Ein Material mit besonderem Dreh

Verblüffende Eigenschaften

«Nach dem Motto ‹mehr ist besser› haben wir zusätzlich noch eine dünne Schicht eines anderen Materials zwischen die Molybdän-​Diselenid Scheiben eingefügt», sagt Yuya Shimazaki, leitender Postdoktorand in Imamoğlus Arbeitsgruppe. Diese Schicht aus Bornitrid sorgt dafür, dass Elektronen trotz der Nähe zwischen den beiden verdrehten Scheiben nicht hin und her tunneln können. Legt man danach eine elektrische Spannung an das Material, lässt sich dadurch genau kontrollieren, wie viele Elektronen sich darin aufhalten. Um schliesslich herauszufinden, wie sich die Elektronen nun in diesem Sandwich-​Material bewegen, beleuchteten die Forscher es mit Laserlicht und regten dadurch die Elektronen an.
«Unser Material erlaubt es, Elektronen mit optischen Mitteln zu untersuchen», erklärt Imamoğlu. «Das ist ein grosser Vorteil gegenüber anderen 2D-​Materialien wie etwa Graphen.»  Aus den Lichtsignalen, welche die angeregten Elektronen aussenden, lassen sich viele verblüffende Eigenschaften der Elektronen herauslesen. Am überraschendsten fanden die Physiker das Verhalten ihres Materials, wenn es genauso viele Elektronen enthielt, wie es Gitterpunkte in den Moiré-​Gittern der beiden Scheiben gab.
In diesem Fall bildeten sich in beiden Scheiben so genannte Mott-​Isolator-Zustände, in denen jeweils genau ein Elektron einen Gitterplatz besetzt. Das Besondere dabei war, dass sich die Mott-​Isolator-Zustände gegenseitig stabilisierten und selbst durch starke äussere elektrische Felder nicht bewegt werden konnten und daher auch kein Strom floss. «Das ist das erste Mal, dass ein solches Verhalten beobachtet werden konnte», sagt Imamoğlu.

Ideales Material für künftige Untersuchungen

Das neue Material öffnet die Tür für eine ganze Reihe von weiteren spannenden Untersuchungen, denn das Material ist ideal für kontrollierte Experimente mit stark wechselwirkenden Elektronen. Über die Bornitrid-​Schicht und den Winkel zwischen den Molybdän-​Diselenid-Scheiben können die Forscher die Eigenschaften des Materials und die Stärke der Wechselwirkungen verändern. Das erlaubt es ihnen, komplexe physikalische Vorgänge zu untersuchen, die sich in anderen Materialien nur schwer realisieren lassen.
Dieser Artikel ist zunächst auf ETH News erschienen.

Autor(in) Oliver Morsch, ETH News



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