15.11.2010, 06:23 Uhr

Verpfeift DSAG ihre Mitglieder an SAP?

Die Deutschsprachige SAP Anwendergruppe (DSAG), wo die Schweiz im Vorstand vertreten ist, soll die Interessen der Kunden gegenüber SAP vertreten. Nun steht der Verdacht der persönlichen Vorteilnahme im Raum.
Mitglieder des DSAG-Vorstands stehen in Verdacht, persönliche Ziele zu verfolgen.
Viele DSAG-Mitglieder fühlen sich verraten und verkauft. Auf der Jahreshauptversammlung der Deutschsprachigen SAP Anwendergruppe versuchte der Vorstand, einen Persil- und Freifahrschein für die intime Weitergabe von Informationen an SAP zu erhalten, berichtet Peter Färbinger, Chefredaktor des Business-IT-Fachblattes E-3 und spricht von einem Eklat. Eigentlich soll die DSAG, wo mit Christian Zumbach auch die Schweiz im Vorstand vertreten ist, die Interessen der Kunden gegenüber dem ERP-Weltmarktführer SAP vertreten. Dazu gehört natürgemäss auch die Weitergabe von Kundenwünschen und Verbesserungsvorschlägen. Ist die DSAG zu weit gegangen und hat brisante Mitglieder-Informationen verraten? Für Walldorf wären solche Daten Gold wert. "Schon vor Jahren konnten wir beobachten, dass Ergebnisse von internen DSAG-Umfragen der SAP frei Haus geliefert wurden", berichtet Färbinger. Damit verrate die DSAG ihre eigene Basis, warnt er. DSAG-Geschäftsführer Mario Günther versuchte gegenüber von Computerworld die Wogen zu glätten. Sinn und Zweck der DSAG sei es, die SAP-Softwareentwicklung im Sinne der Kunden zu beeinflussen. Dazu gehöre auch, Walldorf den Zugriff auf die Ergebnisse von Befragungen, wie sie die DSAG regelmässig unter ihren Mitgliedern durchführt, zu gestatten. "Die Ergebnisse werden jedoch anonymisiert, und weitere Daten erhält SAP nicht", betonte Günther gegenüber Computerworld.

Nutzungsrecht geht an SAP

Für Färbinger ist das eine glatte Untertreibung. Treffen zwischen den Vorständen der DSAG und SAP würden immer wieder als Beweis für die kritisch-konstruktive Zusammenarbeit publiziert, über die Inhalte der Gespräche aber werde eisern geschwiegen, sagt der E-3-Chefredaktor. Einfache Vereinsmitglieder haben kaum eine Chance zu erfahren, was mit ihrem Wissen passiert. An der Basis rumort es, und eine kürzlich vorgenommene Änderung an den AGBs der DSAG dürfte dem Misstrauen neue Nahrung geben. Danach hat SAP das Nutzungsrecht am Feedback ihrer Kunden. Walldorf sitzt in den meisten DSAG-Arbeitskreisen, wo es ans Eingemachte geht, sowieso schon mit am Tisch und hört mit. Viele DSAG-Mitglieder fürchten nach der AGB-Änderung jetzt um ihr geistiges Eigentumsrecht (intellectual property). Einige sollen sogar mit dem Austritt gedroht haben. "Der aktuelle Vorstand hat den Verein in eine Abhängigkeit von SAP gebracht", beurteilt SAP-Szenekenner Färbinger die Situation. Es gebe im DSAG-Vorstand Personen, die mit dieser Funktion persönliche Ziele verfolgen. Färbinger registriert aber auch ein gewisses, drückendes Personalproblem. Die DSAG-Basis sei voller unzufriedener CIOs, aber keiner habe Zeit, Lust und Laune, die Kärnerarbeit im Verein zu übernehmen. Die DSAG ist schon froh, überhaupt jemanden zu finden, der den ungeliebten Job übernimmt. Wohl auch aus diesem Grund wurde der Vorstand auf der letzten Hauptversammlung ohne Gegenstimme im Amt bestätigt.

Allein der DSAG-Vorstand entscheidet

Als Entschuldigung reicht das aber nicht her, und eine weitere Neuerung gibt zu denken. Unrter dem amtierenden Vorstandsvorsitzenden Professor Karl Liebstückel hat die DSAG ihre Finanzen neu geregelt. Künftig gibt es die gemeinnützige DSAG e.V und die kommerzielle DSAG GmbH. Der gemeinnützige Verein DSAG e.V. vertritt die Interessen der Mitglieder gegenüber Walldorf. In der DSAG GmbH, wohin laut Färbinger "sehr viel Geld verschwindet", haben die Vereinsmitglieder jedoch nichts zu sagen. Über die Finanzen der GmbH entscheiden allein der DSAG-Geschäftsführer Mario Günther und der DSAG-Vorstand.



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