25.05.2010, 08:09 Uhr

SAP hat In-Memory-Datenbank

Alle reden von superschnellen In-Memory-Datenbanken. SAP-Pionier Hasso Plattner erklärte auf der Sapphire, wie die Technologie funktioniert. Einen ersten Prototypen gibt es bereits.
Mit seinem BI-Analysetool BusinessObjects Explorer hatte SAP die enormen Möglichkeiten von In-Memory-Technologie bereits eindrücklich demonstriert. Der Explorer wertet viele Millionen Datensätzen in Bruchteilen von Sekunden aus. Die beiden Schlüsseltvorteile von In-Memory: Der Zugriff auf den Hauptspeicher, wo sämtliche Daten lagern, erfolgt im Vergleich zu zeitaufwendigen Schreib-Leseoperationen auf Festspeicher-Medien rasend schnell. Ausserdem können (fast) beliebig granulare Speicherteilbereich im RAM direkt angesprochen werden. In-Memory-Datenbanken organisieren Daten spalten-, und nicht zeilenweise.

Plattner: Traditionelle Lösungen überflüssig

Der Forschergruppe um SAP-Mitbegründer Hasso Plattner scheint es jetzt gelungen zu sein, die Funktionalitäten von relationalen Datenbanken und OLAP-Würfeln direkt im Arbeitsspeicher abzubilden. OLAP-Würfel (Online Analytical Processing) gelten als Wunderwaffe der Business Intelligence, denn sie erlauben mehrdimensionale Sichten auf existierende Datenbestände, damit verbunden statistische und analytischen Auswertungen. Vertriebler können damit "on the fly" zum Beispiel nach Regionen, Umsatzsiegern oder Produkten selektieren und ihre Abfragen relativ flexibel verändern. Vorab muss sich der Würfel die benötigten Daten aber über sogenannte ETL-Operationen (Extract, Transform, Load) mühsam zusammensuchen. Und ist eine Abfrage durch die vorhandene Würfelstruktur nicht abgedeckt, geht das ganze Procedere wieder von vorne los. Das kostet Zeit und Geld.

Live-Demo: In-Memory-Datenbank

In-Memory-Datenbanken umgehen diese Nachteile elegant. "Ich möchte nicht zur Hexenjagd auf traditionelle relationale Datenbanksysteme blasen, aber sie sind einfach überflüssig geworden", sagte Plattner auf seine Abschlusskeynote auf der Sapphire in Frankfurt/Main. Die OLAP-Engine müsse ihren Sitz in der Datenbank haben. Einen ersten Prototypen von SAPs In-Memory-Speichersystem scheint es bereits zu geben. Plattner demonstrierte seine "newDB" mit SAPs neuer On-Demand ERP-Lösung Business Bydesign 2.5; als Frontend diente ein iPad. Als Abfragesprache kam eine Art aufgemotztes SQL zum Einsatz. Das Demo-System funktionierte.

Risikoloser Migrationspfad

In-Memory-Technologie steigere die Performance um den Faktor 10 bis 100. Unternehmen hätten die immensen Vorteile zwar klar vor Augen, scheuten aber das Migrationsrisiko und liessen deshalb erst einmal die Finger davon, berichtete Plattner. Sollen doch andere Firmen den Beta-Tester spielen. Der SAP-Mitbegründer skizzierte deshalb einen, wie er immer wieder betonte, risikolosen Migrationspfad von traditionell auf neu: Im ersten Schritt wird In-Memory eine exakte logische Kopie des Dartenbestandes angelegt, der auf traditionellen Systemen von Oracle, IBM, Microsoft oder SAP lagert. Danach werden nach und nach die analytischen Reports herübergezogen. Der Betrieb des traditionellen ERPs sei zu keiner Sekunde beeinträchtigt, keine einzelne Codezeile des ERP-Quellcodes müsse verändert werden. In-Memory-Datenbanken sind im Prinzip ein vollwertiger Ersatz für das Stamm- und Transaktionsdaten-Management auf herkömmlichen Festplattenmedien. Aber sie sind nicht persistent. Fällt der Strom aus, gehen alle Daten im Arbeitsspeicher verloren. Als Backup sieht Plattner daher Solid-State-Disks (SSD) vor, die im Notfall ein zerschossenes System und verloren gegangene Daten schnell wieder herstellen. Damit bekommt man auch dieses Risiko in den Griff. SAP will die In-Memory-Lösung "Business Analytic Engine" als Appliance anbieten. Partner Hewlett Packard steuert seine HP Converged Infrastructure Technology dazu bei.

Alternative: SSDs

Bis SAPs In-Memory "NewDB" zur Marktreife gelangt, bietet sich der Einsatz von Flash-SSDs als Speichermedium für traditionelle, relationale Datenbanken an. Flash-SSDs sind persistente, noch relativ teure, aber sehr schnelle Speicher. Verglichen mit RAMs wirken selbst sie jedoch wie Tempobremsen. Die mittlere Zugriffsgeschwindigkeit auf Flash-SSDs beträgt 0,1 bis 0,3 Millisekunden, auf eine RAM-Disk als Teil des Arbeitsspeichers etwa 0,02 Mikrosekunden (0,2 Millisekunden entsprechen dabei 200 Mikrosekunden). Der Zugriff auf den Arbeitsspeicher selbst dauert je nach Typ und Taktung nicht länger als 10 bis 30 Nanosekunden (30 Millionen Millisekunden). Verglichen mit herkömmlichen Festplatten sind die potenziell erreichbaren Performancegewinne gigantisch.



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