06.06.2011, 09:45 Uhr

Stromsparen mit Rechenfehlern

Um Strom zu sparen, müssen Computerprogramme nur kleine Fehler in Kauf nehmen.
Kleine Rechenfehler sollen beim Energiesparen helfen. Dieser Gedanke steht hinter «EnerJ», einem Programmiersystem von Forschern der University of Washington. «Dadurch würden Handy-User kompaktere Geräte, längere Akkulaufzeiten oder beides bekommen. Rechenzentren sollten niedrigere Stromrechnungen sehen», meint Luis Ceze, Dozent für Informatik und Computertechnik an der University of Washington (UW). Der Trick ist dabei, dass viele gängige Berechnungen ohnehin eine gewisse Fehlertoleranz erfordern - was «EnerJ» energiesparend ausnutzt.

Kleine Fehler

Bei vielen Prozessen auf Computern fallen geringe Abweichungen nicht ins Gewicht, teils würden Programme sonst gar nicht funktionieren. «Eine Bilderkennung muss mit kleinen Problemen klarkommen, beispielsweise einem Staubfleck», erklärt UW-Doktorand Adrian Sampson. Wenn gezielt in Kauf genommene Rechenungenauigkeiten praktisch zusätzliche virtuelle Flecken verursachen, sollte der Algorithmus auch das verkraften - kleine Detailfehler beeinträchtigen also das Programm letztlich nicht. Ähnliches gilt beispielsweise auch bei Video- und Audio-Streaming sowie oftmals bei Spielen.
Bei solchen Programmteilen kann «EnerJ» die Ausführung energiesparender machen. Das geschieht Software-seitig beispielsweise dadurch, dass das System kleine Rundungsfehler in Kauf nimmt und weniger Genauigkeitsprüfungen durchführt - den Prozessor also einfach weniger belastet. Zudem ist es möglich, manche Berechnungen bei geringerer Betriebsspannung der Transistoren auszuführen. Dadurch steigt zwar die Zahl zufälliger Rechenfehler. Ist ein Prozess gegen solche Fehler aber unempfindlich, überwiegt klar der Vorteil des geringeren Stromverbrauchs.

Grosse Wirkung

«Wenn man sich pro 100'000 Operationen einen Fehler leisten kann, kann man schon viel Energie sparen», sagt Ceze. Die Forscher schätzen, dass allein die rein Software-seitigen Tricks ihres Systems 30 bis 50 Prozent an Stromersparnis bringen. Simulationen haben zudem gezeigt, dass «EnerJ»-gesteuerte Hardware im Schnitt ein Viertel bis ein Fünftel weniger Energie verbraucht. Das wollen sie jetzt in Labortests auch praktisch nachweisen. Durch Kombination beider Aspekte hält das Team jedenfalls Einsparungen von etwa 90 Prozent für möglich.
Natürlich gibt es auch Prozesse, die wirklich exakte Berechnungen erfordern - beispielsweise die Verschlüsselung beim Online-Banking. «EnerJ» löst dieses Problem, indem es Programmcode zweiteilt. Getrickst wird dann nur bei unempfindlichen Prozessen. Teile, die höchste Präzision zwingend erfordern, werden auch normal ausgeführt. «Wir stellen sicher, dass keine Daten vom ungenauen Teil in den exakten übergehen», betont Sampson. Damit ist sichergestellt, dass es nicht zu kritischen Fehlberechnungen kommt. (Quelle: Pressetext.com)
Harald Schodl



Das könnte Sie auch interessieren