06.07.2010, 06:00 Uhr

Raus aus der Beziehungskrise

Ob die Einführung eines CRM-Systems erfolgreich ist oder nicht, hängt weniger von der Software ab. Viel wichtiger ist das optimale Zusammenspiel der drei Erfolgsfaktoren Menschen, Prozesse und Technologien. Zum Glück ist das mit der richtigen Unterstützung durchaus realisierbar.
Jorit Dorn ist Senior Berater für CRM bei der Elca Informatik AG
Die gute Beziehung zum Kunden gehört zum wertvollsten Schatz eines jeden Unternehmens. Die Bedeutung, die dabei einem professionellen Customer Relationship Management (CRM) zukommt, ist unbestritten. Dieser Beitrag beleuchtet daher nicht die Vorteile eines CRM-Systems, sondern die Herausforderungen, die es bei dessen Einführung zu meistern gilt. Denn ein Blick in die Praxis zeigt, dass in der Realität weniger als die Hälfte aller CRM-Projekte wirklich zu einem vollen Erfolg werden.

CRM ist mehr als Software

CRM wird meistens mit einem Software-Produkt gleichgesetzt, bestenfalls mit einem Tool zur Steuerung der Verkaufschancen. Oft gehen die Unternehmen davon aus, dass sich allein durch ein CRM-System die Kundenbeziehungen wie durch Zauberhand von ganz alleine verbessern.
Angesichts einer solchen Erwartungshaltung erstaunt es wenig, wenn eine Vielzahl von CRM-Projekten nicht den gewünschten Erfolg bringen, respektive als teure Adresskartei enden. Es braucht also eine völlig andere Sicht der Dinge. Beim Management von Kundenbeziehungen geht es nicht um Software, sondern erstens um Menschen, die zweitens die richtigen Prozesse ausführen und denen man drittens die bestmöglichen Hilfsmittel zur Verfügung stellt - zum Beispiel ein CRM-System. Diese drei Komponenten - Menschen, Prozesse und Hilfsmittel - müssen in der richtigen Beziehung zueinander stehen.
Die angestrebte Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit lässt sich nur dann erzielen, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Sie betreffen die Strategie, die Kultur und die Mitarbeitenden des Unternehmens und sind als wichtige Meilensteine des Projekts zu verankern. Doch leider entscheiden sich immer wieder Unternehmen für die Einführung einer CRM-Lösung, ohne die Grundlagen für einen Erfolg geschaffen zu haben.
Ein CRM-System ist nicht einfach nur ein Verkaufs-Tool. Professionelles Customer Relationship Management setzt vielmehr die Entwicklung und Umsetzung einer kundenzentrierten Unternehmensstrategie voraus. Strategisch gesehen bildet das CRM eine unternehmensweite Führungs- und Organisationsphilosophie. Diese integriert sämtliche Aktivitäten, Massnahmen und Instrumente, welche die Kundenorientierung und -zufriedenheit verbessern können.
Deshalb braucht die Einführung eines CRM das Engagement des Top-Managements, ja, es soll sogar als umfassender Managementansatz verstanden werden. Damit signalisiert die Unternehmsführung allen die hohe Priorität des Vorhabens, was wiederum zu einer höheren Motivation und Identifikation aller am Projekt Beteiligten führt.

Prozesse optimieren

Wesentlicher Bestandteil eines CRM-Konzepts ist die permanente Verbesserung von Kundenprozessen. Zu diesen gehört auch die Kommunikation zwischen den Abteilungen, die in direktem Kundenkontakt stehen wie Service und Vertrieb. Um Defizite und Optimierungspotenziale zu erkennen, müssen die bestehenden Prozesse analysiert, von grob bis fein unterteilt und dokumentiert werden. Als besonders hilfreiches Instrument für diese Aufgabe haben sich Interviews mit den betroffenen Geschäftsbereichen erwiesen; deren Auswertung ergibt ein aufschlussreiches Gesamtbild.
Ein CRM verbindet im Idealfall alle Mitarbeitenden und Geschäftsabläufe, die mit dem Kunden interagieren. Das macht dessen Einführung zu einer Querschnittsaufgabe - und damit auch zum Prozessthema. Die Prozesse müssen auf einem differenzierten, ganzheitlichen Marketing-, Vertriebs- und Servicekonzept aufgebaut sein. Die Optimierung der Geschäftsprozesse ist daher ein zentraler Teil der erfolgreichen Umsetzung eines CRM-Konzepts. Die Prozessmodellierung ist entsprechend als Teil einer übergreifenden organisatorischen Verbesserungsmassnahme zu sehen - und zu kommunizieren.

Ziele setzen

Wichtig ist auch, dass vor Beginn des CRM-Projekts messbare und von allen betroffenen Bereichen akzeptierte Ziele kommuniziert werden. So werden die Schlüsselpositionen in die Verantwortung mit einbezogen. Zu diesen gehört unter anderem der Vertrieb: Das CRM muss dem Vertrieb einen direkten Nutzen bringen; nur so werden die Mitarbeitenden im Vertrieb die neuen Prozesse und das damit verbundene Tool akzeptieren, damit arbeiten und es mit Leben füllen.
Die erfolgreiche Implementierung eines CRM setzt ein sicheres Projekt mit Zielen und Kosten voraus. Mögliche Ziele können sein:
- Mehrwert schaffen über die gesamten Lebenszyklen von Kunden- und Lieferantenbeziehungen.
- Optimale Unterstützung der Mitarbeitenden bei allen geschäftsrelevanten Prozessen.
- Verbesserte Führungs- und Kontrollinstrumente von Marketing und Verkauf. Zum Beispiel: Auswertungsmöglichkeiten, Kundensegmentierung, Profitabilität von Produkten und Kunden, Qualitätskontrolle der Verkaufsprozesse.
- Effizientere und intensivere Kundenpflege als Reaktion auf eine verschärfte Marktsituation oder die gestiegenen Anforderungen der Kunden.

Erst jetzt kommt die Software

Die CRM-Software sollte erst evaluiert werden, wenn die Erfolgsgrundlagen geschaffen sind. Bei der Auswahl der Software ist darauf zu achten, dass sie sich den (frisch optimierten) Prozessen anpasst und nicht etwa umgekehrt. Das CRM soll Kundeninformationen abteilungsübergreifend zusammenführen und anderen Applikationen einheitlich zur Verfügung stellen. Wesentliche Bestandteile des Anforderungskatalogs sind deshalb Schnittstellenfähigkeit (zum Beispiel zum vorhandenen ERP), Skalierbarkeit, Wartung und Flexibilität (Möglichkeiten des Customizing).
Zwei weitere Aspekte dürfen nicht vergessen werden, da sie grossen Einfluss auf das nachhaltige Gelingen des CRM-Projekts haben:
- Schulung und Support: Wer mit dem CRM arbeitet, muss angemessen geschult wer-den; auch der Support muss von Beginn weg sichergestellt sein.
- Kontinuierliches Prozessmonitoring: Auch nach der Einführung des CRM sollten die Geschäftsprozesse laufend überwacht und optimiert werden. Dabei ist wichtig, dass allfällige Änderungen proaktiv kommuniziert werden.

Fazit: Keine unendliche Geschichte

Die erfolgsrelevante laufende Optimierung der Prozesse lässt den Eindruck entstehen, ein CRM sei quasi eine «never ending story». Das Gegenteil ist der Fall: Mit der richtigen Unterstützung kann bereits nach wenigen Wochen eine erste Version in Betrieb genommen werden. Mit «richtig» ist ein CRM- erfahrener Consultant oder externer Berater gemeint, der die drei Komponenten Menschen, Hilfsmittel und Prozesse gleichwertig und in der korrekten Reihenfolge behandelt - und so sicher-stellt, dass aus dem CRM-Projekt eine Erfolgsstory wird - und keine teure Adresskartei.
Jorit Dorn



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