Moralisches Dilemma auch bei autonomen Autos

Moral Machine: Regionale Unterschiede

Bei der Auswertung nach Ländern ergaben sich drei grosse Gruppen: westliches, östliches und südliches Cluster. Die Entscheidungen in vielen asiatischen Ländern (östliches Cluster) weichen von den anderen Gruppen dadurch ab, dass sie nicht die jüngeren Menschen verschonen würden. Stattdessen gilt in diesen Ländern der Respekt vor den älteren Mitgliedern der Gemeinschaft. Das südliche Cluster (Mittel- und Südamerika) unterscheidet sich vom westlichen Cluster (Europa, Nordamerika) unter anderem dadurch, dass die Mittel- und Südamerikaner sehr viel öfter eingreifen würden als auf das Lenken zu verzichten.

Die Ergebnisse der «Moral Machine» weichen teilweise von den Regeln ab, die die deutsche Ethik-Kommission in ihrem Bericht «Autonomes und vernetztes Fahren» im Juni 2017 niedergelegt hat. So heisst es in Regel 9: «Bei unausweichlichen Unfallsituationen ist jede Qualifizierung nach persönlichen Merkmalen (Alter, Geschlecht, körperliche oder geistige Konstitution) strikt untersagt.» In derselben Regel steht drei Sätze weiter: «Die an der Erzeugung von Mobilitätsrisiken Beteiligten dürfen Unbeteiligte nicht opfern.» Den Ergebnissen der Studie zufolge hat ein Grossteil der Befragten weltweit andere moralische Vorstellungen.

Grundsätzlich finde sie das Ziel der Autoren richtig, eine Debatte über die «ethische Programmierung» von selbstfahrenden Autos anzustossen, bevor diese auf den Strassen fahren, kommentiert Silja Vöneky von der Universität Freiburg die Studie. «Wir sollten aber nicht glauben, dass wir alle Normen und Prinzipien neu erfinden oder ändern müssen, nur weil es um eine neue Technik geht.» Dilemmasituationen habe es schon vorher gegeben und mit den Menschenrechten existierten bereits rechtlich bindende ethische Prinzipien.

Armin Grunwald vom Karlsruher Institut für Technologie warnt sogar vor den Schlussfolgerungen der Studie: «Weder aus Spielen noch aus Umfragen kann etwas über die ethische Zulässigkeit von Normen gelernt werden. Ansonsten könnte nach jedem schweren Verbrechen eine Umfrage gemacht werden, die mit ziemlicher Sicherheit für die Einführung der Todesstrafe ausgehen würde.» Grunwald gehörte der Ethik-Kommission an, die den Bericht «Autonomes und vernetztes Fahren» verfasst hat.



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