Chancen und Herausforderungen 23.04.2021, 10:41 Uhr

Swiss IT in Zeiten von Corona

Die Pandemie hat viele Unternehmen in den Express-Modus bei der Digitalisierung versetzt. Um die rasante Transformation erfolgreich umzusetzen, braucht es eine robuste sowie skalierbare IT und eine lernende Organisation.
(Quelle: Anastasiia Chepinska / Unsplash)
Wir befinden uns alle bereits im Jahr zwei der Pandemie. Die Auswirkungen auf den beruflichen Alltag sind für jeden Einzelnen von uns erheblich. In allen Branchen und mitunter Teilbranchen gab es einerseits wirtschaftliche Gewinner und andererseits Firmen, die erheblich unter Druck geraten sind. Ein präsentes Beispiel ist der Detailhandel. Während im stationären Handel zahlreiche Existenzen bedroht sind, verkündet der Onlinehandel regelmässig Rekordumsätze. Ich hatte Ende letzten Jahres in einem Beitrag auf verschiedene Strategie-Tools und Vorgehensweisen (Prestel+B und VUCA) hingewiesen, die Entscheidern helfen, sich besser auf komplexe Situationen vorbereiten zu können bzw. komplexe Situationen zu erfassen und Handlungsschritte ableiten zu können.
Quelle: Computerworld
Wie die aktuelle Swiss-IT-Umfrage zeigt, schätzen knapp zwei Drittel der befragten Entscheiderinnen und Entscheider, dass ihre IT-Abteilungen auf Krisen wie die vorherrschende Corona-Krise vorbereitet waren. Das ist zunächst ein überraschend hoher Wert, da ein Ereignis dieser Art und Reichweite zum ersten Mal aufgetreten ist. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass sich eine Firma überhaupt nicht auf Risikoszenarien vorbereitet, die es ihr ermöglichen, den Geschäftsbetrieb in einer Krisensituation fortzusetzen oder an Veränderungen anzupassen. Der Anteil der IT-Entscheider, die von Corona unvorbereitet getroffen wurde, war also recht gering, was letztlich zeigt, dass die existierende Informatik grundsätzlich robust ist.
Die Herausfor­derungen, die Corona mit sich brachte, waren und sind in viel stärkerem Mass organisatorischer als technischer Natur. Das bestätigen auch die Aussagen der befragten Business-Entscheider, die sich deutlich weniger als die Informatikverantwortlichen auf eine Krise vorbereitet gesehen haben.

Die Herausforderung bleibt bestehen: Informatik regelmässig modernisieren

Für die IT-Entscheiderinnen bedeutet das keineswegs, dass sie sich zurücklehnen können. Die Modernisierung der ­Informatik ist eine kontinuierliche Aufgabe. Dabei geht es nicht nur um grosse Projekte wie den Austausch von Hardware oder die Neuanschaffung respektive die ­Ablösung von beispielsweise umfangreichen Business- Anwendungen. Vielmehr ist es wichtig, die vorhandenen Infrastrukturlösungen immer mit Updates und Patches zu versehen. Einerseits, um die Systeme stabiler und sicherer zu machen, und andererseits, um deren Nutzung zu flexibilisieren, etwa durch den Zugriff auf neue Funktionen, die viele Anbieter auch ausserhalb der grossen Release-Zyklen kostenfrei bereitstellen.
Selbstredend ist es unerlässlich, dass sich die geschilderten begrenzten Aktivitäten immer in die grundsätz­lichen und langfristigen Planungen einordnen müssen. Corona hat an der Bedeutung der grundsätzlichen IT-Projekte kaum etwas geändert. Wie in den vergangenen Jahren führen IT-Sicherheit, Business-Software und Cloud- respektive Hosting-Modelle die Rangliste der wichtigen IT-Projekte an. Die Pandemie zeigt sich allerdings indirekt, indem sich etwa Mobility und moderne Arbeitsplätze in der Aufzählung jeweils um einen Rang nach oben verbessert haben. Somit reflektieren die Nennungen der Entscheider eine nüchterne Einbettung von erforderlichen Ad-hoc-Aktivi­täten in langfristige Planungen.
Aus Sicht von IDC bleibt es für die Mehrzahl der Unternehmen eine grosse Herausforderung, mehrere Modernisierungsthemen parallel zu betreiben. Vor allem kleine und mittelgrosse Unternehmen gelangen hierbei schnell an Ressourcen-, Kapazitäts- und Budgetgrenzen. Das ist und bleibt ein ernsthaftes Problem. Aus diesem Grund müssen die Entscheider in diesen Unternehmen besonders sorg­fältig entscheiden, welche Schritte erforderlich sind, um die Informatik insgesamt auf einen höheren Modernisierungsgrad zu heben.

Mehr Schub für die Digitalisierung

In den letzten Monaten zirkulierte ein viel zitiertes Bonmot: Corona hat die Digitalisierung so schnell in die Firmen gebracht wie zehn Jahre davor nicht. Die Befragungsergebnisse bestätigen das sehr deutlich. Für 70 Prozent der Entscheider hat die Pandemie die Digitalisierung beschleunigt. Die IT-Verantwortlichen und die Business-Entscheider stimmen in ihrer Beurteilung von Corona als Digitalisierungstreiber überein. Eine besonders hohe Zustimmung zeigt sich in den Branchen Banken und Versicherungen, öffentliche Verwaltungen sowie Gesundheits- und Sozial­wesen. Das sind genau jene Branchen, die in einigen Bereichen Defizite in der Digitalisierung hatten. Nun ist auch dort die Dringlichkeit des Themas klar erkannt und hoffentlich auch besser verstanden worden.
Quelle: Computerworld
In meinem Beitrag für das Swiss-IT-Special 2020, also der letztjährigen Ausgabe, hatte ich folgende Frage gestellt: «Kommt die Digitalisierungseuphorie zum Erliegen?» Diese Frage ist nun obsolet geworden, wie die nun vorliegenden Resultate zeigen. Der Trend, den die Abbildung oben darstellt, ist positiv und wir erwarten, dass sich der Anteil derjenigen Unternehmen, die sich in der Umsetzungsphase befinden, weiter erhöhen wird.

Stärker aus Business-Sicht argumentieren

Die aktuelle Lage ist für IT-Entscheiderinnen günstig, die Digitalisierung voranzutreiben. Das bedeutet aber auch Veränderung, die vielleicht nicht jeder in der IT-Organisation vollständig mitgehen möchte. Um aber mit der Digitalisierung voranzukommen und Budgets einzuwerben, sollten die Entscheider und Budgethalter überzeugende Antworten auf ihre Fragen erhalten. Sie sind weniger an technischen Details über Computer- und Speicher-Virtualisierung, Container, Advanced Analytics oder Edge Computing interessiert, sondern eher an geschäftlichen Zahlen, KPIs und wirtschaftlichen Nutzenvorteilen. Je perfekter die Informatikverantwortlichen die Business-Sprache sprechen, desto grösser sind die Chancen für neue Digitalisierungsvorhaben. Somit gilt auch hier: Das Erlernen neuer Sprachen zahlt sich immer aus.
“Krisenzeiten zeigen die Robustheit einer Organisation„
Matthias Zacher

Fazit

Krisenzeiten sind ein wertvoller Indikator für die Robustheit einer Organisation und ein Richtungsweiser für diejenigen Aufgaben, die dringend umzusetzen sind. Ein solider Anteil der Unternehmen hat diese Erkenntnis gewonnen. Die Zukunftsfähigkeit einer Firma entscheidet sich mit den besten Ideen und moderner Technologie. Flexibilität und Innovation sind die Stellschrauben für den Erfolg. Die Basis sind eine robuste und skalierbare IT und eine widerstandsfähige, lernende Organisation.
Computerworld Swiss IT
Die CIO-Agenda 2021
Seit mehr als einer Dekade fühlen Computerworld und die Marktforscher von IDC Schweizer IT-Entscheiderinnen und -Entscheidern im Rahmen der Swiss-IT-Studie den Puls. Was beschäftigt sie? Wie gehen sie mit den Entwicklungen der digitalen Transformation um? Welche Probleme gilt es zu lösen? Auch in diesem Jahr stellten sich wieder mehrere Hundert CIOs und IT-Verantwortliche sowie ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Fachabteilungen unseren Fragen.
Die aktuelle Swiss-IT-Ausgabe zeichnet nun ein detailliertes Bild der Schweizer IT. Das Heft ist ab sofort erhältlich – sowohl in gedruckter, als auch in digitaler Form als E-Paper sowie in der App «Computerworld E-Paper» für Android und iOS. Sie möchten die Ausgabe (Fr. 20.– inkl. MwSt, exkl. Porto) bestellen? Senden Sie bitte eine E-Mail mit Rechnungs- und Lieferadresse an einzelausgabe@computerworld.ch.

Matthias Zacher
Autor(in) Matthias Zacher



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