Grundlagenforschung 08.06.2022, 14:48 Uhr

Einstellbare Quantenfallen für Exzitonen

Forschenden der ETH Zürich ist es erstmals gelungen, Exzitonen – also Quasiteilchen aus negativ geladenen Elektronen und positiv geladenen Fehlstellen – in einem Halbleitermaterial mit steuerbaren elektrischen Feldern einzufangen.
Ein Laserstrahl (orange) erzeugt Exzitonen (violett), die durch elektrische Felder im Halbleitermaterial eingefangen sind.
(Quelle: Puneet Murthy / ETH Zürich)
In Halbleitermaterialien kann Strom sowohl von Elektronen als auch von positiv geladenen Löchern, also fehlenden Elektronen, geleitet werden. Durch Lichteinfall können Elektronen zudem in ein höheres Energieband befördert werden, wodurch im ursprünglichen Band ein Loch übrigbleibt. Elektron und Loch werden nun durch elektrostatische Anziehung zu einem so genannten Exziton, einem Quasiteilchen, das sich insgesamt wie ein neutrales Teilchen verhält. Wegen ihrer elektrischen Neutralität liessen sich Exzitonen bislang nur schwer an einer bestimmten Stelle eines Materials festhalten.
Einem Team von Wissenschaftlern um Ataç Imamoğlu, Professor am Departement Physik, Puneet Murthy, Postdoc in dessen Gruppe, und David Norris, Professor am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich, ist es nun erstmals gelungen, Exzitonen mit steuerbaren elektrischen Feldern auf kleinstem Raum einzufangen und die Quantisierung ihrer Bewegung nachzuweisen. Von diesen soeben im Fachjournal Nature veröffentlichten Ergebnissen erhoffen sich die Forschenden Fortschritte bei Anwendungen in optischen Technologien und neue Einblicke in fundamentale physikalische Phänomene.

Wichtige Schnittstelle

«Exzitonen spielen eine wichtige Rolle an der Schnittstelle zwischen Halbleitern und Licht», sagt Murthy. Sie kommen unter anderem in Lichtsensoren, Solarzellen oder auch neuartigen Einzelphotonen-​Quellen für Quantentechnologien zum Einsatz. Sie auf kontrollierte Weise einzufangen, ist seit vielen Jahren ein ehrgeiziges Ziel in der Festkörperforschung.
Links: Durch Anlegen einer Spannung an die obere und untere Elektrode sammeln sich im Halbleiter Löcher (blau) und Elektronen (rot) an. Zwischen diesen Bereichen bildet sich ein elektrisches Feld, durch das Exzitonen (blau/rot) polarisiert und eingefangen werden können. Rechts: In der resultierenden «Falle» werden die Exzitonen zum Energieminimum hingezogen.
Quelle: Puneet Murthy / ETH Zürich
Ihre Exzitonen-​Fallen stellen die ETH-​Physiker her, indem sie eine dünne Schicht des Halbleitermaterials Molybdän-​Diselenid zwischen zwei Isolatoren packen und oben und unten jeweils eine Elektrode hinzufügen (s. Grafik). Die obere Elektrode bedeckt dabei nur einen Teil des Materials. Dadurch bildet sich bei Anlegen einer Spannung ein elektrisches Feld, dessen Stärke von der Position im Material abhängt. Dies führt wiederum dazu, dass sich im Halbleiter direkt unterhalb der oberen Elektrode positiv geladene Löcher, anderswo dagegen negativ geladene Elektronen ansammeln. Zwischen diesen beiden Zonen entsteht so in der Ebene des Halbleitermaterials ebenfalls ein elektrisches Feld.

Autor(in) Oliver Morsch, ETH News



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