Halbleiter-Forschung 26.04.2021, 14:26 Uhr

Einmalig scharfer Röntgenblick

Forschenden des Paul Scherrer Instituts PSI ist es erstmals gelungen, mit der Methode des Transient Grating Spectroscopy ins Innere von Stoffen zu blicken. Dazu nutzten sie die Röntgenstrahlen des SwissFEL.
Cristian Svetina an der Experimentierstation des Freie-Elektronen-Röntgenlasers SwissFEL
(Quelle: Mahir Dzambegovic/PSI)
Die Strukturen auf Mikrochips werden immer winziger, Festplatten schreiben ganze Enzyklopädien auf fingernagelgrosse magnetische Scheiben: Viele Technologien durchbrechen derzeit die Grenzen der klassischen Physik. Doch in der Nanowelt gelten andere Gesetze – die der Quantenphysik. Und dort sind noch viele Fragen offen: Wie wandert eigentlich Wärme durch ein Halbleitermaterial? Was passiert genau, wenn einzelne Bits in eine Computerfestplatte magnetisiert werden? Auf viele dieser und vieler anderer Fragen gibt es noch keine Antworten, hauptsächlich weil die üblichen experimentellen Methoden nicht tief und genau genug in die Werkstoffe schauen können und weil manche Vorgänge viel zu schnell für herkömmliche Experimentierverfahren ablaufen. Wenn man aber die technische Miniaturisierung weitertreiben will, muss man solche Phänomene auf atomarer Ebene verstehen.
Der Methodenmix macht's
Frischen Wind in die Sache bringt nun eine neue Methode, die sich Cristian Svetina vom PSI ausgedacht hat, gemeinsam mit Jeremy Rouxel und Majed Chergui an der EPFL in Lausanne, Keith Nelson am MIT in den USA, Claudio Masciovecchio am Fermi-FEL in Italien sowie weiteren internationalen Partnern. «Obwohl, neu ist die Methode eigentlich nicht, sie wird seit Jahrzehnten im optischen Bereich mit grossen Erfolgen eingesetzt», sagt Svetina, der am PSI derzeit die neue Experimentierstation Furka an der Strahllinie Athos am SwissFEL aufbaut. Das Besondere sei die Kombination und Erweiterung bekannter Methoden aus der nichtlinearen Laserphysik, aber eben mit dem Röntgenlicht aus dem neuen Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL. In dieser Kombination ist das sowohl neu als auch überraschend. Zahlreiche andere Forscherteams weltweit haben Versuche unternommen, allerdings ohne Erfolg. Zuletzt wurden sogar Zweifel laut, ob diese neuen Experimente bei den hohen Energien von Röntgenstrahlung überhaupt erfolgreich sein können. Das Team am PSI hat bewiesen: Ja, es geht.
Im Kern handelt es sich um ein Verfahren, das sich im Englischen Transient Grating Spectroscopy nennt, was übersetzt so viel wie Übergangsgitter-Spektroskopie bedeutet. Unter Spektroskopie fassen die Physiker einen bewährten Strauss an Methoden zusammen, um Informationen über ein Material zu gewinnen, etwa aus welchen chemischen Elementen und Verbindungen es besteht, welche magnetischen Eigenschaften es besitzt oder wie sich die Atome darin bewegen. Bei der speziellen Variante der Transient Grating Spectroscopy wird die Probe mit zwei Laserstrahlen beschossen, die ein Interferenzmuster erzeugen. Ein dritter Laserstrahl wird an diesem Muster gebeugt, wodurch ein vierter Strahl entsteht, der die Informationen über die Eigenschaften der Probe enthält.

Autor(in) pd/ jst



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