Digitalisierung 06.12.2018, 09:49 Uhr

Zürich will smarter werden

In der Stadt Zürich sind bereits einige Digitalisierungsprojekte am Laufen. Mit der nun lancierten Strategie «Smart City Zürich» sollen die Projekte besser koordiniert werden. Zudem plant die Verwaltung ein Innovations-Labor à la Googles Area 120.
Stadtpräsidentin Corine Mauch während der Präsentation der Strategie Smart City Zürich
(Quelle: Jens Stark / NMGZ)
Die Stadt Zürich die Strategie «Smart City» präsentiert. Neben Stadtpräsidentin Corine Mauch demonstrierten gleich drei weitere Stadträte Projekte und Vorhaben im Bereich Digitalisierung. «Die Stadt Zürich macht bereits viel, was man unter dem Begriff Smart City zusammenfassen kann», meinte Mauch einleitend. Auch strategisch seien bereits Ziele der Digitalisierung in verschiedenen Papieren formuliert worden. «Mit der ‹Strategie Smart City Zürich› legt der Stadtrat nun aus diesen früheren Strategien abgeleitet fest, wie er das Potenzial des digitalen Wandels nutzen will», fasst Mauch zusammen.
Allerdings müssten immer die Bürgerinnen und Bürger der Stadt sowie die Zürcher Unternehmen und deren Nutzen im Zentrum stehen. «Neue Technologien sind kein Selbstzweck, sondern lediglich Mittel zum Zweck», ist Mauch überzeugt. «Menschen, Organisationen und Infrastrukturen sollen sich so vernetzen können, dass sozialer, ökologischer und ökonomischer Mehrwert geschaffen wird».
Erreicht werden soll dies durch insgesamt drei Strategie-Schwerpunkte, namentlich «Smarte Partizipation», «Zukunftsformen der integrierten öffentlichen Mobilität» und «Digitale Stadt» zur Optimierung der Verwaltung. Im rahmen der «smarten Partizipation» soll eine engere Beteiligung der Wohnbevölkerung in den Quartieren angestrebt werden. Neben sogenannten Grossgruppenkonferenzen unter Beteiligung der Quartiervereine plant die Stadt Zürich daher auch im Februar 2019 ein E-Partizipations-Projekt durchzuführen. Über eine moderierte Online-Plattform sollen dannzumal interessierte Einwohnerinnen und Einwohner die Ergebnisse der Grossgruppenkonferenzen kommentieren können.

Flexible ÖV-Linien

Stadtrat Michael Baumer erläutert die Smart-City-Projekte im Rahmen des ÖV
Quelle: Jens Stark / NMGZ
Unter dem «Smart City»-Deckmantel sollen künftig diverse Digitalisierungsprojekte im Bereich Mobilität laufen. Wie Stadtrat Michael Baumer, Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe, ausführte, sei Mobilität ein wichtiges Thema in der Stadt Zürich. Eine besondere Rolle komme dabei dem öffentlichen Verkehr (ÖV) zu, der bereits die Hälfte aller zurückgelegten Wege in der Stadt abwickle. Es sei daher verständlich, dass dem Strategie-Schwerpunkt «Zukunftsformen der integrierten öffentlichen Mobilität» eine wichtige Rolle zukomme. «Wir alle wissen: die Mobilität ändert sich», meint Baumer. Gerade die technologische Entwicklung sei in diesem Bereich sehr vielfältig, aber auch ungewiss. «Es besteht daher die Gefahr, dass man hier die Entwicklung ein bisschen verschläft», gibt er zu bedenken und verweist auf die leidlichen Erfahrungen des Taxigewerbes in Bezug auf Uber. «Mit dem Strategieschwerpunkt wollen wir ähnliche Erfahrungen vermeiden», hofft Baumer daher.
Mit Flexnetz sollen flexible Buslinien getestet werden
Quelle: Stadt Zürich
Konkret ist bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich (VBZ) ein Flexnetz genanntes Projekt in der Pipeline. Dabei sollen gewisse Linien in Randzeiten und Randgebieten nachfragegesteuert operieren und damit flexibler was Zeiten und Route anbetrifft betrieben werden. Über eine App sollen Passagiere einen Bus anfordern können. Flexnetz soll dabei aber über ein simples Rufbus-Konzept hinausgehen. So soll auch ein intelligentes Routing der Buslinie erfolgen, so dass der Busfahrer auf optimalem Weg zu den Passagieren gelotst wird.
Auch mit autonomen Fahrzeugen soll experimentiert werden. Angedacht ist laut Baumer ein Pilotprojekt, bei dem Fahrgäste die Strecke zwischen der Tramendhaltestelle «Zoo» und dem Eingang des zoologischen Gartens in einem aus anderen Städten wie Sitten und Schaffhausen bekannten, autonomen Kleinstbus zurücklegen.

Effizientere Verwaltung

Stadtrat Daniel Leupi erhofft sich von der Digitalisierung auch eine Effizienzsteigerung innerhalb der Stadtzürcher Verwaltung
Quelle: Jens Stark / NMGZ
Unter dem Strategie-Schwerpunkt «Digitale Stadt» soll die Digitalisierung in der Verwaltung vorangetrieben werden. Dazu gehört auch vermehrt eine Interaktion mit den Bürgerinnen und Bürgern über digitale Kanäle. So soll die bereits lancierte Online-Plattform «Mein Konto» sukzessive ausgebaut werden, wie Stadtrat Daniel Leupi, Vorsteher des Finanzdepartements, ausführte.
Die dort angebotenen Dienstleistungen würden bereits rege genutzt, berichtet er und nennt als Beispiel das Anmeldeverfahren für Sport- und Freizeitkurse für kinder und Jugendliche. «Von 4300 Anmeldungen für die diesjährigen Herbstkurse erfolgten nur 25 auf postalischem Weg, alle anderen liiefen über ‹Mein Konto›. Dies zeigt einerseits, dass das Angebot einem echten Bedürnis entspricht, anderseits, dass der klassische Weg immer noch möglich ist», so Leupi.
Die Angebotspalette auf der städtischen Online-Plattform soll denn weiter ausgebaut und mit zusätzlichen Services ergänzt werden. Eines der Projekte sieht ein persönliches Cockpit für Steuerpflichtige vor. «Wir haben natürlich nicht die Vorstellung, dass nachher alle gerne ihre Steuern zahlen – wobei es durchaus Leute gibt, die deren Sinnhaftigkeit sehen –, aber es soll möglich sein, via ‹Mein Konto› besser nachzuverfolgen, wo man beispielsweise in Sachen Steuerrechnungen steht», erläutert Leupi. Die Umsetzung sei aber sehr komplex, da es hier sehr viele Parameter und Bereiche zu berücksichtigen gäbe, weshalb das Steuer-Cockpit erst in gut einem bis anderhalb Jahren realisiert werden könne. «Den Ehrgeiz haben wir aber, dies erfolgreich umzusetzen», meint er.
Aber auch verwaltungsintern werden Digitalisierungsprojekte angegangen. So ist ein digitaler Posteingang in Planung. Hierbei sollen alle eingehenden Briefe eingescannt werden, so dass sie von da an nur noch in digitaler Form in der Verwaltung zirkulieren. Mit diesem Vorhaben erhofft man sich, in der Verwaltung «endlich medienbruchsfrei» arbeiten zu können, wie Leupi ausführte. Durch die dadurch erreichte Effizienzsteigerung sollen auch die Verfahren schneller bearbeitet und abgeschlossen werden können.

Mehr Innovation wagen

Stadtrat Andreas Hauri will in der Verwaltung Innovationsförderungsprogramme einleiten, wie sie in Techfirmen wie Google und Apple bereits Usus sind
Quelle: Jens Stark / NMGZ
Neben den drei Strategie-Schwerpunkten werden mit «Smart City Zürich» neue Instrumente geschaffen, um die Innovation in der Verwaltung und bei den städtischen Mitarbeitenden zu fördern. So sollen mit einem Innovationskredit Projekte künftig schnell und direkt mit bis zu 150'000 Franken gefördert werden können. Daneben gibt ein mehrstufiges Intrapreneurship-Programm städtischen Mitarbeitenden die Möglichkeit, eigene Ansätze weiterzuentwickeln und gegebenenfalls zu konkretisieren. Mitarbeitende können sich dabei in einem ersten Schritt um 1000 Franken Startkapital und rund 70 Stunden freie Arbeitszeit bewerben, um ihre Ideen zur Projektreife zu bringen. Zudem sollen Expertinnen und Experten aus Unternehmen und aus dem Hochschulbereich über sogenannte «Innovation Fellowships» für sechs bis zwölf Monate zur Mitarbeit und zum Austausch in städtischen Projekte eingeladen werden.
Um schnell neue Ideen ausprobieren zu können, will die Stadt schliesslich ein «Smart City Lab» einrichten. Spezialistinnen und Spezialisten aus verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung treffen dort zeitlich befristet mit externen Fachleuten zusammen und entwickeln und testen gemeinsam Pilotprojekte. Die Stadt Zürich setzt zudem ihre Unterstützung des Kickstart Accelerators fort und fokussiert in diesem Rahmen den Austausch mit Start-ups auf das Thema Smart City.
Wie Stadtrat Andreas Hauri, Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements, bei der Vorstellung der neuen Formen zur Innovatiotionsförderung meinte, strebe man eine gewisse Fehlerkultur an. Ideen sollen rasch und unkompliziert in entsprechende Projekte münden, bei denen das eine wohl funktionieren werde, das andere aber auch nicht. «Auch bei Apple und Google funktioniert nicht jede Idee», betonte Hauri.
Dieser offene Umgang mit Projekten soll gemäss ihm in allen Departementen zugelassen werden, «damit der Innovationsprozess stattfinden kann». Dies erfordere bei vielen eine Änderung der Denkweise, berge aber ein riesiges Potential, ist Hauri überzeugt. «Bei 30'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müsste es mit diesen Innovationsinstrumenten nur so an Ideen sprudeln», so Hauri.



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