Jubiläum, Neubau, Zukunft 24.10.2018, 11:39 Uhr

Im Gespräch mit Opacc-CEO Beat Bussmann

Das Softwarehaus Opacc hat Anfang Oktober nach knapp zwei Jahren Bauzeit seinen neuen Campus in Rothenburg bezogen. Diese Woche lud Gründer und CEO Beat Bussmann zur Einweihung. Der Redaktion gab Bussmann im Vorfeld ein Interview, indem er über die Gründerzeit, Kundenprojekte und die Zukunft auf dem Opacc Campus spricht.
Beat Bussmann, Gründer und CEO des Softwarehauses Opacc.
(Quelle: Opacc)
Computerworld: Sie sind Anfang Oktober von Kriens in Ihr neues Headquarter, den Opacc Campus, in Rothenburg gezügelt. Haben Sie inzwischen alle Umzugskartons ausgepackt?
Beat Bussmann: Es war ein kurzer, aber heftiger Akt. Am Freitag wurde gezügelt, am Montag weitergearbeitet. Die leeren Umzugskartons sind bereits wieder abgereist. Wie bei jedem Projekt macht sich gute Vorbereitung auch bei einem Umzugsprojekt bezahlt.
CW: Was mögen Sie am neuen Opacc Campus am meisten?
Bussmann: Fünf verschiedene Büroadressen und -einrichtungen sind nun in einer zusammengefasst. Man sieht Kolleginnen und Kollegen mehrmals täglich, die man früher nur sporadisch – oder gar nur am Weihnachtsapéro – traf. Und wir haben wieder eine aktuelle Arbeitsumgebung, denn wie bei der Software haben wir auch beim OpaccCampus Wert auf eine klare und saubere Architektur gelegt.

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Der Softwareanbieter Opacc hat sein neues Headquarter in Rothenburg offiziell eingeweiht und Vertreter der lokalen Politik, beteiligter Architektur- und Baufirmen sowie Partner, Freunde und Medien durch das Domizil geführt.

CW: Weshalb haben Sie überhaupt neu gebaut? Sie hätten sich doch auch irgendwo einmieten können?
Bussmann: Der Entscheid, selber den neuen Firmenhauptsitz zu bauen, ist aus zwei Gründen gefallen.
Erstens: Wir hatten an unseren neuen Standort ganz spezifische Anforderungen. Dies ganz speziell in der Art der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachteams. Wir mussten immer mehr feststellen, dass solche Räumlichkeiten in Miete kaum zu haben sind. Zweitens: Ein eigenes Projekt bindet zwar zunächst Kapital und erfordert Management Attention, führt aber über die Jahre zu tieferen Kosten. Und man erhält am Ende genau das, was man braucht und will.
CW: Der Fachkräftemarkt ist trocken. Junge Software-Entwickler arbeiten gern bei weltbekannten Unternehmen wie Google, die noch dazu mit dem Freizeit- und Kulturangebot der Stadt Zürich locken können. Wie gewinnt Opacc Fachkräfte für den Standort Rothenburg?
Bussmann: Nicht alle Software-Ingenieure und -Spezialisten wollen das Gleiche. Nicht alle wollen für die Schweizer Niederlassung eines internationalen Grossunternehmens arbeiten. Und nicht alle wollen in Zürich arbeiten. Die Innerschweiz hat – gerade, was die Natur anbelangt – als Lebensraum deutlich mehr zu bieten als Zürich. Und wir können in der Innerschweiz einige der interessantesten IT-Jobs anbieten. In den letzten 12 Monaten konnten wir so 16 neue qualifizierte Mitarbeiter gewinnen.
Opacc Campus
Bild: Opacc
Für den Standort des neuen Headquarters, den Opacc Campus, suchte die Geschäftsleitung um Gründer und CEO Beat Bussman gut zehn Jahre. Nachdem der Standort in Rothenburg gefunden und von den Behörden genehmigt wurde, ging es zügig voran. Nach knapp zwei Jahren war das mit 21 Millionen Franken veranschlagte Projekt realisiert. Heute bietet der moderne Bau mit drei Stockwerken ausreichend Raum für bis zu 220 Mitarbeiter. Aktuell werden zwei Geschosse von dem etwa 130-köpfigen Team genutzt. Hinter dem Gebäude, wo nächstes Frühjahr Bäume und Gräser blühen werden, kann Opacc seine Kapazitäten durch weitere Bauten erweitern. In einigen Jahren könnten dann rund 600 Menschen auf dem Opacc Campus arbeiten. «Mit dem eigenen Campus ging ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung: Wir können hier den verschiedenen Spezialisten unter einem gemeinsamen Dach eine optimale kollaborative und innovationsfördernde Arbeitsumgebung bieten. Und gleichzeitig optimale Voraussetzungen für die Aus- und Weiterbildung in der integrierten Academy schaffen», sagt Bussmann zum neuen Stammsitz.

Beat Bussmann über Gründerzeiten und Erwartungen

CW: Sie haben 1988 Opacc gegründet. In unserem Archiv stiessen wir auf einen Artikel aus jenem Jahr. Darin ging es um neuartige Schossrechner, also Notebooks. Was waren das für Zeiten für Sie?
Bussmann: Damals mussten wir viel in unser erstes Software-Produkt investieren. Es war eine sehr arbeitsreiche und intensive Zeit. Motiviert hat uns damals der disruptive Vormarsch der vernetzten Personal Computer. Wir waren überzeugt, dass sich diese gegen die damals noch dominanten Minisysteme von IBM, DEC & Co. durchsetzen würden und setzten voll auf diese Schiene. Mein erstes Notebook für über 15 000 Franken leistete ich mir dann erst Jahre später. Ich sehe heute noch das Bild vor mir, als es mir kurz darauf auf dem Flughafen in Frankfurt zu Boden fiel ... Das war damals finanziell und moralisch ein Tiefpunkt in der Unternehmensgeschichte [lacht].
CW: Mit welchen Zielen haben Sie Opacc gegründet?
Bussmann: Wir wollten ein Standardprodukt für KMU entwickeln, das sich einerseits stark auf spezifische Bedürfnisse adaptieren lässt und andererseits dabei stets aufwärtskompatibel mit neuen Versionen bleibt.
CW: Haben Sie diese Ziele erreicht?
Bussmann: Den bereits in unserem ersten Produkt verpassten genetischen Fingerprint haben wir bis heute aufrechterhalten. Und es zeigt sich immer mehr, dass es eine gute Idee war. Denn immer weniger Unternehmen wollen und können sich alle drei Jahre eine aufwendige «Migra­tionsaktion» auf die neuste Generation ihrer Business-Software leisten. Klassische Business-Software verschlingt dazu viele finanzielle und personelle Ressourcen. Gleichzeitig wird das Tagesgeschäft über Monate destabilisiert und andere Projekte – wie etwas für die Digitalisierung – müssen hintanstehen.
CW: Welche Erwartungen haben sich nicht erfüllt?
Bussmann: Bis zum ersten Produkt, das unsere eigenen Vorstellungen erfüllt hatte, ging es viel länger als erhofft. Wir mussten deshalb nebenbei noch Spezial-Software-Projekte verkaufen, um über die Runden zu kommen.
CW: Was waren die Highlights in den 30 Jahren Opacc?
Bussmann: Es ist definitiv der Bezug des neuen OpaccCampus. Denn während den 30 Jahren haben wir während 15 Jahren ein geeignetes Objekt gesucht. Zuerst als Mieterin, mit zunehmender Ernüchterung dann als Bauherrin. Der OpaccCampus spielt eine wichtige Rolle bei der künftigen Entwicklung unseres Unternehmens.
CW: Welches waren die Tiefpunkte? Hatten Sie auch mal schlaflose Nächte?
Bussmann: Alle verlorenen Projekte stellten einen aktuellen Tiefpunkt dar. Viele durften wir aber dann Jahre später in der «nächsten Runde» dennoch gewinnen. Die schwierigsten waren aber stets die personellen Entscheidungen. Sie waren emotional die grösste Belastung. Schlaflose Nächte habe ich – wenn immer möglich – nur unseren Kindern zugestanden.
CW: Wie sind Sie mit den Tiefpunkten umgegangen?
Bussmann: Es ist immer gut, Anliegen von Kunden und Mitarbeitern ernst zu nehmen. Aber eine gewisse Distanz zum Geschäft ist gesund. Es klingt vielleicht etwas un­seriös, aber das Geschäftsleben sollte immer etwas Spielerisches behalten. Dies gepaart mit dem Bewusstsein, dass grosse Katastrophen im Privaten und nicht im Geschäft eintreten, sorgt für die notwendige Ruhe und Gelassenheit.
CW: Welches waren für Sie persönlich besonders spannende Kundenprojekte? Was hat diese ausgezeichnet?
Bussmann: Alle Kundenprojekte waren interessant. Jedes auf seine Art. Ich würde vielen Unrecht tun, wenn ich hier nun drei Projekte herausstreichen würde. Wir haben aus jedem Kundenprojekt etwas gelernt und sind dank ihnen vorwärtsgekommen. Das ist auch heute noch so und macht es unheimlich interessant.
Die Herausforderungen von Opaccs Kunden
CW: Welches sind aus Ihrer Perspektive momentan die grössten Herausforderungen für Ihre Kunden?
Bussmann: Mittelständische Unternehmen sind je nach Branche und Wertschöpfungsstufe unterschiedlich von der digitalen Kernschmelze betroffen. Dennoch stellt sie momentan für unsere Kunden die grösste Herausforderung dar. Sie besteht darin, Chancen und Massnahmen zu identifizieren und diese dann auch mit der notwendigen Hartnäckigkeit und Konsequenz zu verfolgen.
CW: Mittlerweile sind alle Opacc-Lösungen auch über die Cloud erhältlich. Was bedeutet der Cloud-Trend technisch und wirtschaftlich für Opacc?
Bussmann: Ich muss zugeben, dass ich das Thema Cloud lange Zeit nicht sehr spannend fand. Denn im Kern ist es ja lediglich ein neues Betriebskonzept. Allerdings musste ich lernen, dass dieses Betriebskonzept doch die Basis für erheblichen Mehrnutzen sein kann. Dennoch haben wir unsere webbasierten Anwendungen wie EnterpriseCRM oder EnterpriseShop schon immer in der Cloud angeboten. Im vergangenen Jahr kam noch das ERP dazu. Hier mussten wir zuerst technische Hindernisse beseitigen und den Client wirklich vollständig Cloud-tauglich machen. Der neue Cloud-Client kommt nun ohne «Middleware» wie Citrix oder Windows Terminal Server aus und kann einfach installiert werden. Heute betreiben wir eine eigene OpaccCloud mit eigenen Systemen. Dies ist wirtschaftlich für unsere Kunden ebenso interessant wie für uns. Als Software-Hersteller können wir nicht nur den Betrieb unserer Lösungen in der Cloud anbieten, sondern auch das vollständige End-to-End-Management für die Anwendungen. Dazu gehört auch das Einspielen der technischen Updates unserer Produkte, die in der Abogebühr inkludiert ist. Ebenfalls können wir Dritt-Dienste anbieten, die unsere Kunden selbstständig und ohne ein Integrationsprojekt aufschalten können. Beispiele sind Adressänderungen, Bonitätsabfragen, Short Messaging oder ein digitaler Zeitstempel für Geschäftsdokumente.
CW: Inwieweit ändern sich die Kundenbeziehungen durch das Cloud-Geschäft? Lassen sich überhaupt noch langfristige Kundenbeziehungen pflegen, wo man heute einfach die Kreditkarte zücken und anschliessend die Software gleich im Web nutzen kann?
Bussmann: Die Cloud ist primär ein anderes Betriebs- und Finanzierungskonzept. Die Kernanwendungen werden extern betrieben und in unserem Fall auch komplett für die Kunden gemanagt. Die Beratung und Begleitung der Kunden bleibt persönlich und findet vor Ort statt. Unser Geschäft bleibt trotz Cloud persönlich und langfristig.
CW: In welchen Bereichen sehen Sie noch Lücken im Portfolio von Opacc?
Bussmann: Wir wollen alle Anwendungen bieten, die ein mittelständisches Unternehmen benötigt, um die kundenzentrierten und wertschöpfenden operativen Prozesse abzuwickeln. Mit dem Warehouse-Management und Mobile-Service haben wir die letzten Lücken nun geschlossen. Jetzt geht es für uns hauptsächlich darum, den Nutzen unserer homogenen Plattform mit zentralen digitalen Ressourcen im täglichen Geschäftsleben der Kunden und Benutzer sichtbar zu machen.

Wie der Opacc Campus Innovation fördert

CW: Das Thema des aktuellen Computerworld-Magazins lautet Innovation. Wo sehen Sie noch Innovationspotenzial bei Business-Software? Und wie will Opacc das Potenzial ausschöpfen?
Bussmann: Innovationen sind jederzeit und überall möglich. Sie werden aber nicht am Whiteboard erfunden, sondern erfordern tiefgreifendes Wissen über die unterschiedlichen Herausforderungen der Kunden, die Technologien und die aktuellen Lösungen. Dieses Know-how braucht es auf einer möglichst kleinen Fläche. Dafür sind wir jetzt gut gerüstet, denn in unserem neuen Opacc Campus haben wir alles unter einem Dach. Entsprechend ist noch einiges in Arbeit und Sie dürfen gespannt sein.
CW: An der Opacc Connect vor zwei Jahren sagten Sie noch, Sie haben keine Expansionspläne. Halten Sie am Fokus Schweiz noch immer fest?
Bussmann: Eine Expansion ins Ausland ist nach wie vor kein Thema. Es gibt auch in der Schweiz immer mehr Unternehmen, die sich komplexe Anwendungslandschaften zusammengebaut haben. Diese sind mehr schlecht als recht beherrscht und erlauben keine agilen Adaptionen. Hier liegt für uns sehr viel Potenzial. Wir fokussieren uns deshalb auf den Heimmarkt, gehen aber auch mit Schweizer Kunden gerne um die ganze Welt. Bereits heute sind unsere Anwendungen in über 20 Ländern im Einsatz.
CW: Sie sind Jahrgang 1958. Wie lange wollen Sie Opacc noch leiten? Inwieweit planen Sie bereits Ihre Nachfolge?
Bussmann: Die Nachfolge planen die meisten Unternehmer bereits am Tag nach der Unternehmensgründung. Das war bei mir nicht anders. So haben ich und meine Kollegen in der Geschäftsleitung stets darauf geachtet, Mit­arbeiter mit Potenzial und gesundem Ehrgeiz zu finden. Dank dem Partnermodell funktioniert heute das Tages­geschäft ohne mich. Das war ein wichtiger Schritt. Aber natürlich möchte ich noch lange Jahre mit Opacc verbunden sein. Noch einige Jahre als CEO, noch länger als Aktionär und Verwaltungsrat.
CW: Wie sehen Ihre weiteren Pläne für das Unternehmen Opacc und seine Business-Lösungen aus?
Bussmann: Im Kern wird alles bleiben wie bisher: immer das Gleiche machen, aber immer etwas besser.
CW: Am 15. November findet die nächste Ausgabe der Hausmesse Opacc Connect statt. Was werden diesmal die Highlights sein?
Bussmann: Wenn Sie diese miterleben wollen, sollten Sie sich den Tag reservieren. Sie sind herzlich eingeladen zu dem Anlass. Denn die Highlights sollen Highlights bleiben. Dazu möchte ich heute noch nichts verraten.



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