Gastbeitrag 11.11.2022, 07:30 Uhr

IT-Konflikte erfolgreich managen

Konflikte in ICT-Projekten können die beteiligten Akteure überfordern. Wenn dann eine externe Schlichtung erforderlich ist, können Spezialistinnen und Spezialisten aus dem ITDR-Netzwerk eine Hilfe sein.
Wenn sich Vertragsparteien nicht einigen können, bieten ITDR-Experten Hilfestellung
(Quelle: Shutterstock/fizkes)
Digitalisierung in einer vernetzten Welt bedeutet den Einsatz von ICT, also von IT- und Netzwerk-Infrastruktur – und damit auch die Abwicklung komplexer technischer Projekte. IT-Experten jeder Fachrichtung, insbesondere Securityspezialisten, Infrastrukturspezialisten, Hardwarelieferanten usw. – sie alle sind Teil von IT- und/oder Digitalisierungsprojekten. Nur im Zusammenspiel können die Projekte erfolgreich umgesetzt werden. Kommt es zu Missverständnissen, kann rechtzeitiges Konfliktmanagement zu Deblockierung führen: Es spart Energie, Geld sowie Zeit und schafft Freiraum und Platz für neue Lösungsansätze.

Herausforderung IT-Projekte

IT-Projekte sind anspruchsvoll und gehen mit zahlreichen Herausforderungen einher: Rigorose Budgetvorgaben, Lieferschwierigkeiten, Personalmangel und Zeitdruck sind nur ein paar der immer wieder auftretenden Probleme, die zu bewältigen sind.
Um diese Herausforderungen besser meistern zu können, empfiehlt es sich, vor dem Projektstart zusätzliche Instrumente zu implementieren. Ein Anhang mit einem Prozess für die Eskalation im Bedarfsfall kann zwar helfen, Probleme zwischen den Parteien auf Managementstufe anzugehen. Dies ist aber oft nicht genügend, da die Stakeholder, das Management, immer auch eigene Interessen im Projekt vertreten. Es empfiehlt sich deshalb, das Projektteam durch eine externe Begleitung – eine ausgebildete und spezialisierte Konfliktmanagerin oder einen Mediator – zu ergänzen.
Ein möglicher Lösungsweg, um Konflikte vorzeitig zu adressieren und zu lösen, ist ITDR – die Institution for IT and Data Dispute Resolution (www.itdr.ch). Die Vereinigung von Rechtsexperten und IT-Spezialisten kann zusammen mit ihren Partnern die Konfliktparteien in vielen Bereichen unterstützen.

Was ist ITDR?

ITDR ist eine Non-Profit-Organisation, die Dienstleistungen zur alternativen Streitbelegung (Alternative Dispute Resolution) im ICT-Bereich anbietet. ITDR wird von den Verbänden Swico und swissICT sowie dem Institut für Geistiges Eigentum unterstützt und kooperiert mit der Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation (SKWM). ITDR bietet mit einer grossen Zahl an juristischen und technischen Expertinnen und Experten spezifische Dienstleistungen für die nationale und internationale IT- und Datenschutzkonfliktlösung mit Bezug zur Schweizer Rechtsprechung an. Auf Basis der Schieds- und Mediationsordnungen des renommierten und bestens etablierten Swiss Arbitration Center hilft ITDR, mittels IT-Schiedsgerichtsbarkeit, IT-Mediation und Expertengutachten Probleme und Konflikte kompetent, kosteneffizient und zeitnah zu lösen.

Konfliktfall – und wie weiter?

Wurde in einem Projekt in einer ersten Phase ein ICT-Projektmoderator festgelegt, so kann dieser in schwierigen Situationen – sei es vordefiniert oder ad hoc – angerufen werden. Jede Partei muss die Option haben, diesen Schritt einzuleiten. Als ICT-Projektmoderatorin oder -mediator sollte unbedingt eine erfahrene Person mit Mediatorenausbildung – mit Schwerpunkt IT – ausgewählt werden. Zusammen mit dem Festlegen der anwendbaren Bedingungen für die Wahl des ICT-Projektmoderators wird auch die Mediations- und Schiedsordnung bestimmt.
Der basierend auf ITDR eingesetzte ICT-Konfliktmoderator versucht, auf der Grundlage massgeschneiderter Vereinbarungen mit den betroffenen Parteien ein Klima für die reibungslose Durchführung eines ICT-Projekts zu schaffen. Hierbei werden nicht nur die kommerziellen und technischen Interessen, sondern auch die persönlichen Anliegen der Projektleiter und der Projektmitarbeitenden beider Parteien berücksichtigt. Der ICT-Konfliktmoderator ist dahingehend geschult und bringt nicht nur juristische, sondern auch Fachkenntnisse aus dem sozialen sowie psychologischen Bereich mit.

ICT-Projektmoderation

Eine Form der Konfliktintervention, bei welcher der Mediator oder das Mediationsteam die Parteien hinsichtlich ihrer Verhandlungen unterstützt, ist wie erwähnt das Konfliktmanagement mittels Mediation. Die Parteien stellen ihre Sichtweise schriftlich und/oder mündlich dem ICT-Projektmoderator dar, der die Parteien separat anhört, Fragen stellt, um den Sachverhalt zu verstehen und Kommunikations- und ICT-Probleme zu eruieren versucht. Mittels Einzel- und Parteiengesprächen werden die Positionen und Themen strukturiert, vertraulich mit dem neutralen ICT-Projektmoderator geteilt und dann auch zwischen den Parteien Schritt für Schritt gelöst. Diese Gespräche zwischen der einzelnen Partei und dem ICT-Projektmoderator erlauben es, Interna weiterzugeben wie beispielsweise Budgetthemen oder Herausforderungen in Bezug auf Know-how oder Zeitdruck, und nach Lösungen zu suchen, ohne dass diese Interna offengelegt werden müssen. Es erlaubt den Parteien eine schrittweise Annäherung an die Lösung, wobei die Gespräche immer vertraulich bleiben.

IT-Schiedsgerichtsbarkeit

Können sich die Parteien im Rahmen eines Projekts trotz IT-Projektmoderation nicht auf eine Lösung einigen oder haben sie die Durchführung einer solchen Moderation gar abgelehnt, so kann IT-Schiedsgerichtsbarkeit eine Lösung des Konflikts darstellen, dies basierend auf Vertraulichkeit, die bei staatlichen Gerichtsverfahren wegen des Öffentlichkeitsprinzips nicht gegeben ist. Gerade bei Cybervorfällen, die zu hohen Kosten, aber auch vielen technischen Fragen rund um die angewandten Sicherheitslösungen und deren Wirksamkeit führen, ist IT-Schiedsgerichtsbarkeit etwa in Auseinandersetzungen mit Versicherungen oder Lieferanten ein effizienter Weg der Konfliktlösung.
Das IT-Schiedsgerichtsverfahren basierend auf ITDR-Regeln ist eine gesetzlich anerkannte und garantierte Form der Rechtsprechung, bei der private Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, die auf ICT spezialisiert sind, auf Grundlage eines formalen juristischen Verfahrens eine für die Parteien verbindliche Entscheidung treffen.

Expertengutachten

Nebst mehr rechtlich gelagerten Fragen können technische Fragestellungen in einem IT-Konflikt oftmals zentral sein. Wurden genügend technische Massnahmen implementiert? Waren diese technischen Massnahmen adäquat (zum Beispiel in Bezug auf Schlüssellänge, Wahl des Providers, Handling der Netzwerksicherheit, Know-how der eingesetzten technischen Experten)? Antworten auf diese Fragen bedingen in erster Linie eine technische Expertise: Ob ein Netzwerkport hätte offenbleiben können/dürfen/müssen, können nur (ITDR)-Expertinnen und Exerten aus technischer Sicht beurteilen. Dasselbe gilt für Firewall Rules, Verschlüsselungstechniken, die Prüfung von Log Files, die Beurteilung und Implementierung von Eskalationsmechanismen inklusive dem Shutdown von Teilen des Netzwerks im Bedrohungsfall usw.

ITDR für mehr Projekterfolg

ICT-Projekte sind charakterisiert durch lange Laufzeit, Komplexität und hohe Investitionen in Personal und Ressourcen. Um die potenziellen Störfaktoren zu bewältigen, bringt die alternative Streitbeilegung via ITDR Vorteile wie Vertraulichkeit, Zeit, Zusammenarbeit mit Spezialisten und Einflussnahme auf den Prozess. Nur wer Konfliktmanagement berücksichtigt und von Beginn an alles daransetzt, sie schnell anzugehen und professionell zu lösen, wird dies in erfolgreiche Projekte ummünzen können.
Die Autorin
Carmen De la Cruz
Lexcellence
Carmen De la Cruz ist Rechtsanwältin, Wirtschaftsinformatikerin und Partnerin im Anwaltsbüro Lexcellence. www.lexcellence.swiss



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