Big Data 24.02.2022, 07:22 Uhr

Komplexe Dynamik aus Daten vorhersagen

Forschende der ETH Zürich haben einen neuen Algorithmus entwickelt, der es ihnen erlaubt, die Dynamik physikalischer Systeme aus Beobachtungen zu modellieren. In Zukunft könnte er auf das Entstehen von Turbulenz und Kipppunkte im Klima angewandt werden.
Wirbelablösung in der Atmosphäre ist ein Beispiel für nichtlineare Dynamik.
(Quelle: Nasa Earth Observatory)
Physikalische Systeme zu modellieren, die sich dynamisch entwickeln, ist ein zentraler Bestandteil von Wissenschaft und Technik. Ingenieurinnen und Ingenieure müssen wissen, wie die Flügel eines neuen Flugzeugmodells unter bestimmten Flugbedingungen vibrieren, und Klimaforschende versuchen vorherzusagen, wie sich globale Temperaturen und Wettermuster in der Zukunft entwickeln.
Das sind schwierige Aufgaben, denn die zugrundeliegenden Systeme verhalten sich ihrer Natur nach nicht linear. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Flugzeugflügel sich nicht doppelt so weit biegt, wenn man eine doppelt so grosse Kraft auf ihn ausübt (er könnte sich entweder stärker oder auch weniger stark biegen).
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind in der Lage, solche nichtlinearen dynamischen Systeme zu modellieren, indem sie entweder lineare Näherungen machen oder aber bestimmte nichtlineare Gleichungen annehmen und dann das Modell den beobachteten Daten anpassen. Beide Ansätze führen allerdings zu Modellen, die oftmals nur über einen begrenzten Bereich der Bewegungen des Systems gültig sind.
Eine Gruppe von Forschenden unter der Leitung von George Haller, Professor für nichtlineare Dynamik an der ETH Zürich hat nun gemeinsam mit Forschenden der Universität Bremen einen neuen Weg gefunden, um Computer dazu zu bringen, direkt aus experimentellen Daten nichtlineare dynamische Modelle herzuleiten, die deutlich genauere Vorhersagen machen können also frühere Algorithmen.

Die Grenzen des statischen Maschinenlernens

In den letzten Jahren haben Forschende enorme Fortschritte dabei gemacht, Computern beizubringen, wie man Muster, Gesichter und sogar menschliche Sprache erkennt. «Das sind unglaubliche Errungenschaften», sagt Haller, «aber solche Ansätze des maschinellen Lernens wurden für Probleme erdacht, die im Wesentlichen statisch sind.
Im Gegensatz dazu ist es deutlich schwieriger, Computer dazu zu bringen, das Verhalten dynamischer Systeme zu lernen, selbst wenn sie so augenscheinlich simpel sind wie Wasser, das in einem Becken schwappt.» Ein vollständiges physikalisches Modell für schwappendes Waser müsste nicht nur den gesamten Flüssigkeitsfluss beinhalten, sondern auch andere Phänomene wie das Brechen von Wellen auf der Oberfläche. Herkömmliche Simulationen, die all dies berücksichtigen, sind selbst auf modernen Supercomputern äusserst zeitaufwendig.

«Unser neuer Ansatz beruht auf der Einsicht, dass man nicht alle Details der Dynamik wiedergeben muss, sondern nur ihre Schlüsselelemente», sagt Mattia Cenedese, Postdoktorand in Hallers Gruppe und Erstautor der soeben im Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Studie.

Autor(in) Oliver Morsch, ETH News



Das könnte Sie auch interessieren