Happy Birthday 26.08.2022, 13:18 Uhr

Netflix wird 25 Jahre alt

Dieser Tage feiert der Filmstreamingdienst Netflix seinen 25. Geburtstag. Computerworld blickt zurück.
Der Streamingdienst wird 25 Jahre alt
(Quelle: Pixabay)
Mit Serien wie «House of Cards» hat Netflix das Fernsehen ins Internet gebracht und so die Unterhaltungsbranche revolutioniert. Die Firma entwickelte sich vom DVD-Verleih im Netz zum Mass aller Dinge im boomenden Streaming-Geschäft. Doch die Konkurrenz wird immer stärker. Zuletzt verlor Netflix Kunden, während Rivalen wie Disney kräftig zulegten. Im Mai 2022 sagte das Schweizer Stimmvolk ja zur Lex Netflix.
In unserer Bildergalerie erfahren Sie, wann Netflix in die Schweiz expandierte, wann das Streaming von Titeln eingeführt wurde, wann das Filmempfehlungssystem kam, seit welchem Jahr Streaming in 4K Ultra-HD möglich ist und seit wann es eigentlich Netflix-Abos gibt.

Bildergalerie
Computerworld blickt zurück und zeigte die spannende Geschichte von Netflix. Zu sehen in der Bildergalerie.

 

25. Geburtstag in einer schwierigen Zeit

An seinem 25. Geburtstag am 29. August 2022 steht der Streaming-Marktführer somit unter Druck wie selten zuvor. Darum setzt Netflix auf neue Strategien und bricht mit seinen Traditionen. Für viele Nutzer könnte dies schon bald unangenehme Folgen haben.

So will Netflix im kommenden Jahr damit beginnen, strikter gegen Kunden vorzugehen, die ihre Login-Daten mit anderen teilen. Das Unternehmen geht davon aus, dass über die zuletzt knapp 221 Millionen regulären Abonnenten hinaus noch mehr als 100 Millionen Haushalte den Streaming-Dienst unbefugt mitnutzen. Bislang verfolgte Netflix hier eine lockere Linie, doch damit soll jetzt Schluss sein. Aber lassen sich die Trittbrettfahrer so einfach in zahlende Kunden verwandeln? «Netflix muss vorsichtig vorgehen, um Nutzer nicht zu vergraulen», meint Experte Simon Baker vom Geldhaus Société Générale. US-Umfragen deuteten auf eine relativ hohe Abwanderungsbereitschaft hin.

Nachdem der Streaming-Boom zu Beginn der Pandemie noch für einen Abonnentenansturm gesorgt hatte, verlor Netflix im ersten Halbjahr 2022 mehr als eine Million Kunden. Besonders im angesichts zahlreicher Konkurrenzangebote zunehmend übersättigten Heimatmarkt Nordamerika klinkten sich zuletzt viele Nutzer aus. Nach Jahren als Börsenliebling hat Netflix mittlerweile auch an der Wall Street einen schweren Stand: Die Aktie ist in diesem Jahr um knapp 60 Prozent gefallen – deutlich stärker als der Gesamtmarkt. Und ausgerechnet jetzt kommt auch noch die Konkurrenz in Fahrt.

Der vor weniger als drei Jahren als Netflix-Jäger gestartete Rivale Disney+ gewann in den drei Monaten bis Ende Juni – nicht zuletzt dank der «Star Wars»-Serie «Obi-Wan Kenobi» – rund 14,4 Millionen Abos hinzu und liegt nun schon bei gut 152 Millionen Nutzerkonten. Zählt man Disneys weitere Streaming-Dienste Hulu und ESPN+ hinzu, so hat der Hollywood-Riese schon in etwa mit Netflix gleichgezogen. Allerdings half Disney in den vergangenen Jahren auch kräftig mit Rabatten und Sonderangebote nach. Zudem sind die Zahlen nur bedingt vergleichbar, da Disney viele Nutzer mit Kombi-Deals lockt. Ob der Micky-Maus-Konzern sein starkes Wachstum beibehalten kann, muss sich auch erst zeigen. Dennoch sieht Netflix momentan geschwächt aus.

Werbefinanziertes Netflix geplant

Um wieder in die Spur zu finden, gab Gründer Reed Hastings sogar bei einem seiner grössten Tabus klein bei. Netflix startet angesichts der mauen Entwicklung der Nutzerzahlen eine günstigere Version seines Streaming-Dienstes mit Werbeclips. Eigentlich hatte Hastings dies stets entschieden abgelehnt. Die Werbevariante soll 2023 anlaufen, zunächst in «einer Handvoll Märkten». Wird sie den erhofften Schwung bringen? «Das Abo-Wachstum dürfte von der günstigeren Version mit Werbung zunächst profitieren», heisst es in einer Studie von Barclays. Jedoch bestehe das Risiko, dass viele Altkunden zum billigeren neuen Angebot wechseln.

Von einem anderen Markenzeichen hat sich Netflix bereits verabschiedet. So brachte der Online-Videodienst bei den jüngsten Staffeln von «Stranger Things» und «Ozark» nicht mehr wie üblich alle Folgen auf einmal heraus. Damit gibt Netflix seine Tradition auf, den Stoff für das auf Englisch «Binge Watching» genannte Marathonglotzen neuer Serienstaffeln zu liefern. Das Kalkül der Reform: Kunden länger bei der Stange halten – Serienfans können nun nicht mehr alles in einem Rutsch schauen und ihr Abo wieder abbestellen. Während es in der klassischen TV-Branche üblich ist, nur eine Folge wöchentlich zu veröffentlichen, bricht Netflix damit seine langjährigen Standards.

Als DVD-Verleih gegründet

Immerhin: Mit der Anpassung seiner Geschäftsmodelle hat das Unternehmen viel Erfahrung – und in der Vergangenheit auch viel Erfolg gehabt. Denn ursprünglich war Netflix ein DVD-Verleih. Der Legende nach begann die Geschichte der Firma mit einem Leihvideo. Gründer Hastings verlegte eine Kassette mit dem Film «Apollo 13» – ärgerlich, denn bei der Videothek sammelten sich deshalb 40 Dollar Gebühren an, wie er später erzählte. Auf dem Weg ins Fitnessstudio ging Hastings ein Licht auf: Für 40 Dollar im Monat kann man dort so viel trainieren, wie man will. Damit stand die Idee für das Abo-Modell von Netflix: Für eine monatliche Gebühr konnte man sich so viele DVDs per Post kommen lassen, wie man im Monat schaffte.

Aber anders als etwa der Videotheken-Gigant Blockbuster – der im Jahr 2000 die Übernahme von Netflix zum heute geradezu lächerlich gering wirkenden Preis von 50 Millionen Dollar ablehnte – erkannte Hastings die Zeichen der Zeit. DVDs spielen für Netflix seit Jahren schon keine Rolle mehr, seit 2007 dreht sich alles ums Streaming. Während Blockbuster 2010 Insolvenz anmeldete, wurde Netflix als Pionier der Online-Videodienste zum grossen Schreck des Kabel-TVs. Inzwischen schlägt das Imperium aber zurück – nicht nur Disney, auch die grossen US-Medienkonzerne Comcast, Paramount und Warner Bros. Discovery setzen voll aufs Streaming. Die Tech-Riesen Amazon, Apple und Google rüsten ihre Services ebenso auf – für Netflix wird es immer schwerer.
Von Hannes Breustedt und Andrej Sokolow, dpa/cma/Computerworld



Das könnte Sie auch interessieren