Nanoforschung 30.06.2020, 15:55 Uhr

Neue Theorie für Halbleiter aus Nanokristallen

ETH-​Forschende haben die erste theoretische Erklärung dafür geliefert, wie elektrischer Strom in Halbleitern aus Nanokristallen geleitet wird. Dadurch könnten in Zukunft neue Sensoren, Laser oder LEDs für Bildschirme entwickelt werden.
Dicht gepackte Kristalle in einem Nanokristall-​Halbleiter: Das Modell der ETH-​Forschenden beschreibt jedes einzelne Atom darin.
(Quelle: Nature Communications/ETHZ)
Seit einigen Jahren kann man Fernsehapparate kaufen, in denen mit QLED-​Technologie brillante Farben erzeugt werden. Das «Q» steht dabei für «Quantenpunkt». Quantenpunkte sind wenige Nanometer grosse Kristalle eines Halbleitermaterials, die aus einigen tausend Atomen bestehen. Diese Nanokristalle sind so winzig, dass die Elektronen in ihnen nur wohldefinierte quantenmechanische Energiezustände einnehmen können; werden die Quantenpunkte von der Hintergrundbeleuchtung des Fernsehmonitors angestrahlt, so wird durch Quantensprünge zwischen diesen Zuständen Licht einer bestimmten Farbe ausgesandt.
In der nächsten Generation von QLED-​Fernsehapparaten hofft man, die Quantenpunkte mit elektrischem Strom direkt zum Leuchten zu bringen anstatt über eine Hintergrundbeleuchtung. Dazu fehlte allerdings bisher das theoretische Verständnis davon, wie Strom durch einen dünnen Film aus Nanokristallen geleitet wird. Forschende am Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik der ETH Zürich haben nun unter Leitung von Vanessa Wood diese Lücke geschlossen, wie sie im Fachjournal Nature Communications berichten.

Eher Matratze als Tischplatte

Wie Strom durch Halbleiter fliesst, die nicht Nanometer-​Grösse haben, weiss man schon seit mehr als neunzig Jahren, und es gibt spezielle Software, mit der man ihr Verhalten modellieren kann. Industriell können die elektronischen Eigenschaften von Halbleitern durch gezielte Beigabe von Fremdatomen – das Dotieren – kontrolliert werden, wodurch sich die Anzahl von freien Ladungsträgern (Elektronen) ändert. Bei Halbleitern dagegen, die aus vielen kleinen Nanokristall-​Quantenpunkten bestehen, sind diese Methoden nicht so einfach anwendbar.
In Nanokristallen führt die Beimischung von Fremdatomen nicht unbedingt zu freien Ladungsträgern. Zudem verhalten sich freie Ladungen nicht in der gleichen Weise. «Ladungsträger in normalen Halbleitern bewegen sich wie Kegelkugeln, die auf einer glatten Tischplatte rollen, während sie sich in einem Nanokristall-​Material eher wie Kugeln auf einer weichen Matratze verhalten – sie sinken ein und verformen sie», veranschaulicht Wood das Problem.

Autor(in) Oliver Morsch, ETH News



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