knapp ein Viertel auf 503 Millionen Franken. Letztmals tiefer war der Reingewinn im Jahre 2003 mit 372 Millionen Franken gewesen. Im laufenden Jahr will die Migros wieder mehr verdienen. «Der Gewinn muss steigen. Niemand kann mit diesem Ergebnis zufrieden sein», hatte Zumbrunnen im März an der Bilanzmedienkonferenz gesagt. Dabei hilft, dass die Wertberichtigungen, die 2017 einmalig aufs Ergebnis gedrückt hatten, 2018 nicht mehr anfallen.

Investitionen ins Internet

In die Digitalisierung will die Migros weiterhin investieren. Dort gebe es ein grosses Wachstumspotential, hatte Zumbrunnen gesagt. Man wolle der grösste Onlinehändler der Schweiz bleiben. Im Internet kratzt die Migros beim Umsatz an der Marke von zwei Milliarden Franken. Möglichkeiten für Synergien sieht Zumbrunnen beim Online-Angebot – nicht zuletzt beim Marktplatz Digitec Galaxus, wie er vor kurzem sagte. Der Fachmarkt SportXX habe etwa eine Strategie, die das Online- mit dem Ladenangebot verbinde. Gleichzeitig könne SportXX aber auch auf dem Marktplatz Galaxus vorteilhaft positioniert werden. Das Internetparadepferd der Migros-Gruppe – Digitec Galaxus – will heuer die Marke von einer Milliarde Umsatz knacken. Im vergangenen Jahr hatte der Onlinehändler den Umsatz um fast ein Fünftel auf 861 Millionen Franken gesteigert.



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