04.11.2010, 17:40 Uhr

SAP macht Oracle Zugeständnisse

In der Industriespionage-Affaire SAP gegen Oracle rückt eine einvernehmliche Lösung ein Schrittchen näher. SAP übernimmt Oracles Anwaltskosten in Höhe von 120 Millionen US-Dollar. Aber es geht um mehr als um Geld.
Spionage-Streit: Oracle fordert Milliarden, SAP will nur einige Millionen zahlen.
Lange Zeit hatte SAP alle Vorwürfe entrüstet von sich gewiesen. Es ist ja auch peinlich, wenn man als ERP-Weltmarktführer, der sich viel auf die Qualität seiner Software zugute hält, in unlauteren Wettbewerbsmethoden Zuflucht sucht. Das Image leidet, und damit langfristig auch das Geschäft. Mittlerweile hat Walldorf zugestanden, dass seine US-amerikanische Tochter TomorrowNow mehrmals unrechtmässig Kundendaten von Oracle-Servern heruntergeladen hat. Durch günstigere Wartungspreise sollten dann die Kunden dem Rivalen abgeworben werden. 2008 hat SAP TomorrowNow dicht gemacht - auch das sieht nach einem Schuldeingeständnis aus. Beide Firmen beharken sich seit nunmehr drei Jahren. Oracle fordert Schadensersatz in Milliardenhöhe, wohingegen SAP meint, dass mehrere zehn Millionen als Widergutmachung völlig aureichen. Aber es geht um mehr als nur um Geld. SAP und Oracle kämpfen auf dem lukrativen und hochvolumigen Markt der ERP-Systeme mit Zähnen und Klauen um Marktanteile. Oracle hat auf dem nordamerikanischen Markt die Nase vorn, SAP führt in Europa. Wer vor Gericht siegt, steht dann höchstwahrscheinlich auch vor der Kundschaft als der (moralische) Sieger da, der den verlässlicheren Service bietet.

HP schottet Apotheker ab

Seit Montag, dem ersten November, sehen sich die beiden Streithähne nun vor dem Bezirksgericht in Oakland in die Augen, unweit des Oracle-Firmensitzes in Redwood Shores. Möglicherweise kein gutes Omen für SAP. Am Freitag, den 5. November, tritt Oracle-CEO Larry Ellison in den Zeugenstand. Um die Vorladung von Ex-SAP-Chef Léo Apotheker wird noch gestritten. In seine Amtszeit als SAP-Chef fallen die Spionagevorwürfe, die Oracle erhebt. Mittlerweile ist Apotheker bei SAP hochkant rausgeflogen und steht HP vor. Eine nicht unumstrittene Entscheidung. Verständlicherweise hat HP kein grosses Interesse daran, dass ihr neuer Chef in einer unappetitlichen Spionageaffaire höchstselbst vor dem Richter erscheinen muss und möglicherweise gezwungen ist, belastende Details auszuplaudern. Die Wahl von Apotheker als HP-Chef erschiene dadurch nachträglich in einem unschönen, dem Geschäft abträglichen Zwielicht. Die Dauer des Gerichtsverfahrens wird auf vier bis fünf Wochen angesetzt, ist also bis Ende des Jahres über die Bühne. Auch das ein wichtiges Datum: Anfang 2011 bringt Oracle seine Fusion-ERP-Apps auf den Markt, eine direkte Konkurrenz für SAP. Oracle-Chef Ellison wäre sicher nicht um Worte verlegen, einen gewonnenen Gerichtsprozess direkt in geldwerten, strategischen Vorteil für sein Unternehmen umzumünzen.



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