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21.01.2019, 16:25 Uhr

SBB: Energie selbst managen, Lastspitzen kappen

Lastspitzen im Bahnstromnetz erkennen und adhoc über Lastregler entgegenwirken: Das ist das Konzept, für das die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf der SAPPHIRE 2018 in Orlando den Innovation Award für Digital Transformation bekamen.
(Quelle: SAP)
Fragen an Victor Leuenberger, Leiter der Digital Business Services von SAP Schweiz.
In der Strategie der SBB nimmt die Steigerung der Energieeffizienz und somit das Energiesparen eine Schlüsselrolle ein: Schon im Februar 2012 gab es im Rahmen der Diskussionsvorlage „Energiemanagement“ einen Richtungsentscheid der SBB-Konzernleitung, langfristig den Energie- und Leistungsbedarf auf der Basis des Jahres 2010 um 20 Prozent gegenüber der Prognose von 2025 zu senken. Inwiefern ist das eine Herausforderung für die IT der SBB?
Eine höhere Taktung der Züge wegen des Taktfahrplans sowie kleinste Abweichungen vom Fahrplan bedeuten, dass die SBB zeitweise mehr Spitzenstrom benötigt. Der Leistungsbedarf kann kurzzeitig stark schwanken, wie Untersuchungen zeigen. Wenn viele Züge gleichzeitig beschleunigen oder bremsen, können Lastspitzen entstehen, die für die Stromversorgung der Bahn eine enorme Belastung darstellen. Es musste also eine Idee her, wie man die häufiger auftretenden Lastspitzen erkennt und glättet. Zudem sollte eine Software in der Lage sein, aus der Situation heraus Befehle zu generieren, die technische Geräte vollautomatisch ab- oder zuschalten, je nachdem wie es angemessen ist. 150 Megawatt an Energie will die SBB bis zum Jahr 2025 durch die Lösung einsparen, was dazu führen wird, dass künftig weniger eigene Leistung erbracht, weniger Kraftwerke und Frequenzumrichter gebaut und weniger Energiebänder vorgehalten werden müssen.


Wie sind Sie vorgegangen?
Im September 2016 hat sich das Team der SBB zusammen mit Experten von SAP Digital Business Services getroffen. Daraufhin schrieb das SAP-IBSO-Team einen Backlog – basierend auf sehr konkreten funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen der SBB. Anfang 2017 bestätigte ein in wenigen Wochen entwickelter Demonstrator der SBB, dass SAP HANA als Plattform für eine Laststeuerung gemäss Anforderungen der SBB tauglich wäre. Die Implementierung startete im Mai 2017. Ende des dritten Quartals waren wir fertig. Es war wichtig, vor dem Winter fertig zu werden, da die Lastspitzen gerade in der kalten Jahreszeit besonders hoch sind und da im Winter 2017/18 ein Test der Lösung unter realen Bedingungen erfolgen sollte. Den Praxistest hat die Lösung erfolgreich bestanden.

Innovative Architektur für künftige IoT-Szenarien

Wie funktioniert die Lösung und welche besonderen Vorteile sehen sie?

Die Laststeuerung interpretiert den in nahezu Echtzeit an definierten Punkten im Bahnstromnetz gemessenen Leistungsbedarf. Steigt die Last zu hoch, steuert ein Regler automatisch entgegen, indem die Heizungen von Zugwagen oder von Weichen ausgestellt werden, solange die Last Spitzenwerte annehmen würde. Das Netz wird stabiler und die Infrastruktur kann besser ausgenutzt werden. Die von uns für die SBB entwickelte Softwarelösung basiert auf SAP HANA und Smart Data Streaming Analytics. Sobald der Energiebedarf über einen Schwellwert steigt, reagiert innerhalb von Sekunden ein Algorithmus, der einen Befehl gibt, einer Überlast im Netz entgegenzuwirken. Dadurch können die Kosten für Investitionen in flexibel schaltbare Leistung um ein Drittel gesenkt werden. In der neuesten Version des „Smart Power Managements with SAP HANA Streaming Analytics“ aus dem Mai 2018 haben wir nun die Verwaltung des Pool an Schaltbaren Lasten realisiert. Weichenheizungen konnten als flexible Lasten in den Lastpool aufgenommen werden.


Auf der SAPPHIRE 2018 hat SBB gerade den Innovation Award für Digitale Transformation entgegen genommen. Derzeit übergeben Sie die neue Lösung an SBB. Was kommt als Nächstes?

Unser Smart Data Streaming basiert auf einer zukunftsfähigen Architektur, auf deren Basis sich auch andere Szenarien realisieren lassen, die die Analyse von Daten erfordern. Hinsichtlich des Internets der Dinge könnten mit Hilfe von Sensoren etwa Störungen an Türen und die Abnutzung der Radsätze realisiert und analysiert, also die Wartung und der Betrieb unterstützt werden. Unsere Lösung ist nicht nur skalierbar, sondern auch ein Sammelbecken für viele neue Szenarien.