Zwischen 0 und 1 19.08.2021, 14:31 Uhr

Wie Unternehmen innovativer werden

Kreativ-Events sind für Firmen ein beliebtes Mittel, um auf frische Ideen zu kommen. Zum Ziel führen sie aber nur in Einzelfällen. Massgeschneiderte, leichtgewichtige und kundenzentrierte Lösungen sind gefragt.
(Quelle: Nugroho Dwi Hartawan/Pixabay)
Warum sind einige Unternehmen sehr viel innovativer als die grosse Mehrheit? Das hat viele Gründe. Erstens gibt es einen grundsätzlichen Konflikt zwischen der Optimierung der Geschäftstätigkeit und der Entwicklung von Innovationen. Zweitens haben sich die meisten Mitarbeitenden so gut an das Unternehmen angepasst, dass sie sich Neues nur schwer vorstellen können. So scheitern Innovationsideen oft bereits am Nichtverstehen der Führungskräfte. Drittens sind Kreativität und grosses Wissen meist Karrierehindernisse.
Weil aber viele Unternehmen gerne innovativer wären, werden unzählige «Kreativ-Hundsverlochete» organisiert, bei denen man nicht genau weiss: Geht es nun um konkrete Ideen, Kulturentwicklung, Show, Imagepolitur, das Abmontieren von Kaderleuten oder das Durchsetzen von bereits geplanten Veränderungen? Meist ist es tabu, die Events zu hinterfragen. Oft sind ideologische Überzeugungen am Werk. Was beispielsweise ein guter oder ein schlechter Partizipations-Event ist, das wird normativ entschieden. Immerhin: Kreativ-Events wie Hackathons oder moderierte Thinktanks führen in Einzelfällen zu Innovationen, die sich tatsächlich für Unternehmen sowie Kundinnen und Kunden rentieren.
“Ein Lösungsansatz ist DevOps mit einer engen Kopplung von Business-Teams und DevOps-Teams„
Reinhard Riedl
Trotzdem bleiben auch mit Kreativ-Events die innovativsten Unternehmen unerreichbar. Sie besitzen Qualitäten, die anderswo fehlen. Einerseits haben sie einen klaren institutionellen Rahmen für das faire Belohnen kreativer Ideen etabliert, der für ihre Mitarbeitenden passt. Zwei prominente Beispiele hierfür sind das altehrwürdige betriebliche Vorschlagswesen und das moderne 6-Page-Memo. Mag das eine angestaubt und das andere superbrutal sein, so brillieren beide durch ihre Fairness – wenn sie konsequent praktiziert werden. Halbe Sachen führen auch bei alternativen Belohnungsmodellen bestenfalls zu einem Achtel an Innovationen. Andererseits sind die besonders innovativen Unternehmen auch in der Umsetzung besser. Sie überwinden die in der Praxis zahlreichen – und von vielen Führungskräften oft übersehenen – Anreize zu Nicht-Zusammenarbeit. Zudem verfügen sie über eine fitte IT-Abteilung und schaffen so eine grosse Nähe zwischen Business und IT.
In konventionellen Settings mit traditionellen Organisationsstrukturen ist es dafür entscheidend, dass die drei Schlüsselrollen Business Analyst, CTO und Vendor Manager kompetent besetzt sind und es definierte Innovationsprozesse gibt, die vom Business und von der IT eingehalten werden. Diffuse Verhältnisse, in denen jede Seite unerfüllte Ansprüche an die andere stellt, verringern dagegen die Innovationsfähigkeit. Ein alternativer Lösungsansatz ist DevOps mit einer engen Kopplung von Business-Teams und DevOps-Teams. Dies funktioniert, sofern innerhalb der IT-Abteilung das organisatorische Lernen gut gemanagt wird. Dafür ist jedoch wiederum eine hoch entwickelte IT-Architektur-Kommunikation notwendig.
Wir wissen also, was besonders innovative Unternehmen auszeichnet. Das eigentliche Problem ist, dass Unternehmen ab einer gewissen Grösse die Innovationstätigkeit bürokratisieren müssen. Die einen opfern dabei die Sache zugunsten der bürokratischen Methode, die anderen praktizieren die Methode aus sachlichen Gründen nur halbherzig. Beides funktioniert schlecht. Massgeschneiderte, leichtgewichtige Lösungen, die den Kundennutzen über alles stellen, sind der einzige Weg, um zu den innovativsten Unternehmen der Welt aufzuschliessen.
Zum Autor
Reinhard Riedl
beschäftigt sich mit digitalen Ökosystemen und leitet das transdisziplinäre Forschungszentrum «Digital Society» an der Berner Fachhochschule.



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