17.03.2006, 18:08 Uhr

«Es besteht ein riesiges Optimierungs- potenzial»

In der Schweiz gibt es bereits mehr als 1000 zertifizierte Software-Tester. Computerworld sprach mit Adrian Zwingli, CEO von SwissQ Consulting und Veranstalter des Swiss Testing Days.
Software wird seit rund vierzig Jahren getestet. Aber erst in jüngster Zeit hat bei der Entwicklung eine Professionalisierung Einzug gehalten. Früher nahm man den schlechtesten Programmierer zum Testen oder man hat Businessleute hinzugezogen. In der Zwischenzeit hat sich das Testing jedoch zu einer Managementdisziplin entwickelt. COMPUTERWORLD:Welche Bedeutung hat das Testing in der Schweiz? ADRIAN ZWINGLI:Das Testing wurde in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt. Mit dem heutigen Qualitäts- und Kostendruck gewinnt das Testing jedoch zunehmend an Bedeutung und mausert sich zu einer Engineering-Disziplin. COMPUTERWORLD:Wie beeinflussen das Testing die Kosten und Produktivität von Entwicklungsteams?ADRIAN ZWINGLI:Erhebungen zeigen, dass das Testing rund 50 Prozent der Projektzeit in Anspruch nimmt. Allein das zeigt, dass ein riesiges Optimierungspotenzial besteht. Zum Beispiel kann eine gezielte Teststrategie die Effizienz des Testteams um bis zu 50 Prozent steigern und dabei auch noch das Entwicklungsteam um einiges Entlasten. COMPUTERWORLD:Wann sollte das Testing in einem Projekt einsetzen? ADRIAN ZWINGLI:Bereits beim Startschuss des Projekts. Dies wird jedoch oft vernachlässigt. Bereits nach Abschluss der Analyse können wir für den Systemtest oder die Abnahme anhand der Anforderungen einen Testplan erstellen. Daraus können die ersten Testanforderungen erstellt werden. Erfahrungsgemäss können dadurch - bevor das Design überhaupt gestartet wird - 20 bis 30 Prozent der Fehler aufgedeckt werden. Oftmals werden einfach Annahmen getroffen, die dann einer Hinterfragung nicht standhalten. COMPUTERWORLD:Wie kann diese Zusammenarbeit zwischen Entwickler und Tester bei Offshore-Projekten gewährleistet werden? ADRIAN ZWINGLI:Eine sicher nicht leicht zu lösende Aufgabe. In erster Linie findet die Zusammenarbeit mehr mit dem Requirements-Management-Team und der Projektleitung statt, da meistens nur die Entwicklung selbst ausgelagert wird. Dies bedarf jedoch einer noch intensiveren Kommunikation und schriftlicher Dokumentation der Sachverhalte. Zusätzlich muss das Abnahmevorgehen, was zu zirka 90 Prozent aus Testen besteht, bereits vor Projektvorgabe an ein Offshore-Unternehmen definiert sein. COMPUTERWORLD:Welche speziellen Anforderungen werden ausserdem an die Tester gestellt? ADRIAN ZWINGLI:Mitarbeiter aus dem Testbereich benötigen, neben ausgeprägten analytischen Fähigkeiten, vor allem in den kommunikativen und interkulturellen Bereichen gute Skills. Allerdings ist es nicht leicht, Mitarbeiter mit all diesen Fähigkeiten zu finden. Zusätzlich gibt es im Software-Test-Bereich noch wenige erfahrene Personen, die sich in diesem Fachbereich sowie auch in Management-Disziplinen und dem Thema Offshoring auskennen. COMPUTERWORLD:Was müssen Auftraggeber besonders beachten, wenn sie einen Entwicklungsauftrag offshore vergeben? ADRIAN ZWINGLI: Es gibt einmal die bereits bekannten Punkte wie etwa eindeutige Anforderungen und realistische Planung. Wir aus dem Software Testing können jedoch bereits vor den ersten Offshore-Arbeiten in dem Projekt verifizieren, ob alle benötigten Informationen und Prozesse für ein erfolgreiches Offshoring vorhanden sind und somit die meistgenannten Gründe für nicht erfolgreiche Projekte im Offshore-Bereich beseitigen. Eine eigentliche Qualitätssicherung bevor man überhaupt anfängt zu entwickeln. COMPUTERWORLD:Werden sich die Schweizer Entwickler künftig auf das Testing beschränken? ADRIAN ZWINGLI: Nein, dies sicher nicht. Unternehmen können nicht alles offshore entwickeln lassen: Einerseits wegen sensibler Daten, anderseits möchte man Core-Prozesse und die damit verknüpften Wettbewerbsvorteile nicht einer Dritt-Firma anvertrauen. Grundsätzlich kann jedoch gesagt werden, dass sich die Mitarbeiter hier in der Schweiz in der Wertschöpfungskette nach oben bewegen müssen. Also zum Beispiel weg von der Programmierung, mehr in die Bereiche Solution Engineering, Architektur Design oder Projekt Management. Fredy Haag


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