11.11.2009, 11:03 Uhr

Visual Studio 2010 - Beta 2

Die Beta 2 von Visual Studio 2010 und .NET Framework 4 ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur finalen Version, deren Auslieferung bereits auf den 22. März 2010 festgelegt wurde. Der Artikel beleuchtet die wichtigsten Neuerungen des Nachfolgers von Visual Studio 2008 SP1.
Eine Beta ist bekanntlich nur ein Rohbau und genauso wenig wie man in ein Haus einzieht, in dem eventuell die Heizung noch nicht funktioniert oder die Elektrik noch nicht vollständig gelegt wurde, vermeiden viele Entwickler aus Prinzip die Installation einer Beta-Version. Doch zum einen hat sich die Qualität von Beta-Versionen nicht nur bei Microsoft in den letzten Jahren deutlich gesteigert, zum anderen geht man heutzutage dank der Verfügbarkeit virtueller Maschinen kein Risiko mehr ein (Microsoft empfiehlt inzwischen sogar ein Verfahren, durch das sich ein PC direkt von einer Vhd-Datei des Virtual PC booten lässt - komfortabler kann der Umgang mit virtuellen Maschinen nicht mehr sein[1]).

Die Beta 2 von Visual Studio 2010, die Mitte Oktober offiziell freigegeben wurde und unter [2] (oder [3]) zum Download bereitsteht, lässt sich für interessierte Entwickler gefahrlos ausprobieren. Wie immer stehen zwei Download-Alternativen zur Verfügung: Ein Web-Installer, der nur die wirklich erforderlichen Komponenten herunterlädt, und ein ISO-Image, das 1.6 GByte groß ist. Auch die Express-Editionen zu Visual C++ 2010, Visual C# 2010 und Visual Basic .NET 2010 sowie Visual Web Developer 2010 liegen in der Beta 2 als Downloads vor. Eine Standard Edition wird es nicht mehr geben. Damit wird die Professional Edition zur ,,Einstiegsversion" für den Profi-Entwickler. Neuigkeiten gibt es auch im oberen Segment, das mit einer Premium- und einer Ultimate-Edition (vom wem hat sich das Visual Studio-Team da wohl inspirieren lassen?), die den aktuellen Team System-Editionen entsprechen, abgerundet wurde (einen ausführlichen Produktvergleich gibt es unter [4]).

Abbildung 1: Die Visual Studio 2001-IDE im neuen Gewand

Alles unter einem Dach

Es war immer ein Anspruch von Visual Studio möglichst vielen Entwicklern im Microsoft-Umfeld ein Werkzeug zu bieten, mit dem diese produktiv arbeiten können. Mit Visual Studio 2010 erfährt die IDE einen deutlichen Produktivitätsschub, in dem z.B. die SharePoint-Entwicklung durch Vorlagen und Tools (endlich) nahtlos integriert wurde. Auch das Entwickeln für die Cloud-Computing-Plattform Azure, die aller Voraussicht nach auf der PDC 09 nächste Woche offiziell werden wird, wird über entsprechende Vorlagen möglich sein. Mit den Klassikern Windows-, Web- und mobile Anwendungen, der Entwicklung von Office-Add Ins und Silverlight-Anwendungen (dafür muss bei der Installation der Visual Web Developer ausgewählt werden) deckt Visual Studio 2010 damit das komplette Spektrum der Microsoft-Entwicklungsplattform ab.

Was ist neu?

Die wichtigste ,,Kleinigkeit" fällt bereits mit dem Start auf. Sowohl Visual Studio als auch das .NET Framework 4 haben ein neues Logo erhalten, das modern, aber gleichzeitig auch vertraut wirkt. Die zweite Kleinigkeit fällt unter Umständen nicht sofort auf, der Code-Editor wurde auf WPF umgestellt, was sich an verschiedenen Stellen bemerkbar macht. Und auch die dritte, dieses Mal deutlich wichtigere Kleinigkeit, muss man regelrecht suchen. Über den Eintrag Extension Manager im Tools-Menü steht ein neuer Erweiterungsmechanismus bereit, über den sich Visual Studio 2010 äußerst flexibel auf der Grundlage des ebenfalls neuen Managed Extensibility Framework (MEF) erweitern lässt. Nach der Auswahl des Eintrags werden im Auswahldialog des Erweiterungsmanagers eine Fülle von IDE-Erweiterungen angeboten. Weitere stehen online im Rahmen der Visual Studio Gallery zur Verfügung.

Besonders interessant sind natürlich Erweiterungen für den Code-Editor, die die Codeansicht komplett verändern können und zu einer ganz neuen Generation an IDE-Erweiterungen führen werden.

Abbildung 2: Visual Studio 2010 besitzt einen Erweiterungsmanager



Abbildung 3: In der Online-Gallery stehend bereits jetzt Dutzend von Erweiterungen zur Auswahl

Während Windows Forms nicht weiterentwickelt wird, geht die Entwicklung bei dem Nachfolger WPF munter weiter. WPF 4.0 wurde um interessante Features erweitert (u.a. ein Ribbon-Control für eigene Anwendungen). Auch der WPF-Editor, der in der Vergangenheit gerne und ausgiebig kritisiert wurde, wurde weiter verbessert und bietet neuerdings eine komfortable Unterstützung für das Data Binding, das bei WPF-Anwendungen eine zentrale Rolle spielt. Um eine Datenbindung herzustellen genügt es, z.B. eine Tabelle aus einer Datenquelle auf eine ListBox oder ein DataGrid zu ziehen. Die Zeiten, in denen das DataBinding im XAML-Code erledigt werden musste, sind damit vorbei. Auch das Entity Framework, Microsofts primäre ORM-Lösung wurde erweitert. Beim Anlegen einer Datenquelle kann als Modell neben dem traditionellen DataSet neuerdings auch ein Entity Modell gewählt werden. LINQ to SQL wird zwar offiziell nicht mehr weiterentwickelt, wird für die kommende Version einen weiteren Feinschliff erhalten. Beim Anlegen einer Data Source steht neben einer Datenbank auch ein SharePoint als Datenquelle zur Verfügung. Bemerkenswert ist ferner, dass mit der Beta 2 bereits SQL Server 2008 R2 installiert wird.

Ein wenig mehr Komfort gibt es auch für die Entwicklung von Office-Erweiterungen (Stichwort: VSTO). Es lassen sich mehrere Erweiterungen in einem Deployment-Paket zusammenfassen, es gibt (endlich) die Möglichkeit Post Deploy-Aktionen bei einem Click Once-Deployment zu definieren und die (Office-) PIAs, die eine Anwendung benötigt, müssen nicht mehr dieser ausgeliefert werden, da der Compiler die Typeninformation aus der PIA extrahieren und in die Assembly einbauen kann.

Abbildung 4: Die WPF-Datenbindung kann in einem Editor bearbeitet werden

Wie immer zu viel Neues, als dass es sich in wenigen Sätzen zusammenfassen ließe, gibt es im Bereich ASP.NET. Nur so viel an dieser Stelle: Visual Studio 2010 wird bereits die Version 2 des relativ neuen MVC-Frameworks (Model View Controller) für ASP.NET enthalten.

Zwei weitere ,,epochale" Veränderungen fallen ebenfalls nicht unbedingt gleich nach dem Start auf. Mit F# ist eine dritte Microsoft-Sprache offizieller Teil der Sprachenfamilie, bei der die funktionale Programmierung im Mittelpunkt steht ([5]). Und mit der Task Parallel Extension, die ein offizieller Teil des .NET Framework 4.0 ist, beginnt mit Visual Studio 2010 offiziell die Ära der Entwicklung parallel ausführender Anwendungen.

Entwickeln für SharePoint

Mit der kommenden Version wird Visual Studio endlich zu dem Entwicklungswerkzeug für SharePoint-Anwendungen. Dazu gehören Vorlagen für verschiedene Artefakte wie Web Parts, Listen, Events und Workflows und ein komfortables Deployment.

TFS Basic
Eine interessante Neuigkeit gibt es beim Team Foundation Server (TFS), der das Fundament der Projekt- und Quellcode-Verwaltung der Team Editionen von VS 2008 darstellt. Er soll in einer ,,Basic Edition" in künftig deutlich einfacher installierbar sein und auch auf Client-Betriebssystem installiert werden können, so dass es für Individualentwickler und kleine Teams endlich einen natürlichen Nachfolger von Visual Source Safe von Microsoft gibt (Preise hat Microsoft allerdings noch nicht bekannt gegeben).


Abbildung 5: Für die SharePoint-Entwicklung steht eine große Auswahl an Projektvorlagen zur Verfügung
Der Fahrplan steht

Die Beta 2 dürfte Feature-komplett sein, so dass bis zur Fertigstellung Anfang 2010 nur noch das übliche Feintuning auf dem Programm steht. Sowohl die Beta 2 von Visual Studio 2010 als auch die des .NET Framework 4 wurden mit einer ,,Go-Live-Lizenz" ausgestattet und dürfen daher in einer Produktionsumgebung einsetzt werden (für Support muss man sich unter vsgolive@microsoft.com registrieren lassen). Mit dem 22.3.2010 steht sogar der Veröffentlichungstermin bereits fest.

Mit Visual Studio 2010 macht Visual Studio als Entwicklungswerkzeug, das sowohl den ,,Hardcore-Profi" als auch den Gelegenheitsentwickler ansprechen muss, einen weiteren großen Schritt nach vorne. Beeindruckend sind vor allem die neuen Möglichkeiten, Code-Editor und die IDE zu erweitern.

Links
[1] http://www.hanselman.com/blog/StepByStepTurningAWindows7DVDOrISOIntoABootableVHDVirtualMachine.aspx
[2] http://msdn.microsoft.com/de-ch/vstudio/default.aspx
[3] http://www.microsoft.com/germany/visualstudio/try/visual-studio-2010.aspx
[4] http://www.microsoft.com/germany/visualstudio/products/visual-studio/2010/default.aspx

Tabelle: Die wichtigsten Neuerungen des kommenden Visual Studio 2010
>Der Code-Editor wurde auf WPF umgestellt und ist flexibel erweiterbar
>Entity Framework 2.0
>ASP.NET MVC2
>Silverlight 3
>Multi-Monitor -Unterstützung
>F# als neue .NET-Programmiersprache
>Vorlagen und Entwicklungswerkzeuge für SharePoint
>Neue Version der Visual Studio Tools for Office
>Verbesserter WPF-Designer (u.a. Data Binding-Editor)
>SQL Server 2008 R2
>Neues Erweiterungsmodell (Managed Extensibility Framework)
>Neue Aufteilung in Express, Professional, Premium und Ultimate Edition
Peter Monadiemi



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