Der lange Weg der Innovation

Was die Kunden wollen

Am Donnerstag geht es schon früh wieder los. Im Berliner AppHaus von SAP – es gibt vier weitere davon in Heidelberg, Palo Alto, New York und in der Nähe von Seoul – wartet schon der Design-Thinking-Experte Christian Hänchen auf das Team. Im Dachstock des Gebäudes, der zum Arbeitsraum umfunktioniert wurde, feilen die InnoJam-Gewinner am zweiten Tag ihrer Reise im Rahmen eines Design-Thinking-Workshops weiter an ihrer Versicherungslösung. Der Arbeitsraum ist dafür mit allerlei Arbeitsmaterialien und Whiteboards ausgestattet. Mit einer kleinen DJ-Anlage ist auch für Unterhaltung gesorgt. Diese zieht sogleich die Aufmerksamkeit einiger Crewmitglieder auf sich – es dauert nicht lange, bis die ersten Scheiben auf dem Plattenteller drehen.
Astrid Wunsch und Christian Hänchen von SAP liefern Denkanstösse
Quelle: NMGZ
Nun ist aber Arbeiten angesagt. Hänchen liefert erst eine kurze Einführung zum AppHaus und zum Thema «Design Thinking». Kurz darauf holt er Astrid Wunsch hinzu. Sie ist bei SAP als Design Strategist angestellt. Gemeinsam mit Hänchen will sie die Gruppe bei der Weiterentwicklung des digitalen Assistenten unterstützen. Diesmal sind es Alrik Künne und Michel Magne, die den beiden die am Hackathon entstandene Lösung präsentieren. Die SAP-Leute zeigen sich angetan vom digitalen Assistenten. Interessiert erkundigen sie sich sogleich nach den Reaktionen der Versicherungsexperten. Hahn erklärt, dass diese Vorbehalte hatten und primär aus Sicht der Unternehmen argumentierten, statt sich an den Kundenbedürfnissen zu orientieren. Um den Versicherern die Vorteile für die Kunden näherzubringen, rät Wunsch dem Team deshalb, sich vertieft mit deren Schmerzpunkten auseinanderzusetzen. «Es geht darum, Empathie bei den Unternehmen für die Probleme der Versicherungsnehmer zu wecken», erklärt sie. Und am besten gelinge dies, indem man Aussagen von Versicherungsnehmern hierzu aufnehme und den Prototyp von ihnen verifizieren lasse.
Sandro Scalco ist konzentriert bei der Arbeit
Quelle: NMGZ
Nachdem das Q-Perior-Team diesen und weitere Inputs von Wunsch und Hänchen aufgenommen hat, macht es sich in kleineren Gruppen direkt an die Arbeit. Innert kürzester Zeit werden auf Whiteboards Schemata auf­gezeichnet und Gesichtspunkte zu verschiedensten Anspruchsgruppen notiert, die von der Lösung tangiert werden können. Wunsch und Hänchen sind begeistert vom Engagement der Gruppe und raten ihnen, auch nach dem Workshop und dem Aufenthalt in Berlin, Zeit in die Ausarbeitung der Lösung zu stecken. Doch das ist einfacher gesagt als getan. Denn für Scalco, Magne, Ruh, Ta und Künne war die Teilnahme am Hackathon und die Entwicklung des digitalen Versicherungsassistenten nur ein Nebenprojekt zu ihrem normalen Tagesgeschäft. Bevor sie sich zum Mittag­essen eine Currywurst gönnen, schicken sie deshalb bereits voraus, dass es nicht allzu einfach sein werde, dies zu bewerkstelligen – zumal ja nicht einmal alle am selben Standort von Q-Perior arbeiten. Nach arbeitsamen Stunden im AppHaus von SAP neigt sich die Reise für die Gruppe bereits dem Ende zu. Am späten Nachmittag macht sich das Entwicklerteam mit Hahn und Messerli schliesslich wieder auf den Weg in Richtung Flughafen Tegel.

Auf Eis gelegt

Unterdessen ist die Reise des Q-Perior-Teams nach Berlin schon eine Weile her. Gross weiterentwickelt wurde die Lösung gemäss Christoph Hahn in der Zwischenzeit jedoch nicht. Q-Perior war aber bei verschiedenen Versicherungen vor Ort und hat bei ihnen nachgefragt, wie sie überhaupt zu einer solchen Lösung stehen. «Das Ganze wird von der Branche grundsätzlich mit ziemlichem Respekt angesehen. Vielleicht sind doch zu viele neue Technologien involviert», erklärt der Bereichsleiter. Er sei dennoch der Meinung, dass schon jetzt einige Unternehmen bereit wären, einen digitalen Versicherungsassistenten einzukaufen, würde es sich um ein fertiges Produkt handeln. Selber sei aber niemand dazu bereit, Zeit in die Weiterentwicklung des Prototyps und das Training des Services zu investieren. «Unser Ziel ist es, dass wir beispielsweise ein Konsortium oder einen Dachverband finden, der das Projekt fördern möchte.» Weil das Produkt aber auch an andere Branchen angepasst werden könne, biete es dem Beratungs­unternehmen zudem die Möglichkeit, Firmen aus anderen Bereichen anzugehen – etwa aus dem Einzelhandel. «So ist es nun meine Aufgabe, Beispiele aufzuzeigen, wie Chatbots und künstliche Intelligenz auch für andere Branchen adaptiert werden können.»
Eine Innovation ganzheitlich umsetzen zu können, ist gemäss Hahn generell ein schwieriges Thema. Dass das Beratungsunternehmen solche Projekte angeht, habe verschiedene Beweggründe. Einerseits biete es der Firma die Möglichkeit, sich beispielsweise an Events von Partnern wie SAP zu positionieren. «Zudem können wir damit unsere Mitarbeiter mit neuen Themen ausbilden. Das hilft uns auch beim Recruiting.» Gerade im Consulting sei der Markt dünn, sagt Hahn. Umso schwieriger sei es, gute Berater zu finden. «Da hilft es, wenn wir mit spannenden und innovativen Themen unterwegs sind.»


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